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Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition)

Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Martin
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Marianne sahen.
    »Signorina!«
    Täuschte sie sich, oder geriet seine Verbeugung noch ein wenig tiefer und eine deutliche Spur hingebungsvoller?
    »Gianluca Tozzi ist Baumeister, aus Italien«, sagte Helene zu Marianne hin, als verschaffe ihr diese winzige Information einen Vorsprung in einem Rennen, das gerade begonnen hatte.
    »Oho«, Marianne streckte Gianluca einfach die Hand hin, so wie es Helene nie gewagt hätte, »Marianne Stein.«
    »Gianluca Tozzi.«
    »Ich habe eigentlich nur meine Schwester gesucht«, sprach Marianne weiter und zwinkerte Gianluca zu. »Sie ist mir fortgelaufen.«
    Helene runzelte die Stirn über diese Bemerkung. Gian luca grinste.
    »Das ist wirklich bedauerlich, Fräulein Stein, denn Ihre Schwester und ich haben uns gerade sehr gut unterhalten.« Er zwinkerte jetzt Helene zu, die sich inzwischen vorkam wie ein dummes Kind. In Mariannes Mundwinkel grub sich ein kleines Lächeln.
    »Nun, es tut mir leid, aber jetzt müssen wir auch schon wieder gehen. Die Eltern warten.«
    »Das Bedauern ist ganz auf meiner Seite, Fräulein Stein!«
    »Au revoir!«
    Marianne reichte Helene die Hand. Die schloss sich der Älteren allen widerstreitenden Gefühlen zum Trotz an.
    »Arrivederci«, rief Gianluca ihnen hinterher.
    »Arrivederci!«, antwortete Marianne.
    Sie hatten erst wenige Schritte getan, als Helene unver mittelt stehen blieb. Ein Gedanke war ihr gekommen, der sich nicht mehr vertreiben ließ. Sie konnte nicht gehen. Sie musste jetzt herausfinden, ob es eine Möglichkeit gab, ihn, den Italiener, wiederzusehen. Ungeduldig versuchte Marianne derweil, die Jüngere weiterzuziehen.
    »Komm jetzt, Helene. Man wartet wirklich auf uns.«
    Helene entzog der Schwester die Hand und drückte die Schuhe fest in den Untergrund, um besseren Halt zu haben.
    »Hilf mir, Marianne, bitte!«
    »Aber wobei denn?« Die Ältere wandte ihr das Gesicht zu, runzelte die Stirn.
    »Ich …« Helene schlug die Augen kurz nieder und sah ihre Schwester dann entschlossen an. »Ich muss ihn wiedersehen. Ich muss einfach.«
    »Wen? Den Italiener da? Aber Helene, wir kennen ihn doch gar nicht!«
    Mariannes Stimme klang erstaunt, beinahe erschrocken. Helene hatte selbst die ungewohnte Dringlichkeit in der eigenen Stimme gehört. Hatte sie sich jemals vorstellen können, dass es so etwas gab, dass man sich einem fremden Menschen derart verbunden fühlen konnte? Während sie noch mit der Antwort zögerte, verstärkte sich der Ausdruck leiser Verwirrung auf Mariannes Gesicht.
    »Du hast doch sicher gehört«, stotterte Helene, »er ist Baumeister. Frag ihn, ob er unser Haus winterfest machen kann. Es ist einiges zu reparieren, das weiß ich von Mama.«
    »Ich soll den Italiener da fragen? Einen Wildfremden? Hier und jetzt? Bist du von Sinnen?«
    Ich muss ihn wiedersehen!
    »Ich sagte doch, dass er Baumeister ist.«
    »Das sagt er . Wer sagt mir denn, dass das die Wahrheit ist? Außerdem brauchen wir keine fremden Baumeister. Wir haben unsere Helfer zu Hause, vor Ort.« Marianne schüttelte den Kopf und wollte schon weitergehen.
    »Aber ich«, Helene hängte sich an ihren Arm, »ich … ich muss ihn wiedersehen.«
    Jetzt lachte die Ältere auf. »Aber das ist doch wirklich albern, Kleines.«
    Helene hörte nicht. Sie hatte sich jetzt vor Marianne gestellt und hielt deren Hände fest. Wie sah das wohl von Weitem aus? Wie zwei junge Frauen, die, anstatt sich dem herrlichsten Feuerwerk hinzugeben, ein ernstes Gespräch miteinander führten? Welch seltsamer Ort dafür! Sie zögerte noch ein wenig, dann hauchte sie: »Ich liebe ihn!«
    »Das ist ja noch alberner«, Marianne klang jetzt ungehalten, »du kennst ihn nicht.«
    »Bitte.«
    »Und was soll ich deiner Meinung nach tun?«
    »Frag ihn, das sagte ich doch schon, und dann sprich mit Vater, bitte.«
    Marianne seufzte. »Und wenn dein Italiener nicht will? Ich kann auch nicht mehr tun, als ihm ein Angebot zu machen.«
    »Ich weiß.« Helene schaute ihre Schwester fest an. »Frag ihn«, sie zögerte, weil die nächsten Worte auch ein wenig schmerzten, »er wird mitkommen wollen.«
    An diesem späten Abend wälzte sich Helene noch lange in den Kissen im Mädchenzimmer. So unruhig war sie, dass sich Marianne irgendwann ungehalten aufsetzte.
    »Was ist denn noch, um Himmels willen?«
    Helene zögerte einen Augenblick lang. »Du liebst ihn aber nicht, oder, Marianne? Du liebst ihn nicht?«
    »Wen? Deinen Italiener?« Marianne schnaubte. »Natür lich nicht, ich kenne ihn ja gar nicht. Das

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