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Die Verlorene Kolonie

Die Verlorene Kolonie

Titel: Die Verlorene Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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nicht beachten. Wir müssen diese Insel aus dem Zeitmeer herausholen.«
    Nr. 1 merkte, wie sein Stummelschwanz zu zittern begann. »Die ganze Insel?«
    Qwan zwinkerte. »Und alle, die darauf sind. Aber lass dich davon nicht beeindrucken.«
    »Und wie geht das?«
    »Du brauchst nur eins zu tun: Aktiviere deine Magie, und zwar bis auf den letzten Funken, und schick sie zu mir herüber. Um den Rest kümmere ich mich.«
    Das klang ganz einfach. Aber die eigene Magie zu aktivieren, während einem Armbrustbolzen um die Nase schwirrten und ganze Stücke der Umgebung sich in Luft auflösten, war ungefähr so, als müsste man auf Befehl zum Klo gehen, während einem alle möglichen Leute dabei zusahen. Leute, die einen nicht ausstehen konnten.
    Nr. 1 schloss die Augen und dachte magische Gedanken.
    Magie. Komm schon, Magie.
    Er versuchte, in seinem Geist dieselben Türen zu öffnen wie vorhin, als er die menschlichen Soldaten heraufbeschworen hatte. Zu seiner Überraschung reagierte die Magie jetzt schneller, als warte sie nur darauf herauszukommen. Der Käfig war offen und das wilde Tier frei. Nr. 1 spürte, wie die Kraft in seine Arme schoss und sich regelrecht verselbstständigte.
    »He, langsam, junger Freund«, sagte Qwan. »Du musst mir ja nicht gleich den Kopf wegpusten. Leg sie an die Leine, bis der Zeitpunkt gekommen ist.« Der alte Zauberer drehte sich zu Artemis um. Seine dünne Stimme ging in dem lauten Getöse fast unter. »Wie lange noch?«, rief er.
    Artemis mühte sich weiter mit der Bombe ab, stemmte die Fersen in den Boden und zerrte aus Leibeskräften. Er konnte sich den Gedanken nicht verkneifen, dass Butler sich den Koffer einfach unter den Arm geklemmt hätte und damit zu dem kleinen Felsplateau marschiert wäre.
    »Zählen Sie bis dreihundert. Oder zweihundertneunundneunzig. Das müsste hinkommen, sofern die Auflösung konstant voranschreitet, was eigentlich der Fall sein sollte.«
    Nach dem Wort dreihundert hörte Qwan nicht weiter zu.
    Er ergriff die Hände von Nr. 1. »Noch fünf Minuten, dann kehren wir heim. Wir müssen mit dem Mantra beginnen.« Qwan schloss die Augen, wiegte den Kopf hin und her und murmelte etwas auf Altdämonisch.
    Nr. 1 spürte die Macht der Worte, und die Magie formte sich um sie zu einem wirbelnden blauen Feuerkreis. Er hielt die Hände seines neuen Mentors fest und fiel in das Mantra ein, als hinge sein Leben davon ab. Was es ja auch tat.
     
    * * *
     
    Holly wandte sich zuerst der zweiten Aufgabe zu. Irgendwie musste sie Abbot zu ihrem kleinen Grüppchen locken und ihn dazu überreden, sich dem magischen Kreis anzuschließen. Und so, wie er mit seinem reich verzierten Schwert herumfuchtelte, sah es nicht danach aus, als würde er das freiwillig tun.
    Der Angriff der Dämonen war durch das Ausfransen ihrer Umgebung mehr oder weniger ins Stocken geraten, doch Abbot und die Mitglieder des Rats stürmten unbeirrt weiter, ohne sich groß darum zu scheren, dass einige von ihnen in eine andere Dimension gerissen wurden.
    Holly hielt das Feuer aufrecht, während sie überlegte, wie sie am besten mit dem Rudelführer Kontakt aufnehmen sollte. Sie war eine ausgebildete Verhandlerin, und nach dem, was sie beobachtet und von Nr. 1 erfahren hatte, vermutete sie, dass Abbot unter erworbenem situationsbedingtem Narzissmus litt. Er war restlos vernarrt in sich selbst und die eigene Wichtigkeit. Narzissten riskierten häufig lieber den Tod, als etwas hinzunehmen, das sie als Herabsetzung empfanden. Aus Abbots Sicht bedrohte Holly seine Position als Rudelführer, und mit so jemandem musste man kurzen Prozess machen.
    Na toll , dachte Holly. Egal, in welcher Dimension man sich befindet, es gibt immer einen größenwahnsinnigen Kerl, der sich zum Weltherrscher aufschwingen will.
    Die Dämonen rückten in ungeordneter Linie vor, angeführt von Abbot, der sein protziges Schwert schwenkte und die willenlos ergebene Truppe vorwärtstrieb. Hinter ihm zerriss der rote Himmel in einzelne Streifen. Die Welt, wie Abbot sie kannte, stand vor dem Untergang, und dennoch weigerte er sich, sein Ziel aufzugeben. Lieber riss er alle in den Tod, als sich schmachvoll zu ergeben.
    »Rufen Sie Ihre Krieger zurück, Abbot«, brüllte Holly über den Lärm hinweg. »Wir können über alles reden.«
    Abbot antwortete nicht. Es sei denn, man interpretierte wildes Geheul und Schwertgefuchtel als Antwort.
    Die Dämonen schwärmten weiter aus, um Hollys Feuer auszuweichen und nicht im ganzen Rudel in eine andere

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