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Die Vergessenen

Die Vergessenen

Titel: Die Vergessenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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wurde, nach dem Ende der vollen Quarantäne vom Planeten gebracht und in einem Separatistenlabor auf Cheyne III in seine jetzige Form gebracht wurde.«
    »Dschainatech«, sagte er und blickte Shree dann mit offenkundigem Widerwillen an. »Du verkehrst mit Separatisten?«
    Shree spürte, dass ihr Bedauern zunahm. Ungeachtet seiner grausamen Vergangenheit war Thracer ein guter Mann. Sein Problem schien in einer unrealistischen Romantik zu bestehen, die es ihm unmöglich machte zu begreifen, was für ihren anhaltenden Freiheitskampf politisch zweckdienlich war. Er glaubte, dass dieser Kampf mit dem Sturz der Theokratie abgeschlossen war. Er war ein Narr.
    »Du findest das abscheulich?«, fragte sie.
    »Ich finde, dass es praktisch Verrat ist.«
    Er war hier in Greenport ein nützlicher Einheitenführer, aber im Grunde benötigte sie weder ihn noch die Overlander noch die hiesige Einheit des Aufräumkommandos.
    »Dir ist doch klar, dass sich die Dinge geändert haben, oder?«, fragte sie. »Früher unterstützte die Theokratie die Separatisten und umgekehrt, aber das macht Separatisten nicht zwangsläufig zu Feinden der Menschen Masadas.«
    »Sie sind nicht unsere Freunde«, entgegnete Thracer. »Vergiss nicht: Die Theokratie versorgte sie mit Reichtum und Ressourcen als Gegenleistung für gestohlene Polistechnik und Polissachverstand. Ohne sie hätte die Theokratie das Lasernetz nie so schnell vervollständigen oder Ragnarök bauen können.«
    »Das mag sein, aber die Dinge haben sich geändert.«
    »Sie sind Feinde der Polis – das reicht mir. Jeder Planet, denSeparatisten dazu getrieben haben, aus der Polis auszuscheiden, wurde danach zum Katastrophengebiet.«
    Shree runzelte die Stirn, denn ihr wurde klar, dass sie dieses Gespräch nie so weit hätte gedeihen lassen dürfen, und dass Thracer inzwischen zu viele Informationen hatte, als dass es für sie noch sicher gewesen wäre.
    »Die Intervention der Polis hat zu bedeutsamen Fortschritten geführt, aber das macht die KIs nicht zwangsläufig zu unseren Freunden, Edward. Sie verfolgen ihre eigenen Absichten, und falls wir ihnen dabei in die Quere kommen, trampeln sie uns glatt nieder. Die Polis ist so totalitär, wie es die Theokratie war.«
    Thracer schüttelte den Kopf und starrte sie an. Einen Augenblick später sagte er: »Die Polisintervention hat eine Bevölkerung aus der Sklaverei befreit und den Lebensstandard jeder einzelnen Person auf ein Niveau gehoben, wie es früher nicht mal Bischöfe hatten. Die Polismedizintechnik gibt jedem auf diesem Planeten eine Chance auf echte Unsterblichkeit, nicht den Mist, den die Religion verspricht. Alle sind vor dem Gesetz gleich.« Er unterbrach sich kurz. »Und obwohl das nach der Interventionsamnestie datiert und selbst denen eine zweite Chance gibt, die tot sein sollten, ist es für die Bevölkerung insgesamt gut. Ich denke, Shree, dass du aus den Augen verloren hast, wofür wir gekämpft haben.«
    »Das habe ich nicht; es geht um Freiheit.«
    »Ein dünnes Konzept, oft von Personen benutzt, die im Grunde sagen: Ich kämpfe für die Freiheit, dir zu sagen, was du tun und lassen sollst.«
    »Wir haben hier nicht mehr erreicht, als unsere Ketten gegen neue auszuwechseln«, sagte Shree hölzern.
    »Ich denke, damit wirst du auf den Widerspruch jener stoßen, die früher Skoles mitführten und jeden wachen Augenblick mit schwerer Arbeit zubrachten, jener, deren Leben höchstens vierzig Jahre dauerte, und jener, die sich heute frei auf der Oberfläche bewegen, die eine Chance haben, für immer zu leben, und die von der Arbeit leben, die Maschinen leisten. Du nicht?«
    »Ketten sind Ketten«, beharrte Shree. »Nachdem wir unter der Theokratie gelitten haben, sollten wir nicht die nächsten Handschellen akzeptieren, nur weil sie mit Fell ausgekleidet sind.«
    »Du denkst also, dass die Menschen ohne die Polis-KIs und auf dem Weg der Separatisten letztlich mehr Freiheit erhalten? Denkst du das wirklich, obwohl es von der ganzen Menschheitsgeschichte widerlegt wird? Um mal die Worte einer alten historischen Gestalt zu interpretieren: Die Polisherrschaft ist nicht die beste Staatsform, aber sie ist besser als jede andere Form, die man je ausprobiert hat.«
    Shree spürte, wie der Zorn aus ihrer Magengrube aufstieg, aber kalt und beherrscht, und er strömte wie ein Stimulans in ihre Glieder. Der gleiche beherrschte Zorn hatte sie in einigen der schlimmsten Gefechte während der Rebellion am Leben gehalten und ihr bei all den

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