Die Verlorene Kolonie
und wandte seine Aufmerksamkeit wieder der Arbeit zu.
Der Helm lag neben der Computertastatur, der Omnisensor war genau auf die Festplatte ausgerichtet.
Foaly visierte die Festplatte an und markierte sie mit einem dreifachen Blinzeln.
»Alle Dateien von diesem und sämtlichen weiteren angeschlossenen Computern herunterladen«, befahl der Zentaur, und der Helm begann sofort, die Informationen aus dem Apple Mac abzusaugen.
Ein paar Sekunden später war die animierte Flasche auf dem Bildschirm der V-Brille bis zum Rand gefüllt und rülpste. Datentransfer abgeschlossen. Jetzt konnten sie überprüfen, über welche Informationen diese Menschenwesen verfügten - und woher sie überhaupt so viel wussten. Da war natürlich noch das Problem der Sicherungskopien. Diese Leute konnten ihre Informationen auf CDs gebrannt, als E-Mails versendet oder irgendwo im Internet gespeichert haben.
Mithilfe der V-Tastatur öffnete Foaly einen der Dateiordner und schickte eine Datenbombe in den Computer der Oberirdischen. Der Virus würde sämtliche Rechner des Netzwerks ruinieren, aber vorher würde er noch alle Internetpfade verfolgen, auf denen diese Menschenwesen je recherchiert hatten - und die Seiten vernichten. Foaly wäre gerne subtiler vorgegangen und hätte nur die Seiten gelöscht, die mit den Unterirdischen zu tun hatten, aber bei dieser geheimnisvollen Bande wollte er lieber kein Risiko eingehen. Allein die Tatsache, dass sie so lange unbemerkt geblieben war, zeigte, dass man sie ernst nehmen musste.
Die Datenbombe war für das Computersystem der Menschen ein gefährlicher Virus. Sie würde wahrscheinlich Tausende von Seiten zerstören, einschließlich der von Google und Yahoo, aber soweit Foaly sehen konnte, blieb ihm keine andere Wahl.
Die Datenbombe tänzelte als rote, tanzende Flamme über Foalys Bildschirm, bevor sie mit einem hinterhältigen Lachen in den Datenstrom des Omnisensors eintauchte. Innerhalb von fünf Minuten wären die Festplatten der Paradizos rettungslos verschmort. Zusätzlich würde die Bombe auf sämtliche Speichermedien innerhalb der Reichweite des Sensors übergreifen, die die Signatur des Netzwerks trugen. Dadurch würde sich jede Datei, die auf einer CD oder einem Flashdrive gespeichert war, auflösen, sobald jemand versuchte, sie zu laden. Der Virus war ein echter Knaller, und weder Firewalls noch Antivirenprogramme konnten etwas dagegen ausrichten.
Aus den zwei Gellautsprechern, die in Glasbehältern auf Foalys Schreibtisch standen, ertönte auf einmal Artemis' Stimme.
»In dem Büro befindet sich ein Wandsafe, in dem Minerva ihre Notizen aufbewahrt. Sie müssen alles, was darin liegt, verbrennen.«
»Wandsafe«, wiederholte Foaly. »Schauen wir doch mal.«
Der Zentaur tastete den Raum mit einem Röntgenstrahl ab und entdeckte den Safe hinter einer Regalreihe. Wenn Zeit genug gewesen wäre, hätte er sich den Inhalt gerne genauer angesehen, aber er war schließlich abends zum Joggen verabredet. Er schickte einen konzentrierten, fadendünnen Laserstrahl ins Innere des Safes und verwandelte den Inhalt in ein Häufchen Asche. Hoffentlich hatte er nicht nur die Familienjuwelen verkohlt.
Da der Röntgenscan sonst nichts Interessantes zutage förderte, versetzte Foaly die Gelkügelchen in Bewegung, sodass Hollys Helm vom Tisch herunterfiel. Mit geradezu virtuoser Fingerfertigkeit aktivierte der Zentaur den Laser, noch während der Helm in der Luft war, und schnitt damit ein Loch in den unteren Teil der Bürotür. Mit zwei genau berechneten Sprüngen hüpfte der Helm durch das Loch und hinaus in den Flur.
Foaly grinste zufrieden. »Hat noch nicht mal das Holz berührt«, sagte er. Dann rief er einen Grundriss des Château Paradizo auf den Bildschirm und legte ein Gitternetz darüber. Auf dem Gitternetz blinkten zwei Punkte. Einer war der Helm und der andere Holly. Es war Zeit, dass die beiden wieder zusammenkamen.
Gedankenverloren sang Foaly die nächste Strophe des melancholischen Riverbend-Songs.
Wenn mein Kumpel sich ins Fäustchen lacht,
Wenn die Hose aus allen Nähten kracht,
Wenn der Stinkwurm in meinen Tunnel macht,
Dann denk ich an dich...
Oben auf der Erde zuckte Artemis zusammen, als das Lied durch sein kleines Handtelefon dröhnte. »Bitte, Foaly«, sagte er gequält. »Ich versuche auf der anderen Leitung zu verhandeln.«
Foaly wieherte überrascht. Er hatte Artemis ganz vergessen.
»Manche Leute haben eben keinen Riverbend im Blut«, sagte er und schaltete sein
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