Die Vergessenen

Otterknochen-Lagerhaus. Als die ECS dort eine Razzia ausführte, fand sie ein Labor, das jedoch durch ein eingegrenztes Feuer komplett ausgebrannt war – wofür man irgendeinen Hochtemperatur-Brandbeschleuniger benutzt hatte. In der Asche entdeckte man die Überreste einiger sehr hochentwickelter technischer Gegenstände sowie drei weitere Leichen. Dort endete die Spur.
    War es Instinkt oder Intellekt, fragte sich Amistad, was ihm die Gewissheit vermittelte, dass all dies etwas mit den Ereignissen hier und heute zu tun hatte?
    »Sie haben etwas aus diesem Labor hierhergebracht«, stellte er fest. »Ich vermute mal, dass Drachenmenschen mithilfe von Dracocorp-Verstärkern eine Separatistenzelle übernommen und für eigene Zwecke eingesetzt haben.«
    »Das scheint ein bisschen weit hergeholt«, fand Ergatis.
    »Das tut es«, bestätigte Amistad, »und ich kann der Sache im Augenblick nicht nachgehen.«
    »Der Mechanismus«, stellte die andere KI fest.
    »Ja.« Amistad dachte nach und fuhr dann fort: »Es liegt auf der Hand, dass eine von Drache angestoßene, von der Drachenfrau Blau beförderte und den Techniker, Tombs und den näher kommenden Mechanismus betreffende Folge von Ereignissen auf einen kritischen Punkt zusteuert.«
    »Aber du musst handeln, ohne darauf Bezug zu nehmen«, bemerkte Ergatis.
    »Ja, das muss ich.«
    Die Tatsache, dass der Mechanismus sehr bald eintreffen würde, war wichtiger als ungelöste, wenn auch relevante Fragen über Ereignisse auf dem Planeten unter ihm. Das Ding, das hierher unterwegs war, schien absolut fähig, Welten zu zerstören, und Amistad musste sich primär mit ihm auseinandersetzen. Er wechselte seine Position auf dem Tokamak, wandte seine Sensoren von Masada ab und öffnete Kanäle zu den Kriegsschiffen, die sich derzeit im System von Masada befanden.
    Grant lenkte den Gravovan hoch über das Flötengras und die von Dragon Down ausgeschnittenen Wege darin, prüfte auf seinem Kartenmonitor die Koordinaten und beschleunigte. Unterwegs warf er einen Blick hinter sich und stellte fest, dass Tombs nach wie vor im hinteren Teil des Vans auf dem Boden saß. Nachdem er darauf beharrt hatte, dass sie losfuhren und ihn gegen Sanders austauschten, war er Grant einfach widerspruchslos gefolgt und hatte seitdem kein Wort mehr gesagt.
    »Das ist verrückt«, sagte Shree, die auf dem Beifahrersitz saß.
    »Es war seine Entscheidung«, wandte Grant ein. »Außerdem hätte ich erwartet, dass du keine Einwände erhebst, wenn er sich selbst dem Aufräumkommando ausliefert.«
    »Es wäre sicherlich ein nachrichtenwürdiges Ereignis«, sagte sie unverbindlich.
    »Und Nachrichten sind das Einzige, was dich interessiert, oder, Shree?«
    Grant fuhr zusammen. Er hatte nicht gehört, dass sich Tombs ihnen genähert hatte, und er fragte sich allmählich, warum der Mann ihn inzwischen so nervös machte. Ein Blick auf Shree zeigte ihm, dass sie genauso reagierte.
    »Und wenn es so ist?«, fragte Shree.
    »Wisst ihr, was ich bei der Drachenfrau Blau gemacht habe?«, fragte Tombs.
    Grant blickte verstohlen zu ihm zurück und wurde nicht schlau daraus, warum er sich genötigt fühlte zusammenzufahren. Der Mann starrte einfach nur durch die Windschutzscheibe des Gravovans, das Gesicht blass und ernst.
    »Niemand hat es für angebracht gehalten, das zu erklären«, räumte er widerstrebend ein.
    »Drache hat zwei seiner Drachenmenschen vor der Rebellion auf den Planeten geschickt. Einen, um die Augen offen zu halten, und einen, um gefressen zu werden. Blau und ihren Bruder.«
    »Wie bitte?«, fragte Shree.
    »Der Bruder bestand aus reiner Information und stellte eine Methode dar, um diesen Informationsgehalt zu übermitteln. Der Bruder war das Heilmittel für den Techniker. Chanter hat das gesehen und begriffen, aber ich vermute, dass sein Verstand zu wenig Anteil nahm, um auch den Rest zu erkennen.«
    »Den Rest?« Grant gruselte es inzwischen. Vielleicht hatte er einen schweren Fehler gemacht, als er Tombs’ Forderung nachgab und ihn hier herausbrachte, denn der Mann barg nach wievor viel Wertvolles in seinem Schädel. Grant blickte hinter sich und sah, dass Tombs ihn anstarrte. Die Augen schienen gänzlich schwarz.
    »Warum den Techniker heilen?«, fragte Tombs. »Nur um die Polis-KIs zu ärgern, handelte es sich doch hier um Drache? Das denke ich nicht. Worin besteht also die Absicht des Technikers?«
    Grant wollte sich am liebsten ganz darauf konzentrieren, den Gravovan zu fliegen. Der Kartenmonitor