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Die Verlorene Kolonie

Die Verlorene Kolonie

Titel: Die Verlorene Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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gerne einsetzten.
    Ha , dachte Artemis, und es kribbelte ihm vor Erregung in den Fingerspitzen. Da kommt etwas. Ein neues Spiel beginnt.
    Das »Etwas« begann sich in einem bläulichen Funkenregen abzuzeichnen. Es nahm eine entfernt menschenähnliche Gestalt an. Kleiner als das letzte Exemplar, aber definitiv ein Dämon und definitiv kein Scheinwerferreflex. Anfangs war die Gestalt substanzlos, geisterhaft, doch sie verdichtete sich schnell, wurde greifbarer.
    Jetzt , dachte Artemis. Verankert ihn und stellt ihn ruhig.
    Ein schmales Metallrohr lugte ihm gegenüber aus den Schatten. Ein leises Plopp ertönte, und aus der Rohröffnung schoss ein Pfeil. Artemis brauchte die Flugbahn nicht zu verfolgen. Er wusste, dass der Pfeil auf das Bein des Wesens gerichtet war. Das Bein war die beste Stelle. Ein gutes Ziel, aber nicht tödlich. Ein Pfeil mit silberner Spitze und einem Betäubungsmittel.
    Das Wesen versuchte jetzt zu kommunizieren und gestikulierte wild. Artemis hörte ein paar überraschte Japser aus dem Publikum, als Zuschauer die Gestalt in dem Funkenkreis bemerkten.
    Sehr gut. Ihr habt ihn verankert. Jetzt braucht ihr ein Ablenkungsmanöver. Irgendetwas Auffälliges, Lautes, aber Ungefährliches. Wenn jemand verletzt wird, gibt es eine Untersuchung.
    Artemis sah hinüber zu dem Dämon, der jetzt reglos im Schatten lag. Um ihn herum toste die Oper auf das Crescendo des vierten Akts zu. Die Sopranistin schmetterte ihr hysterisches Klagelied, und alle Augen im Theater waren auf sie gerichtet. Fast alle. Bei einer Oper gab es immer ein paar gelangweilte Zuschauer, vor allem gegen Ende der Vorstellung. Zuschauer, die den Blick müßig im Saal schweifen ließen, auf der Suche nach irgendetwas Interessantem. Und dieser Blick würde unweigerlich an dem kleinen Dämon unten rechts auf der Bühne hängen bleiben, sofern er nicht durch etwas anderes abgelenkt wurde. Wie aufs Stichwort löste sich ein Scheinwerfer aus seiner Halterung und segelte am Kabel durchs Bühnenbild. Der Aufprall war beides: auffällig und laut. Die Glühbirne explodierte, und Glassplitter rieselten auf Bühne und Orchestergraben. Der Glühfaden leuchtete in einem gleißenden Magnesiumfeuer auf, das vorübergehend jeden blendete, der hinsah. Und das war so ziemlich das gesamte Publikum.
    Panisch flohen die Musiker mitsamt ihren Instrumenten aus dem Orchestergraben. Bellinis Meisterwerk verhallte in einer Kakofonie aus jaulenden Geigen und umgeworfenen Pauken.
    Nicht übel , dachte Artemis. Die Halterung des Scheinwerfers und der Glühfaden waren manipuliert. Das Gepolter des Orchesters ist ein netter Nebeneffekt.
    Er verfolgte das alles aus dem Augenwinkel, ohne den Blick von dem kleinen Dämon abzuwenden, der in den Schatten hinter dem seitlichen Bühnenbild lag.
    Wenn ich an ihrer Stelle wäre , dachte der irische Teenager, würde ich Butler beauftragen, einen schwarzen Sack über den Kleinen zu werfen, ihn durch den Bühnenausgang rauszutragen und in einen Geländewagen zu verfrachten. Wir könnten auf der Fähre nach Reggio sein, bevor die Theatermannschaft auch nur die Glühbirne ausgewechselt hätte.
    Tatsächlich lief es ein wenig anders ab. Eine Falltür öffnete sich unter dem Dämon, und er verschwand mit einem hydraulischen Bühnenfahrstuhl.
    Artemis schüttelte bewundernd den Kopf. Fantastisch. Seine geheimnisvollen Gegner mussten sich in den Computer des Theaters eingehackt haben. Und als der Dämon auftauchte, hatten sie einfach den Befehl gegeben, die entsprechende Falltür zu öffnen. Zweifellos wartete unten jemand, um den schlafenden Dämon in ein bereitstehendes Auto zu schaffen.
    Artemis beugte sich über das Geländer und blickte hinunter in den Zuschauerraum. Das Licht ging an, die Leute rieben sich verwirrt die Augen und unterhielten sich in den gedämpften Tönen, die einem Schock folgten. Niemand sprach von Dämonen. Niemand zeigte auf die Bühne und schrie hysterisch. Er war soeben Zeuge der perfekten Ausführung eines perfekten Plans gewesen.
    Artemis sah hinüber zur anderen Bühnenseite. Die drei Gestalten in der Loge erhoben sich und gingen. Die Show war vorbei. Artemis erkannte sie: Es war das hübsche Mädchen aus Barcelona mit ihren beiden Begleitern. Der Dünne schien sich von seiner Beinverletzung erholt zu haben, er trug die Krücken jetzt unter dem Arm.
    Auf dem Gesicht des Mädchens lag ein selbstzufriedenes Lächeln, nicht unähnlich dem, das Artemis nach einer gelungenen Unternehmung zu zeigen pflegte.
    Es ist

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