Die verlorene Bibliothek: Thriller
Symbol, die sie im Dolmabahce-Palast fotografiert hatte, deuteten auf Oxford hin; doch der Rat hatte bereits herausgefunden, dass der letzte Ort Oxford war, und auch das neue Siegel kannten sie, denn das war in der verschlüsselten Bilddatei von Antoun versteckt gewesen. Wess war deutlich in Rückstand geraten.
Trotzdem war es irgendwie befriedigend, Holmstrands Hinweis zu sehen. Er bestätigte, was der Rat entdeckt hatte, und er enthielt die magischen Worte, auf die jedes Ratsmitglied schon seit Jahrhunderten gehofft hatte: › Heim der Bibliothek‹ .
Wir sind schon auf dem Weg. Wir haben sie.
Jason schwoll die Brust vor Stolz, und er gab den kleinen Computer seinem Partner wieder zurück.
»Schick das weg«, befahl er. »Schick alles weg.« Tech machte sich daran, die heruntergeladenen Dateien an den Sekretär weiterzuleiten. Es war zwar nicht viel und nichts Neues, aber es musste untersucht werden.
In diesem Augenblick klingelte Jasons Handy. Er schaute auf die Nummer und nahm ab.
»Haben Sie alles erledigt?«, fragte Ewan Westerberg. Er war begierig darauf zu erfahren, ob Emily Wess ausgeschaltet worden war.
»Noch nicht ganz. Wir haben sie erst einmal schlafen gelegt.« Offen am Handy über eine Exekution zu sprechen war nicht leicht, und man musste schon wirklich sehr kreativ sein, um das wahre Thema zu verschleiern.
Der Sekretär war überrascht.
»Warum? Ich dachte, ich hätte mich klar ausgedrückt.«
»Es gab da eine Komplikation. Ein unerwartetes Problem.« Jason berichtete seinem Vater von Emilys Drohung, Antoun würde ihren Coup in Washington auffliegen lassen und die Liste an die Medien weiterleiten, wenn Wess sich nicht bei ihm meldete. Deshalb hatte er Emilys Hinrichtung verschoben, um abzuwarten, was der Sekretär beschloss, was als Nächstes geschehen sollte. Während er sprach, blickte er auf Emily hinunter. Die bewusstlose Frau zu seinen Füßen war ja so erbärmlich. Die Vorstellung, ihr Leben ein für alle Mal zu beenden, erregte ihn; die Verzögerung war enttäuschend.
Nachdem er sich den Bericht seines Sohnes angehört hatte, antwortete der Sekretär in festem Ton:
»Lassen Sie sie schlafen. Ich will erst einmal sichergehen, dass wir es wirklich mit einer leeren Drohung zu tun haben. Ich werde unsere Männer in Alexandria anweisen, die Gespräche mit Mr Antoun zu einem vorzeitigen Ende zu bringen; dann kann unser Team in Istanbul Dr. Wess’ Schlaf bis in alle Ewigkeit ausdehnen.«
»Verstanden«, erwiderte Jason. Antoun würde eliminiert werden, um mögliche Folgen aus Emilys Hinrichtung zu vermeiden, und dann würden sie sich auch um Wess persönlich kümmern können. Das war zwar ein wenig übervorsichtig, dachte Jason, aber wie hieß es doch so schön? Man kann nie vorsichtig genug sein.
»Was Sie betrifft«, fuhr der Sekretär fort, »so werden Sie so schnell wie möglich nach Oxford fliegen. Überlassen Sie Wess unserem Team in der Türkei. Ich habe ihnen Ihre Position bereits durchgegeben, und sie sollten gleich bei Ihnen sein. Sorgen Sie einfach dafür, dass Dr. Wess nicht weglaufen kann, und lassen Sie sie liegen. Sie wird dann schon abgeholt. Für Sie ist es jetzt an der Zeit weiterzuziehen. Wir haben alles, was wir brauchen, um die Bibliothek für uns zu beanspruchen, und ich will Sie an meiner Seite haben, wenn wir das in Besitz nehmen, was uns gehört.« Ewan wartete nicht auf die Antwort, sondern legte einfach auf.
Jason schaute erneut auf Emily hinab. Langsam hob und senkte sich die Brust der bewusstlosen Frau. Er war enttäuscht, dass er ihren Blick nicht sehen konnte, wenn sie starb. Er mochte es, die Erkenntnis in den Augen seiner Opfer zu sehen, dass sie nichts mehr tun konnten, dass alles vorbei war. Diese Befriedigung war nun einem anderen vorbehalten, doch Jason durfte nicht weiter darüber nachdenken. Er hatte anderes zu tun, und schon bald würde er Zeuge von etwas noch weit Größerem werden. Die jahrhundertelange Arbeit des Rates würde endlich zum Abschluss kommen. Die Macht, die sie durch die Bibliothek erlangen würden, war schier endlos. Mit ihren Ressourcen und mit dem eigenen Mann im Oval Office, umgeben von anderen Ratsmitgliedern in seiner Administration … Für den Rat brachen goldene Zeiten an.
Jason holte ein Paar Handschellen aus seiner Tasche, zerrte Emily an den Rand der Gasse und kettete sie an eine Regenrinne. Das Team in Alexandria würde Antoun erledigen, und dann würden sich ihre Leute hier um Emily kümmern.
»Zeit zu gehen«,
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