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Die Vergessenen

Die Vergessenen

Titel: Die Vergessenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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auf einmal doch Überraschung – nicht über das, worauf Clyde seines Wissens nach hinauswollte, wohl aber darüber, wohin der Verweis auf einen Menki – einen teilweise mit einer KI verschmolzenen Menschen – vielleicht führte.
    »Ich vermute jedoch, dass damit zu rechnen war – ein Biomech kann seine Körperstruktur nicht ganz so schnell ändern wie du, Amistad. Dem stehen all die Probleme entgegen, diedurch den organischen Bauplan bedingt sind, wie man ihn im Genom findet.«
    »Worauf möchtest du hinaus?«, fragte Amistad in einem Tonfall völliger Verwirrung, nachdem er den vorangegangenen Entwurf eines gereizten Red-endlich-weiter-Tons daraus entfernt hatte.
    »Ich halte den Techniker für eine der ursprünglichen Kriegsmaschinen.«
    Wie außerordentlich überraschend.
    »Ich stimme dir zu; das scheint wahrscheinlich.«
    Clydes Enthusiasmus meldete sich zurück. »Was bedeutet, dass wir es mit einer außerirdischen Version von dir zu tun haben und all dem, was daraus hervorgeht. Es bedeutet Anpassungsfähigkeit und vielleicht auch die Fähigkeit, neue Waffen zu entwickeln, was wahrscheinlich der Grund für die Veränderungen ist, die er in den zurückliegenden zwanzig Jahren durchlaufen hat. Ich muss näher heran und einige Tests durchführen. Ich wette, er verfügt über eine Nanitenabwehr in der Panzerung, genau wie du.«
    »Ich mache mir Gedanken über diesen Vergleich, den du zwischen den Sensorenwerten vom Techniker und denen gezogen hast, die man vielleicht von einem Menki erhielte …« Führe ihn in die richtige Richtung, aber ignoriere seinen Wunsch, den Aussichtsturm aufzusuchen. Clyde musste dort bleiben, wo er war, und sich bereithalten, seine Geschichte künftigen Besuchern zu erzählen.
    »Die Anteile können schwanken, je nach dem Umfang der Hardware, die ein Menki sich hat installieren lassen, während es bei einem Menschen eine Obergrenze gibt.«
    Sachte, sachte!
    »Allerdings nicht beim Techniker, weil er eine künstlich hergestellte Lebensform ist?«
    »Das vermute ich.«
    »Na ja, es dürfte gesichert sein, dass er künstlich hergestellt wurde – das Genom ist viel zu präzise, und es fehlen ihm viele Allele und Junk-DNA.«
    Clyde reagierte abschätzig. »Menschen befreien sich seit Jahrhunderten von Junk-DNA und modifizieren ihre Allele.«
    Amistad wartete und hoffte, dass der Groschen fiel. Er tat es.
    »Heh, weißt du, nichts besagt, dass Kapuzler vollständig künstlichen Ursprungs sind. Sie könnten auf einer Form beruhen, die sich zunächst natürlich entwickelt hatte.«
    »Pferde, Hunde, Katzen«, sagte Amistad.
    Ursprünglich Produkte der Evolution, dann der Zuchtwahl und schließlich der Genmanipulation. Heute traf man Hunde mit gegenläufigen Daumen und Abschlüssen in Mathematik an, und im Bestreben, Mythen zu realisieren, stieg der erste Pegasus auf einem Planeten mit geringer Schwerkraft zum Fluge auf, lange bevor es zum Pradorkrieg kam.
    »Sie könnten sogar von hier stammen«, sagte Clyde. »Obwohl sie sich physiologisch stark von anderen einheimischen Lebensformen unterscheiden.«
    »Also vielleicht eine neue Richtung für Nachforschungen?«, schlug Amistad vor.
    »Was?« Clyde war abgelenkt, denn er hatte sich bereits in Datenkartierung vertieft.
    »Ich schlage vor, dass du dich wieder all den Kapuzlerdaten zuwendest, die du schon früher gesammelt hast, und sie jetzt in einem anderen Lichte betrachtest. Statt dich auf all die Elemente zu konzentrieren, die diese Kreaturen als Biomechanismen ausweisen, als künstliche Schöpfungen, solltest du jetzt alles andere betrachten, vielleicht herausfinden, ob ihnen eine natürlich entwickelte Kreatur zugrunde liegt.«
    »Bin dir weit voraus«, sagte Clyde und winkte abschätzig.
    Natürlich bist du das, dachte Amistad, während die Verbindung schon getrennt wurde.
    Ob Clyde wohl in der Lage sein würde, eine Gesamtschau all dessen zu erstellen? Da waren Punkte zu klären wie: Organismen, in Kriegsmaschinen verwandelt von einer Lebensform, die langsam in selbstmörderischen Wahnsinn verfiel; Spekulationen darüber, worin wohl die wahre Intelligenz eines Menki lag; Organismen mit der Fähigkeit, ihre Umwelt auf vielschichtige Art und Weise zu verändern; grassierende Dschainatechnik und Jahrtausende eines Bürgerkrieges.
    Einige sehr, sehr beunruhigende Möglichkeiten zeichneten sich da allmählich ab.
    Amistad widmete sich wieder dem Techniker, der sich inzwischen völlig entrollt hatte und durchs Flötengras schlängelte.

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