Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Verlorene Kolonie

Die Verlorene Kolonie

Titel: Die Verlorene Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
Vom Netzwerk:
Order habe, dich nicht zu töten«, sagte Billy und zupfte seine Haarstacheln zurecht. »Aber ich tue oft Dinge, die ich nicht tun soll.«
    Holly beschloss, ein bisschen an seinem menschlichen Selbstbewusstsein zu kratzen. »Ja, das weiß ich, Billy - oder vielmehr Jonah. Du hast im Lauf der Jahre eine Menge schlimme Dinge getan.«
    Kong wich einen Schritt zurück. »Du kennst mich?«
    »Wir wissen alles über dich, Billy. Wir beobachten dich seit Jahren.« Das war natürlich nicht ganz korrekt. Holly wusste nur das, was Foaly ihr gesagt hatte. Und wenn ihr Billys dämonische Vorgeschichte bekannt gewesen wäre, hätte sie vielleicht eine andere Taktik gewählt.
    Für Billy Kong war diese schlichte Aussage die Bestätigung all dessen, was Eric ihm erzählt hatte. Schlagartig brach das mühsam aufrechterhaltene Fundament, brach alles, was er glaubte und wovon er überzeugt war, in sich zusammen.
    Es war die Wahrheit. Eric hatte nicht gelogen. Es gab Dämonen auf der Erde, und sein Bruder hatte versucht, ihn zu beschützen, und dafür mit seinem Leben bezahlt.
    »Erinnerst du dich an meinen Bruder?«, fragte er mit zitternder Stimme.
    Holly nahm an, dass es sich um einen Test handelte. Foaly hatte in der Tat von einem Bruder gesprochen.
    »Ja, natürlich. Derek, nicht wahr?«
    Kong zog ein Messer aus der Brusttasche und packte es so fest, dass die Knöchel weiß hervortraten. »Eric!«, brüllte er. »Er hieß Eric! Erinnerst du dich auch noch, was mit ihm passiert ist?«
    Holly wurde nervös. Dieser Oberirdische war labil. Sie brauchte nur eine Sekunde, um sich von diesen Fesseln zu befreien, aber hatte sie diese eine Sekunde noch? Artemis hatte sie gebeten, so lange wie möglich gefesselt zu bleiben, aber Billy Kongs Blick verriet, dass das ein tödlicher Fehler sein konnte.
    »Erinnerst du dich, was mit ihm passiert ist?«, wiederholte Kong die Frage und schwenkte dabei das Messer wie einen Dirigentenstock.
    »Ja, ich erinnere mich«, sagte Holly. »Er ist gestorben. Gewaltsam.«
    Kong war wie vom Blitz getroffen. In seinem Kopf wirbelte alles durcheinander. Er lief im Raum umher und redete mit sich selbst, was Holly nicht gerade ermutigte.
    »Es stimmt also. Eric hat mich nie belogen! Mein Bruder hat mich geliebt. Er hat mich geliebt, und sie haben ihn mir weggenommen!«
    Holly nutzte die Gelegenheit, um sich von den Plastikfesseln an den Handgelenken zu befreien. Dazu wandte sie einen alten ZUP-Trick an, den Commander Vinyáya ihr damals in der Akademie verraten hatte. Sie rieb die Handgelenke an den rauen Kanten, bis die Haut wund war. Als ihr die heilenden Magiefunken aus den Fingerspitzen sprangen, lenkte sie ein paar davon ab, bis das Plastik so weit geschmolzen war, dass sie sich mit einem Ruck losmachen konnte.
    Als Kong sich Holly wieder zuwandte, waren ihre Hände frei. Sie ließ sich jedoch nichts anmerken.
    Kong kniete sich vor sie, sodass ihre Gesichter auf gleicher Höhe waren. Er blinzelte hektisch, und die Ader an seiner Schläfe pulsierte. Er sprach langsam, und in seiner Stimme lagen nur mühsam unterdrückte Raserei und Gewalt. Er hatte zu Taiwanesisch gewechselt, seiner Muttersprache.
    »Ich will, dass du dir die Haut vom Gesicht ziehst. Sofort.«
    Das, so dachte Kong, wäre der letzte Beweis. Wenn diese Dämonin das konnte, würde er ihr den Dolch ins Herz jagen, ganz egal, was die Folgen waren. »Ich kann nicht«, sagte Holly. »Meine Hände sind gefesselt. Warum ziehst du sie mir nicht ab? Wir haben jetzt neue Masken. Wegwerfmasken. Die gehen ganz leicht ab.«
    Kong hustete überrascht und hätte fast das Gleichgewicht verloren. Dann fing er sich und streckte zitternd die Hände aus. Seine Hände zitterten nicht vor Angst, sondern aus Wut und Kummer darüber, dass er je an seinem Bruder gezweifelt und die Erinnerung an ihn so schnöde entehrt hatte.
    »Oben am Haaransatz«, sagte Holly. »Einfach ziehen, es macht nichts, wenn du sie zerreißt.«
    Kong sah auf, direkt in Hollys Augen. Mehr brauchte sie nicht, um den magischen Blick einzusetzen. »Sind deine Arme nicht schwer?«, fragte sie mit melodischer, betörender Stimme.
    Kong runzelte unwillkürlich die Stirn, und in den Falten sammelte sich Schweiß. »Was? Meine Arme? Schwer wie Blei. Wie zwei Bleirohre. Ich kann sie kaum noch...«
    Holly verstärkte den Blick noch ein wenig. »Setz dich doch einfach hin. Entspann dich. Gönn dir die Ruhe.«
    Kong setzte sich auf den Beton. »Nur für einen Moment. Wir machen das noch mit der Haut. Vom

Weitere Kostenlose Bücher