Die Verlockung des Glücks Teil 2
dem er diese Woche kein Training hat.
Ich zögere ein wenig, bevor ich antworte.
„Ich möchte noch einkaufen gehen, wenn du nichts dagegen hast.“
„Shoppen gehen?“ Er zuckt mit den Schultern. „Gleich am ersten Tag? Du verlierst ja keine Zeit!“ Er lächelt nachsichtig und sucht nach seinen Schlüsseln.
Ich schüttele mit dem Kopf.
„Ich will nicht shoppen gehen, ich will in einen Supermarkt!“
Matt legt den Kopf schief und schaut mich ein bisschen irritiert an.
„Fehlt dir noch irgendwas? Ich kann auch alles liefern lassen!“
„Nein, mir fehlt nichts. Aber seit ich ein kleines Kind war, träume ich davon, Unmengen amerikanischer Eissorten kaufen zu dürfen. Bitte, ich möchte in einen Supermarkt und jede Sorte Eiscreme kaufen, die ich nicht kenne. Und vielleicht auch noch die Hälfte aller Süßigkeiten, die es in Deutschland nicht gibt …“
Matt fängt an zu lachen.
„Du bist erst einen Tag hier und alles, was du machen willst, ist Eis und Süßigkeiten kaufen?“
„Alles, was ich wirklich machen wollte, haben wir schon im Schlafzimmer gemacht, wenigstens fürs Erste. Ich bin Amerikanerin – zumindest zur Hälfte - und ich war noch nie in einem amerikanischen Supermarkt um Lebensmittel zu kaufen …“
„Ein Skandal!“ Matt lacht noch immer. „Aber ich gehe gerne mit dir Eis und Süßigkeiten kaufen. Du bist besorgniserregend dünn geworden“, setzt er dann ernst hinterher. „Ich will dich glücklich sehen, Sophie. Und gesund, nicht völlig unterernährt.“
Er gibt mir einen sanften Kuss. Dann sagt er mit einem verheißungsvollen Ton:
„Komm, du darfst dir heute so viel Süßigkeiten aussuchen, wie du willst.“
Im Supermarkt laden wir laut lachend Eis, Kekse und Schokolade in den Einkaufswagen. Ich bin völlig entzückt von den vielen, verrückten Sorten, die ich nicht kenne.
„Dies e hier müssen wir auch kaufen, das ist meine Lieblingssorte!“ Matt hält einen Becher mit dem klangvollen Namen „Peanut Poesie“ hoch, dessen Inhalt aus Vanilleeis, Erdnussbutter und Himbeersoße besteht.
Nach einer Weile fällt mir auf, dass wir von allen Seiten angestarrt werden. Ich versuche mich zu beherrschen, nicht mehr so laut zu lachen, die viele Aufmerksamkeit ist mir ein bisschen peinlich.
Erst als ein kleiner Junge mit einem Stift in der Hand schüchtern auf Matt zukommt und ihn um ein Autogramm bittet, wird mir plötzlich klar, dass die Leute nicht schauen, weil ich so laut lache, sondern dass sie schauen, weil Matt Matthew Johnson ist.
Matt schreibt dem Jungen lächelnd eine Widmung mit Autogramm in etwas, das wie ein Matheheft aussieht. Er wechselt, noch immer lachend, ein paar Worte mit ihm und nimmt ihn freundlich grinsend in den Arm, als die Mutter des Jungen fragt, ob sie mit dem Handy ein Foto von den beiden machen kann. Binnen kürzester Zeit hat sich eine kleine Menschentraube um ihn herum gebildet und er verteilt lächelnd Autogramme und posiert für Fotos. Matthew meistert diese Situation mit einer gelassenen Professionalität, die deutlich macht, dass dies Teil seines Alltags ist.
Der Typ ist ein Star!
Mein Freund ist ein Star. Ich habe das natürlich schon vorher gewusst. Sich über Dinge in der Theorie klar zu sein und sie in der Praxis zu erleben, sind allerdings zwei verschiedene Paar Schuhe.
Ich schaue auf die Unmengen von Süßigkeiten und Eiscreme in unserem Einkaufswagen und das Gefühl unter Beobachtung zu stehe n ist plötzlich so dominant, das es mir die gute Laune verdirbt.
Als könnte Matt meine Gedanken lesen, verteilt er noch ein letztes Autogramm und löst sich dann, freundlich aber bestimmt, aus dem kleinen Pulk von Fans, der sich um ihn gebildet hat und kommt zurück zu mir.
„Möchtest du noch irgendetwas von hier?“ Er streicht mir liebevoll eine Haarsträhne aus dem Gesicht, während uns immer noch alle mehr oder weniger diskret anstarren.
„Nein“, sage ich kopfschüttelnd. „Lass uns gehen!“ Ich lege meine Hand auf Matts Arm.
„Nach Hause?“ Seine Stimme ist ganz tief.
„Ja, nach Hause!“
Er nimmt mich in den Arm und küsst mich.
„Das klingt wunderbar!“
Mein Blick gleitet über die vielen Menschen im Laden und bleibt kurz an einer überaus hübschen, dunkelhaarigen Frau hängen, die uns besonders penetrant beobachtet. Sie lächelt schnell und dreht sich weg, als sie meinen Blick bemerkt. Meine ganze Ausgelassenheit ist auf einmal verschwunden.
Ich bin froh, als wir wieder in Matts Haus angekommen
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