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Die Vergessenen

Die Vergessenen

Titel: Die Vergessenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Haustiere und Automatikgepäckstücke kläfften und hechelten um Fußknöchel, Schwänze, Krallen und Elefantenfüße herum. Kaltweltler und Heißweltler trugen seltsame esoterische Anzüge. Viele trugen Masken, viele taten es nicht, und wieder andere hausten in Aquarien, die auf eisernen Spinnenbeinen einherschritten.
    »Lügen«, flüsterte Tombs.
    Grant war nur noch ein paar Schritte von dem Mann entfernt und konnte ihn ungeachtet des Getöses hören.
    »Die Wirklichkeit ist manchmal eine schwere Last«, sagte jemand.
    Grant drehte sich um. »Shree Enkara«, sagte er, verwirrt, sie hier zu sehen.
    Sie sah nicht ihn an, sondern Tombs. Ihre Augen wurden groß vor Überraschung; dann verzerrte sich ihre Miene zu einem Ausdruck entsetzter Faszination. Grant warf sich erneut herum und konnte einen Augenblick lang nicht glauben, was er hier sah. Tombs hatte sich eine Handvoll der eigenen Wange herausgeschnitten, hatte das Messer dann hinters Ohr zum Kieferknochen durchgezogen und sägte jetzt nach vorn, wobei er einen grauenhaften Klagelaut ausstieß.
    Grant warf sich auf den Mann oder versuchte dies zu tun, hatte jedoch das Gefühl, auf einer schartigen Felswand zu landen. Beim Abprallen sah er kurz schwarze Stacheln und ein einzelnes rotes Stielauge, ehe er schwer auf dem Rücken landete. Tombs fuhr fort zu schneiden, und der Klagelaut wuchs sich zu lautem Kreischen aus, das dann in eine nasse und blubbernde Lautfolge überging, als seine Backenzähne freigelegt waren. Einen Augenblick lang versank alles in einem Dunstschleier, und Grant fand sich mit dem Kopf auf einem warmen Schoß wieder.
    »Sie können uns weder sehen noch hören«, sagte Shree.
    Es stimmte: Die Menge, die aus dem Raumschiff stieg, ging einfach vorbei, während er, Shree, Penny Royal und das kreischende blutige Ding, das Tombs war, sich wie in einem Beobachterstand außerhalb der Wirklichkeit wiederfanden. Grant sehnte sich nach dem Dunstschleier zurück – irgendeiner Flucht in die Bewusstlosigkeit –, aber dazu kam es nicht, und er verfolgte das ganze Grauen bis zum Schluss: Tombs kehrte weitgehend in den Zustand zurück, in dem Grant ihn ursprünglich gefunden hatte, kniete diesmal aber da, das Messer in einer Hand und das Opfer an seinen Gott in der anderen.

KAPITEL NEUN
    Wenn Auferstehung und echte körperliche Unsterblichkeit reale Fakten des Lebens geworden sind, sind die Drohungen und Versprechungen organisierter Religionen alten Stils nur noch lachhaft. Wird den Doktrinären die Bildung aus der Hand genommen, ist die Religion damit an der Quelle entmannt.
    Können Wissen und Erfahrung unter Umgehung der Sinne direkt in den menschlichen Verstand hinaufgeladen werden, steigt das Standardniveau der menschlichen Intelligenz und verdorrt Religion unter ihrem forschenden Blick, denn Religion gedeiht durch Unwissenheit. Sobald die Religion jedoch vom Licht rationaler Prüfung davonkriecht, wirft sie die beschädigte Haut ab und kehrt mit etwas Dickerem und Haltbarerem zurück. Wenn die Wissenschaft das Universum erklärt und von Jahrhundert zu Jahrhundert alles richtig hinbekommt, sollte man eigentlich denken, dass Religion zur wunderlichen Beschäftigung jener wird, die sich mit Absicht selbst täuschen, oder zur bloßen Angelegenheit von Historikern. Allerdings stellt Religion ein Virus dar, das nur schwer auszurotten ist.
    Im Verlauf der Jahre ist es mutiert und hat sich veränderten Umweltbedingungen angepasst. Es deutet heilige Schriften in Allegorien um, wahre Geschichten in Parabeln, stilisiert Engel zu Metaphern und gesteht ein, von Dämonen peinlich berührt zu sein. Es versucht seine Götter kleinzureden und konzentriert sich auf das Gute, das es in sich selbst zu erkennen glaubt, zum Beispiel den Trost, den es den Gläubigen bietet, denn sicherlich findet man Trost in dem Wissen,dass man für den Verstoß gegen willkürliche Regeln, die vor Jahrtausenden verfasst wurden, auf ewig in der Hölle brennen wird.
    aus Wie es aussieht von Gordon
    »Seit der Ankunft des Dings hier hat sich seine Masse auf ungefähr das Anderthalbfache vergrößert«, sagte Janice Golden. »Nach wie vor haben wir jedoch keinen klaren Hinweis darauf, welchem Zweck es dient, woher es kommt oder wer es gebaut hat.«
    Die Brücke der Cheops wies das Dekor eines ägyptischen Grabes auf, und Janice hatte ihren Sarkophag verlassen und saß auf der historisch getreuen Reproduktion des Throns von Ramses II., oder genauer, einer Reproduktion dessen, wie dieser nach

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