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Die Verlorene Kolonie

Die Verlorene Kolonie

Titel: Die Verlorene Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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vergewissern, dass nirgends eine Bedrohung lauerte. Er sah etliche, die in der Nase bohrten oder Händchen hielten.
    Oder beides zugleich taten. Nichts wirklich Gefährliches. Doch da, in einer Loge im zweiten Rang, direkt neben der Bühne, bemerkte er ein Mädchen mit einem blonden Lockenschopf, elegant für den Opernbesuch zurechtgemacht.
    Es war dasselbe Mädchen, das auch bei der Erscheinung in Barcelona dabei gewesen war. Zufall? So etwas gab es nach Butlers Erfahrung nicht. Wenn man einem Fremden mehr als einmal begegnete, war er einem entweder auf den Fersen oder hinter derselben Sache her wie man selbst.
    Er sah sich die Loge genauer an. Hinter dem Mädchen saßen zwei Männer. Auch diese offensichtlich dieselben wie in Barcelona. Der eine - um die fünfzig, Bierbauch, teurer Smoking - filmte die Bühne mit der Kamera seines Handys. Der andere - asiatischer Abstammung, drahtig, Igelfrisur - hatte sich offenbar noch nicht von seiner Beinverletzung erholt und fingerte an einer seiner Krücken herum. Er stellte sie umgekehrt auf den Boden, entfernte den Gummifuß und legte die Krücke wie ein Gewehr an.
    Automatisch schob Butler sich zwischen Artemis und die Schusslinie des Mannes, obwohl die Krücke nicht auf seinen Schützling zielte, sondern auf einen Punkt einen Meter von der Sopranistin entfernt. Genau auf die Stelle der Bühne, an der Artemis seinen Dämon erwartete.
    »Holly«, sagte Butler mit leiser, ruhiger Stimme, »ich glaube, Sie sollten Ihren Sichtschild einschalten.«
    Artemis ließ das Opernglas sinken. »Probleme?«
    »Möglicherweise«, erwiderte Butler. »Wenn auch nicht für uns. Ich glaube, da ist noch jemand, der die neuen Berechnungsdaten kennt, und es sieht nicht so aus, als ob er nur zum Zuschauen gekommen wäre.«
    Artemis tippte sich mit zwei Fingern ans Kinn. Sein Verstand arbeitete auf Hochtouren. »Wo?«
    »Zweiter Rang, neben der Bühne. Eine mögliche Waffe ist auf die Bühne gerichtet. Keine normale Schusswaffe. Vielleicht ein getarntes Pfeilgewehr.«
    Artemis beugte sich vor und packte das Messinggeländer. »Sie wollen den Dämon lebend fangen, falls er auftaucht. Dafür brauchen sie ein Ablenkungsmanöver.«
    Holly sprang auf. »Was können wir tun?«
    »Es ist zu spät, um sie aufzuhalten.« Artemis runzelte die Stirn. »Wenn wir uns einmischen, stören wir möglicherweise das Ablenkungsmanöver, und dann wird der Dämon von allen gesehen. Wenn diese Leute clever genug sind, um hier zu sein, können wir davon ausgehen, dass sie auch einen guten Plan haben.«
    Holly griff nach ihrem Helm und setzte ihn auf. Luftkissen blähten sich automatisch auf, um ihn der Kopfform anzupassen. »Ich kann nicht einfach tatenlos zusehen, wie sie einen vom Erdvolk kidnappen.«
    »Sie haben keine andere Wahl«, erwiderte Artemis heftig und riskierte bewusst den Ärger des Publikums. »Im besten und wahrscheinlichsten Fall passiert überhaupt nichts, und er erscheint gar nicht erst.«
    Holly starrte ihn finster an. »Du weißt so gut wie ich, dass das Schicksal uns nie den bestmöglichen Fall liefert. Dafür hast du ein viel zu schlechtes Karma.«
    Artemis musste lachen. »Der Punkt geht an Sie. Nehmen wir also das Schlimmste an: Der Dämon erscheint, sie verankern ihn mit einem silbernen Pfeil oder etwas Ähnlichem in unserer Dimension, wir gehen dazwischen, in dem allgemeinen Durcheinander wird der Dämon von der hiesigen polizia kassiert, und wir landen alle in Untersuchungshaft.«
    »Auch nicht gut. Also lehnen wir uns einfach zurück und schauen zu.«
    »Butler und ich schauen zu. Sie schleichen sich rüber und zeichnen so viel davon auf wie möglich. Und wenn diese Leute verschwinden, folgen Sie ihnen.«
    Holly aktivierte die Flügel. Sie glitten aus ihrem Rucksack und sprühten blaue Funken, als der Flugcomputer sie mit Strom versorgte. »Wie viel Zeit habe ich?«, fragte sie, während sie aus dem sichtbaren Spektrum vibrierte.
    Artemis sah auf den Countdown an seiner Armbanduhr. »Wenn Sie sich beeilen, gar keine.«
     
    * * *
     
    Holly legte einen Blitzstart Richtung Zuschauerraum hin, gesteuert über den Joystick, der in den Daumen ihres Handschuhs eingebaut war. Unsichtbar schoss sie über das Publikum hinweg. Dank ihres Helmfilters konnte sie die drei Personen in der Loge neben der Bühne klar und deutlich erkennen.
    Artemis irrte sich bestimmt. Es war noch Zeit genug, das Ganze zu verhindern. Sie musste nur dafür sorgen, dass der Schütze sein Ziel verfehlte. Dann würde der

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