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Die verlorene Bibliothek: Thriller

Die verlorene Bibliothek: Thriller

Titel: Die verlorene Bibliothek: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. M. Dean
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Broschüre auf, die der junge Mann im Topkapi ihr gegeben hatte, und versuchte, sich ein wenig auf die Suche vorzubereiten, die sie im Dolmabahce erwartete.
    Der Dolmabahce-Palast hatte den Topkapi im Jahre 1856 als Residenz des Sultans abgelöst. Sultan Abdülmecid hatte da-mals beschlossen, dass sein Palast mehr denen seiner europäischen Kollegen gleichen müsse. Seinem Wunsch gemäß wurde daraufhin ein großer Komplex errichtet, in dem sich die unterschiedlichsten Architekturstile mischten: Barock, Neoklassizismus, Rokoko … alles nur nicht traditionell osmanisch.
    Als sie dann näher kamen, sah Emily, was für ein seltsames Ergebnis der Wunsch nach Europäisierung des Regierungssitzes gezeitigt hatte. Der Palast war eine merkwürdige Mischung aus Versailles, dem Buckingham Palace und italienischen Herrenhäusern. Michael hätte das wohl als architektonischen Albtraum bezeichnet. Hier hatten sich so viele Einflüsse gemischt, dass kein eindeutiger Stil mehr übriggeblieben war. Aber der Dolmabahce war auch beeindruckend. Emily hielt selbst das Wort ›atemberaubend‹ nicht für übertrieben.
    Das Innere, hieß es in der Broschüre, sei jedoch auf traditionelle osmanische Art in einen öffentlichen Bereich und den Harem unterteilt, so wie Emily es schon im Topkapi gesehen hatte. Alles im Inneren des Palastes war dafür designt, den Besucher mit seiner Pracht förmlich zu erschlagen. Zwei der berühmtesten Merkmale des Palastes, die Kristalltreppe und der große Zentralleuchter, waren Beweis dafür. Der Leuchter, ein Geschenk von Königin Victoria an den Sultan, war sogar bis heute der größte seiner Art geblieben. Er wog ganze viereinhalb Tonnen und hatte siebenhundertfünfzig Lampen. Alles in dem Palast war vergoldet und mit Edelsteinen besetzt, jedes noch so kleine Teil unbezahlbar und jeder Anblick überwältigend.
    Emily war nicht überrascht, als sie las, dass man den Palast nur im Rahmen einer Führung betreten durfte, während sie sich im Topkapi hatte bewegen dürfen, wie sie wollte.
    Es ist schon gut, dass ich erst reingehe, wenn der Palast offiziell geschlossen ist , dachte sie. Sich von einem Vortrag in einen leeren Palast davonzustehlen klang wesentlich einfacher, als ständig Reisegruppen ausweichen zu müssen.
    Auch dieser Palast war heute ein Museum; allerdings hatte der Dolmabahce im Gegensatz zum Topkapi in den Anfangsjahren der Republik noch eine politische Rolle gespielt. Seine Bedeutung für die moderne Geschichte der Türkei rührte vor allem daher, dass er gegen Ende von Atatürks Leben dessen Residenz gewesen war. Und die Türken, Staat und Volk, verehrten ihren Gründervater noch weit mehr als die Amerikaner Washington, Franklin und all die anderen. Atatürks Sterbebett im Dolmabahce war zu einer Art Schrein geworden und eines der am häufigsten besuchten Reiseziele in der Stadt.
    Für Emily war jedoch etwas anderes von Bedeutung: die Lage des Palastes. Die Stelle, die sich Abdülmecid für seinen neuen Palast ausgesucht hatte, war einst eine Bucht am Bosporus. Osmanische Gärtner hatten sie in den hundert Jahren zuvor aufgefüllt und dort einen königlichen Park angelegt. Der Name Dolmabahce, ›gefüllter Garten‹, hielt die Erinnerung daran wach. Heutzutage ›berührte‹ der Palast das Wasser im wahrsten Sinne des Wortes, das bis zu seinen Grundmauern reichte.
    Emily schaute zu ihm hinüber. Es konnte kein Zweifel daran bestehen, dass sie den richtigen Ort gefunden hatte.
    Als das Boot sich dem Anleger näherte, machte Emily sich wieder auf den Weg nach unten. Als sie sich umdrehte, fiel ihr Blick auf die Reling unten und zwei Männer, die dort standen.
    Einer hatte sich das Jackett zwar über den Arm gelegt, aber beide trugen Anzüge.
    Graue Anzüge.
    Ihr Haar war perfekt geschnitten, und sie sahen fast gleich aus. Wie Klone, hallte Michaels Stimme in Emilys Kopf wider.
    Emily lief ein Schauder über den Rücken. Sie hatte am Flughafen nicht unter Verfolgungswahn gelitten, und ihre Nervosität war auch nicht fehl am Platze gewesen. Sie wurde wirklich verfolgt. Das waren dieselben Männer, die auch Michael einen Besuch abgestattet hatten … Oder zumindest arbeiteten sie für die gleiche Organisation; so schnell flog niemand über den Atlantik.
    Der Rat war ihr also auf der Spur.
    Emily schlug das Herz bis zum Hals, und sie sprang zurück. Hatten die beiden sie gesehen? Wenn sie nicht wussten, dass Emily sie bemerkt hatte, ließ sich eine Konfrontation vielleicht vermeiden.
    Emily

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