Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Vergessenen

Die Vergessenen

Titel: Die Vergessenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
Vom Netzwerk:
Mechanismus musste eng und präzise gefassten Befehlen gefolgt sein. Hier auf Masada existierte eine Atheter-KI, und es existierten Atheter-Memoaufzeichnungen. Der Mechanismus reagierte vermutlich nicht auf die Erstgenannte, denn künstliche Intelligenzen ahmten zwar organisches Leben nach, aber die zugrunde liegenden mentalen Funktionen waren nicht annähernd die Gleichen. Er reagierte nicht auf die Zweitgenannten, weil eine Memoaufzeichnung statischer Natur war. Das Reaktionsschema musste sich an aktiven Atheter-Gedankenprozessen orientieren, und diese konnte er nur durch eine Form von sehr hochentwickeltem Mustererkennungsscanner entdecken. Bis zu seiner Begegnung mit Penny Royal hatte der Mechanismus alles andere ignoriert, sogar den Umstand, dass eine komplette neue Zivilisation von Fremdwesen inzwischen das besiedelt hatte, was einst das Atheterreich gewesen war. Ohne eine Vorstellung von dem, womit er es hier zu tun hatte – vielleicht von der Annahme ausgehend, er wäre nur mit einem merkwürdigen Irrläufer konfrontiert, einem übersehenen Stück Athetertechnik –, griff er Penny Royal nur in sehr umgrenzter Form an, vermittels des Sensors, und ermöglichte der schwarzen KI dadurch, sich zu wehren. Erst nach Penny Royals Reaktion setzte der Mechanismus die schwere Artillerie ein.
    Unter der Glocke.
    Dass ein Teil der Atheter nicht mit dem Selbstmordkonsens einverstanden gewesen war, führte zwingend zu der Annahme, dass die für die Ausführung des Holocausts benutzte Methode ausreichend machtvoll gewesen sein musste, um sich auch mit diesen Abweichlern zu befassen. Mit hochentwickelten Verstandeseinheiten, die nach jedem Mittel griffen, um sich dem Vergessen zu entziehen, einschließlich der technischen Abwehrmöglichkeiten einer Lebensform, die jahrtausendelang Krieg geführt hatte. Es musste schnell und in ungeheurem Maßstab geschehen sein. Und das, was dafür zuständig gewesen war, hatte sich gegen Penny Royal gestellt, sobald die KI demonstriert hatte, dass sie sich verteidigen konnte.
    »Wahrscheinlich benötigt er für einen effektiveren Einsatz einen physikalisch näher liegenden Standort«, sagte Ergatis, dessen Gedanken offensichtlich ähnlichen Bahnen folgten wie die Amistads.
    Der Mechanismus näherte sich also Masada, um die Glockeoder die Glocken einzusetzen, was immer sein Mittel gewesen war, um den Verstand von Millionen Athetern auszulöschen. Was ihn zu dieser Positionsänderung getrieben hatte, das war die Entdeckung eines Atheterverstandes in einem menschlichen Wesen, sodass er inzwischen fast mit Sicherheit der neuen fremden Zivilisation auf Athetergebiet gewahr sein und auf sie reagieren musste.
    »Die Kavallerie ist eingetroffen«, gab Ergatis bekannt.
    Das große moderne Schlachtschiff Scold und das Interface-Schlachtschiff Cheops waren gerade im System von Masada materialisiert. Amistad empfand Erleichterung darüber, die beiden Schiffe zu sehen. Mit der Cheops stellte Earth Central etwas bereit, was absolut fähig war, einen Planeten jedes Lebens zu entkleiden, während er mit der Scold etwas bereitstellte, was denselben Planeten in eine Sammlung rauchender Asteroiden verwandeln konnte. Im Lichte dessen, was Amistad gerade erfahren hatte, hoffte der Eisenskorpion, dass diese beiden Schiffe auch ausreichen würden.
    Obwohl er gute acht Stunden lang geschlafen hatte, war Grant immer noch müde, während er zu den Fenstern der Tagreb-Mensa hinausblickte und noch mal über seine jüngsten Gespräche mit Amistad nachdachte. Es schien, dass die KIs inzwischen von Tombs erhielten, was sie wollten, dass aber von draußen im All mehr kam, als ihnen lieb war. Grant fragte sich, in welcher Hinsicht er jetzt noch nützlich sein konnte. Solange Penny Royal aufgepasst hatte, war seine eigene Rolle als Leibwächter von Tombs nur ein Ehrenamt gewesen. Er glaubte, dass er seinem eigentlichen Zweck nur durch seine bloße Anwesenheit gedient hatte – ein vertrautes Gesicht aus Tombs’ unterdrückter Vergangenheit –, sodass es jetzt vielleicht an der Zeit war zu kündigen.
    »Darf ich mich zu dir setzen?«
    Er blickte auf und sah Shree an seinem Tisch stehen. Eigentlich wollte er ihre Gesellschaft nicht, war sich inzwischen bewusst geworden, dass er Shree im Grunde heute nicht mehr sehr schätzte, wenngleich sie während der Rebellion ein Liebespaar gewesen waren. Trotzdem deutete er auf den Stuhl gegenüber.
    »Also, was geschieht jetzt?«, fragte sie und setzte ihren Rucksack neben dem Stuhl

Weitere Kostenlose Bücher