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Die verlorene Bibliothek: Thriller

Die verlorene Bibliothek: Thriller

Titel: Die verlorene Bibliothek: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. M. Dean
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nur eine digitale Kopie der physischen Sammlung erstellt werden, doch Anfang der Sechziger sammelten zwei unserer Bibliothekare in den Vereinigten Staaten Informationen zu neuen Forschungen im Lincoln Laboratory des MIT sowie zu dem bahnbrechenden Netzwerk-Design, das an der UCLA und im Advanced Research Project Agency Network der Regierung vorangetrieben wurde, dem sogenannten ARPA. Obwohl der Frucht ihrer Arbeit, dem ARPANET, dem Vorläufer des modernen Internet, erst 1969 die erste Echtzeitübertragung gelingen sollte, haben wir das Potenzial ihrer Arbeit schon wesentlich früher erkannt, und zusammen mit dem uns bekannten Forschungsmaterial der Sowjets ist es uns schon 1964 gelungen, ein solches Netz auf die Beine zu stellen.«
    Als Emily den Text las, fielen ihr wieder Arno Holmstrands Worte ein: ›Wissen dreht sich nicht im Kreis, Ignoranz aber schon. Wissen gründet im Alten, doch deutet stets zum Neuen.‹ Die Transformation der Bibliothek in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war ein eindrückliches Zeugnis der Vision des Bewahrers. Die Bibliothek hatte zu diesem Zeitpunkt schon über zwei Jahrtausende hinweg unter mehr oder weniger gleichen Bedingungen operiert, doch als der Moment gekommen war, hatte sie den Weg ins digitale Zeitalter gewiesen.
    » Es war offensichtlich, in welche Richtung die Welt sich entwickeln würde. Wir wussten das lange vor allen anderen, und so haben wir die ersten Schritte gewagt. Dann, als die Zeit gekommen war, haben wir anderen auf ihrem Weg geholfen und für ein gewisses Gleichgewicht bei der Entwicklung dieser neuen Technologien gesorgt. Immerhin hatte der Kalte Krieg damals seinen Höhepunkt erreicht. Es lag nicht in unserem Interesse – oder in dem der Welt –, dass nur eine Supermacht über diese Technologie verfügte. Deshalb haben wir dafür gesorgt, dass sie so weit wie möglich verbreitet wurde.«
    Wieder hatte die Gesellschaft der Bibliothekare von Alexandria eine strategische Rolle gespielt. Wieder hatten sie nicht einfach nur Wissen gesammelt, sondern es eingesetzt – es ›geteilt‹, wie Athanasius es bezeichnet hatte –, und das auf eine Art, die Emily nach wie vor manipulativ vorkam. Schon als Athanasius ihr zum ersten Mal davon erzählt hatte, welch aktive Rolle die Gesellschaft bisweilen spielte, hatte sie große Vorbehalte gehabt. So viel Macht war gefährlich.
    » Je weiter die Digitalisierung der Bibliothek fortschritt, desto weiter dehnte sich das Netzwerk auch auf dem Globus aus. Genau wie das Netzwerk, aus dem das Internet hervorging, war auch unseres redundant. Es ist überall und nirgends. Es hat Knotenpunkte auf der ganzen Welt; allerdings leiten diese die Daten nur weiter. Wo die Daten gespeichert werden und wie, das weiß ich nicht. Doch der Bewahrer war absolut davon überzeugt, dass man es nicht entdecken kann. Selbst wenn Sie oder ich einen der Server finden und ihn in seine Einzelteile zerlegen würden, würde uns das nichts nützen. Die Daten sind nicht im klassischen Sinne auf Festplatten oder dergleichen abgelegt; sie ›fließen‹ zwischen den einzelnen Teilen unseres Netzwerks hin und her. Wenn Sie versuchen würden, eine Komponente zu hacken, dann finden Sie nur einen leeren Rechner.
    Das Wichtigste ist jedoch, dass der Bewahrer in der Lage ist, von überall darauf zuzugreifen. Wo auch immer er ist, er kann mit dem Inhalt interagieren, neue Informationen hinzufügen und Daten freigeben, wann immer er es für angebracht hält. Er hatte ein spezielles Interface dafür; aber was genau das war, das habe ich nie erfahren. «
    Emilys Optimismus verflog immer mehr. Die Vorstellung, dass die Bibliothek ein elektronisches Netzwerk war, hatte impliziert, dass sie ihr schon weitaus näher war, als sie in den vergangenen Tagen geglaubt hatte. Sie musste kein mysteriöses Gewölbe suchen. Emily musste sich nur in das Netzwerk einloggen, und das Wissen von Jahrtausenden stand ihr zur Verfügung. Doch je mehr sie über die Sicherheitsmaßnahmen der Gesellschaft las, desto deutlicher wurde ihr, wie herausfordernd das Ganze war. Und als sie dann noch erfuhr, dass das Interface nur der einen Person bekannt war, die ohnehin schon das meiste über die Bibliothek und die Gesellschaft wusste … Nun, mit diesem Wissen im Hinterkopf schien die Bibliothek weiter entfernt zu sein denn je.
    » Die Bibliothek ist überall «, schloss Athanasius’ Datei. » Ich bin sicher, wäre der Bewahrer noch am Leben, er könnte von hier aus darauf zugreifen, aus

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