Die Vergessenen
Wellen über die optischen Leitungen bis hin zu ihrem Sarkophag erzeugt wurden. »Könnte alles Mögliche sein. Es ist in der Lage, Materie in so ziemlich jeder Form aufzusaugen und umzuwandeln, soweit ich es erkenne, und es kann …« Sie brach ab und riskierte einen intuitiven Sprung. »Sie haben einen der Sensoren gefunden, nicht wahr?«
Er senkte bestätigend den Kopf. »Er wird passiv untersucht, während wir dieses Gespräch führen.«
»Was können Sie mir darüber berichten?«
»Er führt Scans über das gesamte elektromagnetische Band hinweg aus, an sämtlichen materiellen Objekten in seinem Einzugsbereich. Eine passive Analyse seines Scannerformats zeigt jedoch, dass er auf die Erkennung präzise definierter bioelektrischer Muster ausgelegt ist.«
»Auf der Suche nach einem lange toten Aggressor?«
»Vielleicht – jedenfalls zeigt er kein großes Interesse an Polisaktivität in seinem Scannerbereich.«
»Was noch?«
»Er zieht Energie aus dem Realraum-Subraum-Interface.«
»Dann dient er außerdem als Anker.«
Er blinzelte und unterbrach sich, um interne Berechnungen anzustellen.
»Ja, so scheint es.«
Sie deutete auf die Displaywand. »Wahrscheinlich eine effiziente Möglichkeit, dieses Ding zum Standort des Transceivers zu ziehen, falls dieser alte Aggressor entdeckt wurde, oder vielleicht auch, damit es leichter irgendetwas losschicken kann. Mit einem Anker könnte dieses Ding da draußen mehrere Ebenen von Subraumstörungen durchbrechen.«
Erneut die leichte Neigung des Kopfes.
»Also kennen wir einige mögliche Antworten«, sagte sie, »aber nicht die, die wir vor allem erfahren möchten.«
»Die wie lautet?«
»Warum zum Teufel ist es hier und jetzt aufgetaucht?«
»Was präzise die Frage ist, die ich Ihnen stellen wollte.«
»Es hat etwas gefunden – es bereitet sich darauf vor einzugreifen.« Sie musterte ihn eindringlich, konnte seiner Miene aber kaum etwas entnehmen. »Wo haben Sie diesen Sensor gefunden?«
»In der Friedhofsregion.«
»Also vielleicht die Prador?«
»Nein – sie findet man dort seit Jahrhunderten.«
»Wer dann?«
»Wir wissen es nicht.«
Warum nur habe ich das Gefühl, mischte sich Cheops ein, dass sich Scheiße und Ventilator aufeinander zu bewegen und wir womöglich dazwischengeraten?
Vermutlich, weil beides so ist, antwortete sie.
»Ich muss die Frage stellen, warum die Polis dieses Ding nicht etwas ernster nimmt«, sagte sie zu dem Menki. »Ist das eine Frage, die Sie beantworten können?«
Ich denke, unsere Antwort trifft gerade ein, sagte Cheops.
Janice spürte die Störung durch ihre Verbindung mit der Schiffs-KI. Es fühlte sich an, als zupfte etwas an ihrer Haut oder als stimmte irgendetwas nicht, eine Verzerrung, gesehen durch ein zusätzliches Auge, das sie bislang gar nicht gehabt hatte. Das Schlachtschiff, das dort im Wirklichen auftauchte, war sofort zu erkennen: ein Ding wie ein riesiger Porling aus Stahl, gepflückt von irgendeinem gigantischen Weltenbaum. Das Schiff hieß Scold – die Schelte, ein untertriebenes und fröhliches Etikett für etwas sehr Gefährliches. Wie es schien, hatte die Polis beschlossen, dieses Ding da draußen wirklich sehr ernst zu nehmen.
Jem öffnete in heller, behaglicher Umgebung die Augen, und er war erfüllt von Verwirrung, fand keinerlei Zusammenhang. Er erinnerte sich an die Agonie und an so viel mehr: den Dämon, der sich wie eine Woge aus geschlängelter, messerscharfer Schwärze auf ihn stürzte, ihm erst das Messer und dann die blutige Schweinerei entriss, die Jem in der anderen Hand gehalten hatte, und der schließlich wurmartige Tentakel in die Ruine des ehemaligen Gesichts eingeführt hatte. Der Dämon beseitigte schrittweise die Agonie, verknüpfte das, was zerstört war, auf eine Art und Weise neu, die exakt widerspiegelte, was Jem zwei Jahrzehnte zuvor angetan worden war. Und dieser Spiegel legte verschüttete Erinnerungen frei, deutliche Schlachthauserinnerungen an den Techniker, an die Zeit davor und an vieles aus der Zeit danach. Jem erinnerte sich daran, wie es in der wirbelnden Dunkelheit des Dämons geschwebt hatte, wie es eine Rampe in das Polisschiff hinaufgegangen war, durch Innenräume, die eher wie Stadtparks wirkten, mehr als in jedem anderen Schiff, das er je gesehen hatte, und dann an diesen Orten, in diesen Garten.
Aber wenngleich ihm diese Erinnerungen jetzt deutlich vor Augen standen, empfand er sich als völlig von einer Wirklichkeit abgekoppelt, die scheinbar gänzlich
Weitere Kostenlose Bücher