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Die Verlorene Kolonie

Die Verlorene Kolonie

Titel: Die Verlorene Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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Dimension gesogen zu werden. Abbot schlitterte voran, die Fersen in den Boden gestemmt, den Oberkörper nach hinten geneigt, um nicht zu fallen. Er war mittlerweile bis an die Hornspitzen mit Asche bedeckt und zog eine Wolke grauer Flocken hinter sich her.
    Es ist zwecklos , dachte Holly. Der Kerl würde nicht mal auf seine eigene Mutter hören. Selbst wenn er wüsste, wer seine Mutter ist.
    Ihr blieb keine andere Wahl. Sie würde die Ladung verstärken und ihn für ein paar Stunden ausschalten müssen. Qwan musste ihn bewusstlos in den magischen Kreis einspannen.
    »Tut mir leid«, sagte sie und stellte den Schalter ihrer Neutrino mit dem Daumen auf Stufe 3.
    Holly zielte mit geübter Präzision. Der Strahl aus dem Waffenlauf leuchtete jetzt in einem gefährlicheren Rot, stark genug, um Abbot ein paar Saltos schlagen zu lassen.
    Ich werde mich bemühen, den Anblick nicht zu genießen , dachte Holly.
    Doch so weit kam es gar nicht, denn genau in diesem Augenblick wechselte der Zeitsog für zwei Zähleinheiten auf rückwärts. Der Strahl verschwand in der Vergangenheit, und Holly wurde wieder von Übelkeit gepackt, als der Zeitwirrwarr ihre Atome durcheinanderwirbelte. Einen knappen Meter zu ihrer Rechten erblickte sie ein diffuses Vergangenheitsbild von sich selbst. Auch hinter den Dämonen tauchten verschwommene Vergangenheitsversionen auf, wie die Speedlines in einem Comic. Dann verschwanden diese Bilder, und die Zeit lief wieder vorwärts.
    Abbot stürmte immer noch auf sie zu. Er war jetzt gefährlich nah, doch Holly schätzte, dass die Zeit für einen weiteren Schuss reichte. Mit etwas Glück würde die grimmige Entschlossenheit der übrigen Dämonen nachlassen, wenn ihr Anführer ausgeschaltet war.
    Sie zielte erneut, dann zerbarst die Welt vor ihr wie ein zerschmetterter Spiegel. Ein Erdausschnitt türmte sich vor ihr auf wie eine Flutwelle und verschwand in einem flirrenden Funkenwirbel. Durch die Lücken erblickte Holly Ausschnitte aus anderen Dimensionen. Sie sah die Sonne, das All und riesige Wesen mit zahllosen Tentakeln.
    Der unglaublich hohe Magieanteil in der Luft presste Hollys Schädel zusammen wie ein Schraubstock. Benommen hörte sie ein Stöhnen hinter sich, als Artemis und die anderen unter der magischen Überlastung zusammenbrachen.
    Doch sie durfte nicht zusammenbrechen. Ein Teil der Dämonen war zwar bereits in den Zeittunnel gesogen worden, aber es konnten immer noch welche herumlaufen. Die Luft flirrte, dann wurde es wieder ruhiger. Staubwolken und Steine rieselten aus dem Nichts. Überall gähnten gewaltige Löcher, und darunter war nichts als rotes All. Mittlerweile gab es mehr Löcher als Land.
    Die meisten ihrer Verfolger waren verschwunden. Aber nicht alle. Abbot war als Einziger übrig, ein irres Grinsen im Gesicht, das Schwert im Anschlag.
    »Hallo, Elfe«, sagte er und stieß Holly die Klinge in die Brust.
    Holly spürte, wie der Stahl ihre dünne Elfenhaut durchdrang und sich zwischen die achte und neunte Rippe bohrte, einen Millimeter unter ihrem Herzen hindurch. Er fühlte sich eiskalt an, und der Schmerz war unbeschreiblich. Sie fiel hintenüber, sodass die Klinge aus ihrem Leib glitt, und stürzte auf den aschebedeckten Boden. Das Blut rann aus der Wunde wie Wasser aus einem kaputten Gefäß. Ihr Herz arbeitete gegen die Schwerkraft an und leerte die Adern Schlag um Schlag.
    »Magie«, keuchte sie, halb besinnungslos vor Schmerz.
    Abbot triumphierte. »Magie kann dich jetzt nicht mehr retten, Elfe. Ich habe sehr lange an diesem Schwert gearbeitet, für den Fall, dass die Zauberer irgendwann wieder auftauchen sollten. In diesem Stahl steckt genug Gegenzauber, um einen ganzen magischen Kreis zu zerstören.« Während er sprach, schüttelte er Hollys Blut von der Klinge. Sie malte dunkle Linien in die Asche.
    Holly musste husten, und es fühlte sich an, als würde sie in zwei Teile zerrissen. Nein, die Magie konnte ihr nicht mehr helfen. Das konnte nur noch einer.
    »Artemis«, rief sie mit dünner, schwacher Stimme. »Artemis, hilf mir.«
    Artemis Fowl sah kurz zu ihr hinüber, dann wandte er sich wieder dem Zähler der Bombe zu und überließ Holly Short ihrem qualvollen Tod.
     
     
    Insel Hybras.
     
    Während Artemis und seine Gefährten durch den Zeittunnel gewirbelt waren, hatte Leon Abbot mit den Rudelältesten Rat gehalten. Im Rat wurden alle großen Entscheidungen getroffen. Oder genauer gesagt: Dort traf Abbot alle großen Entscheidungen. Die anderen glaubten zwar, daran

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