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Die Verlorene Kolonie

Die Verlorene Kolonie

Titel: Die Verlorene Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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verkneifen. »Es war also reiner Zufall. Der große Artemis Fowl übertrumpft den ausgefuchsten Foaly durch einen dummen Zufall.«
    »Ich würde es eher einen intelligenten Zufall nennen«, sagte Artemis pikiert. »Aber lassen wir das. Ich habe das Ganze noch mal mit den neuen Zahlen durchgerechnet, und wenn das Ergebnis stimmt, sind die daraus resultierenden Folgen katastrophal für das Erdvolk.«
    »Dann leg mal los. Bitte möglichst kurz und mit schlichten Worten. Du glaubst ja nicht, wie viel Fachchinesisch ich mir heute schon anhören musste.«
    »Das ist eine ernste Sache, Holly«, sagte Artemis aufgebracht. Die Zuschauer um ihn herum reagierten mit verärgertem Zischen.
    »Das ist eine ernste Sache«, wiederholte er im Flüsterton.
    »Warum?«, fragte Holly. »Du brauchst doch Foaly nur deine neuen Zahlen mitzuteilen, und er regelt den Rest mit seinen Lichtableitungsprojektoren.«
    »Nicht ganz«, sagte Artemis und lehnte sich in seinem Sitz zurück. »Wenn innerhalb der nächsten vier Minuten tatsächlich ein Dämon dort auf der Bühne erscheint, wird es bald nicht mehr genügend Projektoren geben, um alles abzudecken. Wenn ich recht habe und der Zeitbann nachlässt, dann wird Hybras mitsamt seinen Bewohnern demnächst in diese Dimension zurückgesogen. Die meisten Dämonen werden es nicht überleben, aber die, die es schaffen, könnten jederzeit und überall auftauchen.«
    Holly schaute zur Bühne hinüber. Dort stand eine Frau mit rabenschwarzem Haar und sang grotesk hohe Töne über einen grotesk langen Zeitraum. Holly fragte sich, ob die Frau es überhaupt bemerken würde, wenn ein Dämon für ein oder zwei Sekunden aus dem Nichts auftauchte. Eigentlich war für diesen Tag keine Erscheinung angekündigt. Trat sie dennoch ein, bedeutete dies, dass Artemis mal wieder recht hatte und jede Menge weitere Dämonen auf dem Weg hierher waren. Und wenn das geschah, hatten er und Holly erneut alle Hände voll zu tun, um das Erdvolk zu retten.
    Holly warf Artemis, der die Bühne durch ein Opernglas betrachtete, einen verstohlenen Blick zu. Sie würde es ihm natürlich niemals sagen, aber wenn schon ein Menschenwesen dazu nötig war, das Erdvolk zu retten, dann war Artemis der richtige Mann - besser gesagt der richtige Junge - dafür.
     
     
    Insel Hybras, Zeitmeer.
     
    Mühsam erklomm Nr. 1 den felsigen Hang, der zum Krater führte. Auf seinem Weg begegneten ihm mehrere Dämonen, doch keiner versuchte, ihn von seinem Vorhaben abzubringen. Hadley Shrivelington Basset hatte sich sogar erboten, ihm die Wegbeschreibung in ein Rindenstück zu ritzen. Wenn Nr. 1 tatsächlich den großen Sprung in die andere Dimension wagte, würde ihn wahrscheinlich keiner groß vermissen. Außer der Dämonin mit den roten Runen, die ihm immer zulächelte. Die würde ihn vielleicht ein klitzekleines bisschen vermissen. Nr. 1 blieb wie vom Blitz getroffen stehen, als ihm aufging, dass er mit dem einzigen Dämon, dem es etwas ausmachen würde, wenn er verschwand, noch nie ein Wort gesprochen hatte.
    Er stöhnte laut auf. Wie deprimierend!
    Nr. 1 stapfte weiter, vorbei am letzten Warnschild, das in gewohnt dämonischer Feinfühligkeit einen aufgespießten, blutverschmierten Wolfsschädel zeigte.
    »Was soll das eigentlich bedeuten?«, brummte Nr. 1, als er an dem Schild vorbeikam. »Ein aufgespießter Wolfsschädel. Heute Abend großes Wolfs-Barbecue. Jeder bringt seinen eigenen Wolf mit.«
    Barbecue. Noch so ein Wort von Lady Heatherington Smythe.
    Nr. 1 setzte sich auf den Rand des Hangs und rutschte mit dem Hintern hin und her, um sich eine Vertiefung für seinen Schwanz zu buddeln. Schließlich konnte man es sich genauso gut bequem machen, bevor man hundert Meter tief in einen rauchenden Vulkan sprang. Und wenn er nicht in das alte Land gesogen wurde, würde er nicht mal dort in der Lava verglühen. Nein, wahrscheinlicher war, dass er an den Felsen zerschellte. Was für eine aufmunternde Vorstellung.
    Von seinem Rastplatz konnte Nr. 1 die zerklüftete Öffnung des Kraters und die Rauchfahnen sehen, die rhythmisch wie der Atem eines schlafenden Riesen gen Himmel stiegen. Unter dem Zeitbann verlief alles so, als wäre Hybras noch an den Rest der Welt angeschlossen, nur in einem anderen Tempo. Deshalb blubberte der Vulkan immer noch und stieß ab und zu eine schmale Magmasäule aus, obwohl sich keine Erdkugel mehr darunter befand.
    Wenn Nr. 1 ehrlich war, ließ seine Entschlossenheit spürbar nach. Die Vorstellung, in einen

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