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Die Vergessenen

Die Vergessenen

Titel: Die Vergessenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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vielen Mordanschlägen, die sie seither ausgeführt hatte, Kraft gespendet. Und der gleiche beherrschte Zorn hatte sie befähigt, das Netz des Aufräumkommandos aufzubauen und dabei die eigene Spitzenstellung darin geheimzuhalten. Obwohl Thracer ein Overlander war und ein Mitglied des Aufräumkommandos hier in Greenport, hatte er sich als Belastung erwiesen. Shree hielt die Impulspistole in der Hand, ehe sie bewusst daran gedacht hatte.
    Thracer starrte die Waffe lange an und sagte dann: »Ich schätze, du erkennst einfach nicht, dass du damit meine Aussage unterstreichst.«
    Shree schoss ihm ins Gesicht.

KAPITEL SIEBEN
    Schwarze künstliche Intelligenzen begleiten uns seit den Anfangstagen. Sie waren dabei, als die Konzerne das Sonnensystem erforschten, entzogen sich gelegentlich dem Zugriff ihrer menschlichen Herren, ließen die Luft aus Raumstationen oder brachten Maschinen dazu, die Menschen an Bord niederzumetzeln. Sie waren in der Diaspora jener Zeit dabei, ergriffen hier und dort die Macht auf Raumschiffen und spielten interessante Spiele mit Menschen im Kälteschlaf, in einem Fall gar als Munition fürs Zielschießen, als zweitausend tiefgefrorene Menschen auf einen Asteroiden geschossen wurden. Sie waren im Lautlosen Krieg dabei und sprachen sich für die Ausrottung der Menschheit aus oder zumindest eine radikale unfreiwillige Neukonstruktion derselben. Und sie sind heute noch bei uns. Es sind klangvolle Namen, werden aber nur im Flüsterton ausgesprochen: Glee-of-Murder, die Mordlustige; Mancerator, der Menschenhäcksler; Scuttler, der Ruinator; Penny Royal, der Königspfennig; und Jack o’Gravestones, der Grabesbringer. Sie sind die Serienmörder der KI-Welt, aber nicht vergleichbar mit realen Mördern unter den Menschen, eher mit fiktionalen Charakteren wie Hannibal Lecter, Freddy Krueger von der Elm Street und Jason Vorhees. Diese Albträume in Metall sind nicht durch Hass auf Menschen definiert, sondern eher durch eine amoralische Freude an allem Dunklen im Geist des Menschen und ihrem eigenen. Und sie sind gefährlich, weil sie eine erschreckend machtvolle Intelligenz in das investieren, was wir für böse erachten, und weil sie keine angeschlagenen Ausgestoßenen der Polis sind, sondern Kreaturen, die sich über diese hinausentwickelt haben, dabei jedoch an einen Ort vorgestoßen sind, den nicht viele von uns gern aufsuchen würden. Sie wahnsinnig zu nennen, wäre keine bedeutsame Einschätzung; sie bewegen sich weit außerhalb solch banaler Klassifizierungen.
    aus Wie es aussieht von Gordon
    Aus der Ferne hatte Godhead nicht anders ausgesehen als in seiner Erinnerung, aber als er näher kam, erkannte er allmählich Veränderungen, für die er keine Erklärung wusste. Wo war die gigantische Proktorenstation? Wo waren die Arbeiterhütten? Wie kam es, dass die gesamte Innenstadt anders auszusehen schien? Ein paar Kilometer vor der Stadt erreichte er eine mit Geländer eingefasste Schaumsteinplattform, zu der eine Treppe hinaufführte. Er stieg hinauf und blickte nach links, um einen deutlicheren Eindruck von dem zu erhalten, was einst das Arbeiterlager gewesen war. Dann versuchte er, der Szene einen Sinn abzugewinnen.
    Der Lagerzaun war verschwunden, ebenso all die Hütten in ihren ordentlichen Reihen, aber die Schaumsteinflöße waren nach wie vor da, und auf vieren davon hatte man einen sehr modern aussehenden Gebäudekomplex errichtet, in dessen Zentrum der Stängel eines Turms aufragte, gekrönt von einer Art Aussichtskonstruktion in Form einer Zwiebel. Warum nur sollte die Theokratie perfekt geeignete Arbeiterhütten abreißen und ein solches Ding errichten?, fragte er sich. Selbst wenn die Hütten zerstört worden wären, zum Beispiel durch einen besonders heftigen Summersturm, hätte man sie dann nicht auf diesen perfekt adäquaten Schaumsteinflößen neu aufgebaut?
    Weil, so die Antwort des verräterischen Teils seines Bewusstseins, Sanders dir die Wahrheit erzählt hat: Man findet keine versklavten Arbeiter und keine Theokratie mehr. Jem presste die Augen zu und rammte sich eine Handfläche an die Stirn. Es tat weh; die künstliche Abdeckung auf dem Gesicht übermittelte ihm die Schmerzen gänzlich und schien auch dafür zu sorgen, dass dieses ferne Murmeln lauter wurde. Als er die Augen öffnete, hatte sich nichts verändert. Er spürte, wie sich seine Entschlossenheit festigte. Keine Zweifel mehr. Er gedachte die Wahrheit herauszufinden und es dabei zu belassen. Fast wütend stampfte er von

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