Die Vergessenen
wandte den Blick der nahen Stadt zu und starrte mit bitterer Intensität dort hinüber. »Ich bin ein Ausgestoßener, ein Paria und ein Anachronismus, der nur durch das Wert erhält, was in seinem Verstand versteckt wurde. Ich bin jedoch neugierig auf die Dinge, von denen ich gehört habe und die damit im Zusammenhang stehen.« Seine Aufmerksamkeit wandte sich plötzlich Grant zu. »Sofern du keine anderen Absichten hast, möchte ich mehr von dem hören, was hier auf dem Planeten entdeckt wurde, und ich möchte es von denen hören, die an diesen Entdeckungen beteiligt waren, damit ich die Wahrheit besser einschätzen kann.«
»Was für eine Wahrheit wäre das?«, wollte Shree wissen.
»Es gibt nur eine Wahrheit«, feuerte Tombs zurück.
»Nein, es gibt unsere Wahrheit und deine Art von religiöser Wahrheit.«
Tombs erwiderte ihren Blick eine ganze Weile lang verbittert und drehte sich erneut zu Grant um. »Ich habe euch über dieses Tagreb reden hören, über die Forscher, die die Wahrheit …« Er betonte das Wort. »… darüber, was die Atheter sich selbst antaten, ans Licht gebracht haben. Ich möchte dorthin und mit diesen Leuten reden.«
»Das können wir einrichten«, sagte Grant. Da Penny Royal schweigsam blieb, musste Grant Distanz zwischen sich und die beiden anderen bringen, damit er mit Amistad reden – und erfahren konnte, was als Nächstes zu tun war, vielleicht ein Transportmittel zum Tagreb arrangieren, wenn das den Wünschen der Drohne entsprach.
»Langsam.«
Das Wort geisterte von Penny Royal aus über den Komlink. Grant verstand allmählich die knappen Anweisungen der KI. Er warf einen Blick auf Greenport und gelangte sofort zu einer Entscheidung. »Dann kommt.«
Er ging voraus auf die Hafenstadt zu, in Richtung auf dasTor, bog aber ein Stück vorher rechts ab und folgte einem Schaumsteinweg, der die Stadt umging und schließlich in die Straße mündete, die zum eigentlichen Hafen führte. Shree hielt sich eng an seiner Seite, während Tombs ein oder zwei Schritte weiter rechts ging und auf einen geringen, aber bedeutsamen Abstand zu ihnen achtete. Tombs musterte außerdem mit einzigartiger Konzentration die Umgebung und blieb oft stehen, um die Bauten zu betrachten, die hier in den zurückliegenden beiden Jahrzehnten entstanden waren.
»Ich habe die Hölle gesehen«, sagte er, als sie vor den Fabriken standen, die zurzeit auf den Schaumsteinflößen neben der Hafenstraße emporwuchsen. »Was seht ihr?«
Grant fand einen Moment lang keine Antwort, war ratlos angesichts der Vergangenheitsform, die Tombs benutzt hatte. »Ich sehe, dass die Hütten der Teicharbeiter abgerissen und durch Polistechnik, Poliswohlstand und ein besseres Leben für uns hier ersetzt wurden.«
Tombs nickte, ging unvermittelt zum Straßenrand und hockte sich vor eine Böschung, die dort aufgeworfen worden war, vielleicht durch die unterirdische Tätigkeit von Trikonussen. Die purpur-orangenen Stacheln von Buntblattpflanzen wuchsen daraus hervor.
»Wohin zum Teufel gehen wir, Grant?«, fragte Shree.
»Zu meinem Geländewagen.«
»Sicherlich ist diese Sache doch wichtig genug, um einen schnelleren Transport in die Wege zu leiten?«
»Anscheinend nicht.« Grant starrte sie an, wollte aber nicht die eigene Interpretation von Penny Royals Langsam aussprechen.
Shree starrte Tombs an und zeigte kurz aufflackernde Verärgerung, die sie schnell wieder verbarg. »Warum trödelt er so?«
Obwohl Grant dem Wunsch, dass Shree mitkam, anfänglich zugesagt hatte, fand er ihre Gesellschaft inzwischen lästig.Oberflächlich schienen Abenteuer alles, was sie sich wünschte und Dramen für ihren Nachrichtensender das einzig Wichtige für sie. Und doch spürte er eine tiefere Bösartigkeit in ihr, die ein zweifelhaftes Licht auf ihre Behauptung warf, sie suchte ein neues Leben. Er spürte eine solche Bösartigkeit auch in sich. Warum hatte er Tombs geschlagen? Warum reagierte er mit solcher Wut auf die Art Unsinn, die der Mann seit zwanzig Jahren von sich gab? Wenn er versuchte, auf Distanz zu der Verachtung zu gehen, die er für den Mann empfand, erkannte Grant, dass es vielleicht seine letzte Chance gewesen war, dass seine Wut aus dem Gefühl resultierte, Tombs würde sich verändern und eine solche Wut wäre dann nicht mehr gerechtfertigt.
»Wir haben es nicht eilig, irgendwo anders anzukommen als im Schädel dieses Mannes«, entgegnete er.
»Also erlauben wir ihm, uns hinterherzubummeln und zu tun, was ihm gefällt«, sagte
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