Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Vergessenen

Die Vergessenen

Titel: Die Vergessenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
Vom Netzwerk:
heranzukommen.« Er wich einen Schritt weit vom Tisch zurück und ging davon.
    »Ich hätte nie erwartet, dass du mal weich wirst, Edward«, sagte Tinsch, nur eine Spur Enttäuschung im Ton, und folgte Miloh.
    Die Gruppe löste sich jetzt auf, und die vorherige Geselligkeit war dahin. Nachdem der Letzte seiner Begleiter gegangen war, erhob sich Thracer, suchte sich seinen Weg über den Marktplatz, folgte dem abgeschirmten Fußweg und stieg zu seiner Wohnung hinauf. Shree schaltete ihre Verstärkerverbindung ab und blickte zur Tür, als er eintrat. Er blieb stehen und musterte sie mit undeutbarer Miene, kam dann müde auf sie zu und setzte sich ihr gegenüber.
    »Und?«, fragte er.
    »Er hat dich nicht belogen.«
    »Dann kann Tombs nicht umgebracht werden – du weißt ja, wie die Lage inzwischen aussieht. Wir benötigen so viele Informationen wie möglich über die Atheter, über die Geschichte dieses Planeten. Wir müssen in der Lage sein, uns für unsere Sache einzusetzen.«
    Shree nickte langsam und sagte: »Dachtest du, das Aufräumkommando wäre nur daran interessiert, aus ihm eine Leiche zu machen?«
    »Was sonst?«
    »Politik.«
    Thracer wirkte auf einmal noch müder. »Erkläre mir das.«
    Shree stand auf, trat ans Fenster und blickte zum Markt hinunter. »Unter der Theokratie kam uns die Idee einer KI-Regierung wie eine Utopie vor – bis wir wirklich begreifen lernten, was die Interventionsamnestie bedeutete. Inzwischen sehen wir weitere Symptome einer Autokratie und erkennen allmählich, worum es den Separatisten der Polis geht.«
    »Separatisten, yeah – wie diese Arschlöcher, die von der Theokratie beliefert wurden.«
    Sie drehte sich wieder zu ihm um und empfand einen Anflug von Bedauern. »KI-Herrschaft ist absolut – sie bietet keinen Raum für abweichende Meinungen –, und inzwischen wissen wir auch, dass unter dieser Herrschaft unser Planet nur noch einen kurzen Schritt davon entfernt ist, unter die AOP zu fallen.«
    »Die AOP?« Thracer war verwirrt.
    »Die Alien-Occupancy-Politik – die Politik für außerirdisch besiedelte Welten.« Shree schnitt eine Grimasse – sie hatte sich nach ihrer Begegnung mit Halloran näher mit dieser Frage befasst. »Masada könnte die Einstufung als Kolonie der Menschen verlieren und als ein außerirdischer Heimatplanet klassifiziertwerden, der illegal von Menschen besetzt wurde. Dann greift ein ganz neuer Satz an KI-Regeln, und wir ziehen die absolute Verliererkarte. Wir können dann kaum noch oder gar nicht mehr die eigene Zukunft bestimmen – streng kontrolliertes Bevölkerungswachstum, eingeschränkte Reiserechte in außerirdischem Territorium, jede weitere Bautätigkeit eingefroren.«
    »Wegen der Schnatterenten?«
    »Genau – sie scheinen unintelligente Tiere zu sein, aber in diesem Punkt bestehen nach wie vor Zweifel. Ihre Gehirne sind zu groß und widersetzen sich in manchen Abschnitten der Analyse. Und natürlich kann die Atheter-KI als Ureinwohner betrachtet werden.«
    »Und was hat das mit Tombs zu tun?«
    »Tombs erhielt einen Download des Technikers – und soweit wir wissen, wurde die Lebensform der Kapuzler ursprünglich von den Athetern hergestellt, ehe sie alles wegwarfen. Es ist durchaus möglich, dass die in seinem Schädel untergebrachten Informationen etwas mit einer AOP-Klassifizierung zu tun haben. Wir müssen sie vernichten.«
    »Warum dann nicht schlicht ein Attentat hier in Greenport?«
    »Wenn ihn eine Kriegsdrohne überwacht, ist das so gut wie unmöglich.« Sie schlenderte zu ihrem Stuhl zurück und setzte sich. »Wir sprechen hier von Reaktionszeiten, die sich in Nanosekunden bemessen.« Sie unterbrach sich einen Augenblick lang. »Falls Miloh es mit einem Hochgeschwindigkeitsgewehr versucht, kann eine Kriegsdrohne die Kugel aus der Luft schießen, bei ihm auftauchen und ihm das Gewehr in den Hintern rammen, ehe er Gelegenheit zu einem zweiten Schuss findet.«
    »Wie sieht also dein Plan aus?«
    »Tombs ist auf einer Selbstfindungsreise, und unser Oberkommando wettet darauf, dass man ihn zu bestimmten Orten führen wird, um das freizusetzen, was in seinem Schädel gespeichert ist. Er kann uns tatsächlich Zugang zu bestimmten Orten verschaffen, die uns derzeit verschlossen sind.« Sie griff in die Tasche, holte den gedrungenen Glaszylinder hervor, den ihr Halloran gegeben hatte, und stellte ihn auf den Tisch zwischen ihnen.
    »Was ist das?«
    »Eine Kleinigkeit, die den Aufräumteams der Polis unter den Schnüffelnasen entwendet

Weitere Kostenlose Bücher