Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die verlorene Bibliothek: Thriller

Die verlorene Bibliothek: Thriller

Titel: Die verlorene Bibliothek: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. M. Dean
Vom Netzwerk:
dem, was sie hier sah. Selbst in dem gedämpften Licht nach Schließung der Anlage schien hier alles zu glänzen und zu schimmern.
    Als sie schließlich die berühmte Kristalltreppe erreichte und vorsichtig die erste Stufe betrat, wusste sie, dass sie ein derartiges Gebäude unmöglich ganz absuchen konnte. Aber das erwartete Arno wohl auch nicht von ihr. Holmstrand war mit Sicherheit nicht davon ausgegangen, dass Emily derart freien Zugang zu allem haben würde. Also hatte er seinen Hinweis vermutlich entlang der normalen Tour versteckt, auf der Touristen durch den Palast geführt wurden, an einem verhältnismäßig leicht zugänglichen Ort.
    Schilder und rote Absperrseile markierten den Weg, den die Touristengruppen für gewöhnlich nahmen; also hielt sich auch Emily daran und suchte nach dem kleinen Symbol, das bis jetzt überall Arnos Hinweis gewesen war.
    Es muss hier etwas geben, von dem er wusste, dass es meine Aufmerksamkeit erregen würde , dachte sie. Etwas, das mich auf den richtigen Weg führt.
    Wo versteckt man einen Hinweis im Haus eines Königs? Im Foyer? Nein. Tagsüber wimmelte es dort von Menschen, sodass es sofort aufgefallen wäre, wenn dort jemand nach einem winzigen Symbol sucht. Im Diplomatensaal? Emily hoffte, dass das nicht der Fall war, denn das war offenbar der Saal, in dem gerade der Vortrag stattfand. Sollte Arnos Hinweis dort versteckt sein, dann würde sie ihn heute nicht mehr finden können.
    Aber wo sonst? Emily ging die Botschaft aus Alexandria noch einmal Wort für Wort durch: ›Zwischen zwei Kontinenten: Das Haus des Königs berührt das Wasser.‹ Das mit den zwei Kontinenten war gelöst; das hier war ein Haus des Königs, und es berührte das Wasser. Was hatte sie übersehen?
    Den König. Das war der einzige Teil der Botschaft, der ihr noch immer komisch vorkam. Der Dolmabahce-Palast war jahrzehntelang das Haus der osmanischen Sultane gewesen, doch die hatten sich nie als ›König‹ bezeichnet. Gleiches galt für byzantinische Herrscher davor, die den Titel Kaiser geführt hatten. Ja, die Begriffe bezeichneten mehr oder weniger das Gleiche, aber Arno Holmstrand hatte seine Präzision im Umgang mit Sprache schon mehrmals bewiesen. Die Verwendung ausgerechnet dieses Wortes musste einen konkreten Grund haben.
    Wer könnte hier geherrscht haben, war aber kein Sultan? Kaum hatte sie sich diese Frage gestellt, da bog sie um eine Ecke, und die Antwort lag genau vor ihr.
    Atatürk . Der Gründer der türkischen Republik, der im Dolmabahce-Palast gelebt hatte, obwohl er 1922 einen Erlass unterschrieben hatte, durch den die Erbmonarchie in der Türkei abgeschafft worden war. Atatürk, der die Sultane verjagt, aber das Land weiterhin aus der Pracht ihrer Paläste heraus geleitet hatte. Atatürk, der schließlich hier gestorben war … genauer gesagt in dem Raum, der heutzutage nur ›Atatürks Schlafzimmer‹ genannt wurde und auf den das Schild verwies, vor dem Emily nun stand.
    Dieser Mann hatte sich einen Platz im Nationalbewusstsein der Türken erworben, der weit über den nahezu jedes anderen Herrschers oder Königs vor ihm hinausging. Er war zu einem Nationalsymbol geworden, zum Vater der Türken. Er war am 10. November 1938 um fünf nach neun Uhr morgens gestorben. Das war ein Datum und eine Uhrzeit, die jeder Student der osteuropäischen Zeitgeschichte nur allzu gut kannte. Im Augenblick von Atatürks Tod waren sämtliche Uhren im Palast angehalten worden, und das Land hatte über Jahrzehnte hinweg getrauert. Es war gar nicht so lange her, dass diese Trauerzeit offiziell für beendet erklärt worden war. Auch die Palastuhren hatte man inzwischen wieder aufgezogen … alle bis auf eine: die kleine Uhr auf dem Tisch in dem Schlafzimmer, wo Atatürk gestorben war.
    Emily wusste genau, wo sie hinmusste.

KAPITEL FÜNFUNDACHTZIG
    19:45 U HR
    Emily folgte den Schildern zu Atatürks Schlafzimmer, das im einstigen Harem der Sultane lag. Sie musste nicht weit gehen, und obwohl sie immer wieder über die Schulter blickte, wusste sie nicht, ob irgendjemand ihr auf den Fersen war. Diese Unsicherheit trieb sie zusätzlich an.
    Der Raum war gesondert markiert, doch als sie ihn betrat, musste Emily erkennen, dass er bei weitem nicht der prachtvollste im Palast war. Er war natürlich keine schlichte Kammer, aber lange nicht so pompös wie die anderen Räume, durch die sie bisher gekommen war.
    Den Mittelpunkt des Raumes bildete Atatürks Bett, das mit einer blutroten türkischen Flagge in

Weitere Kostenlose Bücher