Die Vergessenen Welten 14 - Die Rueckkehr Der Hoffnung
'ne Menge Küste von hier bis zur Treibeis-See«, warf Bruenor ein. »Also sollten wir abwarten?«, fragte Regis eifrig.
»Also sollten wir uns in Bewegung setzen!«, widersprach Bruenor ebenso schnell. Da Drizzt und Catti-brie dem Zwerg zustimmten, verließen die vier Freunde noch am selben Nachmittag die Stadt, nur wenige Stunden nach Morik und Bellany. Doch die Letzteren, deren Reise von vielen magischen Sprüchen beschleunigt wurde und die genau wussten, wohin sie wollten, waren schon bald weit, weit weg.
Unerwartete Freundschaft
Wie üblich war Wulfgar der Erste, der von Bord sprang, als die Seekobold an einem der vielen Piers von Tiefwasser vor Anker ging. Trotz seiner Vorfreude, Delly und Colson wiederzusehen, lag wenig Schwung in den Schritten des Barbaren. Deudermonts letztes richtiges Gespräch mit ihm, das mehr als zehn Tage zurücklag, hatte für Wulfgar viele Dinge ins rechte Licht gerückt und ihn dazu gezwungen, in einen Spiegel zu schauen. Er mochte nicht, was er dort sah.
Er wusste, dass Kapitän Deudermont sein Freund war, ein ehrlicher Freund, und noch dazu einer, der sein Leben geschont hatte, obwohl alle Indizien darauf hinwiesen, dass er gemeinsam mit Morik versucht hatte, den Kapitän zu ermorden. Deudermont hatte Wulfgar geglaubt, als dies niemand sonst tat. Er hatte den Barbaren beim Sträflingskarneval gerettet, ohne auch nur eine Frage zu stellen oder von Wulfgar die Versicherung zu verlangen, dass er an keinem Anschlag auf ihn beteiligt gewesen war. Deudermont hatte Wulfgar an Bord der Seekobold willkommen geheißen und den Kurs seines Piratenjägers immer wieder geändert, um der schlüpfrigen Sheila Kree nachzuspüren. Trotz des Zorns, der in Wulfgar kochte, seit er das Bild in dem Spiegel erblickt hatte, den ihm Deudermont auf der Rückfahrt zu ihrem Heimathafen vor das Gesicht gehalten hatte, konnte der Barbar nicht leugnen, dass dieses Bild zutraf.
Deudermont hatte ihm so taktvoll wie möglich gezeigt, zu was er geworden war.
Diese Wahrheit konnte Wulfgar jetzt nicht mehr verleugnen.
Er wusste, dass seine Zeit auf der Seekobold vorüber war, zumindest für den Winter. Wenn das Schiff Kurs nach Süden nahm, wie es das gewöhnlich in dieser Jahreszeit tat – und tatsächlich war das die einzige mögliche Route im Winter –, dann hatte es kaum eine Chance, Sheila Kree zu begegnen. Und wenn das Schiff Sheila Kree nicht finden konnte, was sollte Wulfgar dann an Bord, zumal wenn man bedachte, dass der Barbarenkrieger und seine impulsive Art zu kämpfen die gesamte Mannschaft gefährdeten.
Das war der Kern des Problems, wie Wulfgar sehr wohl wusste. Das war die Wahrheit in dem Spiegel. Niemals zuvor hatte der stolze Sohn des Beornegar sich für weniger als einen Krieger gehalten. Viele Male in seinem Leben hatte er Dinge getan, auf die er nicht stolz war – und nichts davon setzte ihm mehr zu als das eine Mal, als er Catti-brie geschlagen hatte. Doch selbst damals hatte Wulfgar eines gehabt, an das er sich klammern konnte. Er war ein Kämpfer, und zwar einer der mächtigsten, die das Eiswindtal jemals hervorgebracht hatte; einer der legendärsten, die je dem Stamm des Elchs und allen anderen Stämmen entsprossen waren. Er war der Krieger, der die Stämme durch seine Stärke und seine Überzeugungskraft vereint hatte, er war der Barbar, der mit einem mächtigen Wurf Aegisfangs den riesigen Eiszapfen von der Höhlendecke losgeschlagen hatte, so dass dieser wie ein gewaltiger Speer in den Rücken des Lindwurms Eisiger Tod gefahren war. Er war der Krieger, der der Sonne und den Meuchelmördern Calimhafens getrotzt und das Gildenhaus eines berüchtigten Banditenführers durchsucht hatte, um seinen Halblingsfreund zu retten. Und vor allem war er der Gefährte Drizzt Do'Urdens gewesen, ein Gefährte der Halle, Teil einer Gruppe, die, wohin sie auch gekommen war, zu dem Stoff geworden war, aus dem Legenden entstanden.
Doch jetzt war das nicht mehr so. Jetzt konnte er den Titel des mächtigen Kriegers nicht mehr für sich in Anspruch nehmen, nicht nach seinen verheerenden Versuchen, an Bord der Seekobold Piraten zu bekämpfen. Jetzt hatte ihm sein Freund Deudermont – ein ehrlicher und mitfühlender Freund – in die Augen geschaut und ihm die Wahrheit gezeigt. Und wie klein machte ihn diese Wahrheit! Würde Wulfgar jemals das mutige Herz wieder finden, das ihn durch all seine Gefühlskrisen geleitet hatte? Würde er jemals wieder der stolze Krieger sein, der die Stämme von Zehn-Städte
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