Die verlorene Bibliothek: Thriller
die Oberfläche war vollkommen glatt.
Jason fühlte wachsenden Frust bei dem Sekretär und den Männern unten. Es musste doch hier sein, trieb er sich selbst an. Er drückte auf dem Stein herum und steckte den Finger in jedes Loch und jede Delle in der Hoffnung, einen Knopf oder Schalter zu finden.
Doch nichts geschah.
Schließlich blieb nur eine Möglichkeit übrig. Sorgfältig darauf bedacht, das Gleichgewicht zu bewahren, stieg Jason so weit hinauf, wie es ging, packte die Glyphe und zog. Das Ding hielt. Erst als er sie mit Gewalt drehte, spürte er, wie sie nachgab. Adrenalin schoss durch seine Adern, als er bemerkte, dass sich das Symbol im Uhrzeigersinn drehen ließ.
»Es bewegt sich!« Unten packte Ewan die Leiter, um seinen Sohn zu stützen.
Jason drehte das Symbol um ganze neunzig Grad. Dann hörte er ein deutliches Klicken, und das Symbol rastete in der neuen Position ein.
Im selben Augenblick begannen andere Dinge, sich zu bewegen. Ein lautes Schaben war aus einer Ecke zu hören und füllte die ganze Halle. Während Jason wieder herunterstieg, durchquerten Ewan und die anderen schon den Raum, um zu sehen, was die Quelle dieses Geräusches war. In der Ecke glitt einer der massiven Steinblöcke, aus denen der Boden bestand, langsam in die Wand zurück, und an seiner Stelle erschien ein schwarzes Loch.
Eine Treppe führte in die Finsternis hinab. Ewan konnte seine Aufregung kaum noch beherrschen.
Zwei seiner Männer schickten sich an vorauszugehen. Sie wollten sichern, was auch immer sie dort unten erwartete, doch Ewan wollte nichts davon wissen. Das war sein großer Moment. Er würde vorausgehen und sonst niemand.
Ewan schnappte sich eine Taschenlampe von dem Mann neben ihm, stieß die anderen beiseite und stieg die Stufen hinab. Es ging überraschend tief hinab, und schließlich erreichten sie eine Ebene, von der Ewan annahm, dass sie mindestens zwei Stockwerke unter der Halle lag. Dort erwartete sie ein schmaler Gang voller Staub und Spinnweben.
Der Gang war nicht lang, und an seinem Ende sah Ewan eine alte Holztür. Wie alt das Ganze war, vermochte er nicht zu sagen, doch es sah weit älter aus als alles über der Erde.
Als der Sekretär sich der Tür näherte, folgten seine Männer ihm, und er bemerkte eine Metallplakette am Holz. Sie war von einer dicken Staubschicht bedeckt, und so konnte er die Worte zuerst nicht lesen. Er hob die Taschenlampe auf Schulterhöhe und wischte den Staub mit der freien Hand weg.
Und dann las Ewan Westerberg die schönsten Worte, die er je gesehen hatte.
R EPOSITUM B IBLIOTHECAE A LEXANDRIANAE
Das Gewölbe der Bibliothek von Alexandria. Endlich war es gefunden. Sein ganzes Leben lang hatte Ewan auf diesen Augenblick gewartet.
Er drückte gegen die Tür und hielt die Luft an, als sie sich langsam öffnete.
KAPITEL EINHUNDERT
Z UR GLEICHEN Z EIT IN A LEXANDRIA , Ä GYPTEN – 10:00 U HR (8:00 U HR GMT )
»Mein Gott, was haben die Ihnen angetan!«, rief Emily und lehnte Athanasius’ Kopf vorsichtig gegen den Aktenschrank, während der Mann nach und nach das Bewusstsein wiedererlangte. Er war langsam wieder aufgewacht, als Emily seinen Puls gefühlt hatte, und schließlich war es ihm gelungen, die Augen zu öffnen, und er hatte Emilys Gesicht gesehen: ein Gesicht, in das er all seine Hoffnung gelegt hatte. Er hatte nie damit gerechnet, es wiederzusehen.
»Die Freunde … sie waren … hier.« Athanasius rang um Luft. Das Loch in seiner Brust erschwerte ihm das Sprechen. »Mitten in der Nacht. Sie wollten … reden.« Ein schreckliches Rasseln kam aus seiner Wunde, während er sprach. Seine Lunge war durchschossen worden. Emily stand auf und ging zu dem Telefon auf Athanasius’ Schreibtisch, um einen Krankenwagen zu rufen. Vielleicht war es ja noch nicht zu spät.
»Nein«, befahl ihr Athanasius. Emily drehte sich wieder zu ihm um, blickte ihm in die Augen, und der verletzte Mann keuchte entschlossen: »Für mich ist es zu spät. Jetzt … jetzt müssen wir … weiterdenken.«
Emily zögerte. Es fiel ihr schwer, den Notarzt nicht zu rufen; doch Athanasius schaute sie flehend an. Es war der Blick eines Mannes, der wusste, dass seine Zeit gekommen war, und jetzt wollte er aus dem Rest wenigstens noch das Beste machen. Emily kniete sich wieder an seine Seite.
»Mein Gott, sie wissen es, nicht wahr?«, sagte sie. »Sie waren gekommen, um Sie umzubringen.« Antoun nickte.
»Sie haben mich stundenlang … verhört …, aber dann … Dann haben die Bastarde
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