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Die verlorenen Spuren: Roman (German Edition)

Die verlorenen Spuren: Roman (German Edition)

Titel: Die verlorenen Spuren: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Morton
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Sache bringen können. »Mrs. Jenkins, meine ich.«
    »Das ist etwas anderes.« Myra machte eine wegwerfende Handbewegung. »Vivien kennt er schon, seit sie ein kleines Kind war. Er ist für sie wie ein Großvater. Ich wette, Sie haben es ihr zu verdanken, dass er heute mit Ihnen gesprochen hat. Sie hat bestimmt ein gutes Wort für Sie eingelegt.« Dann schlug Myra wieder einen sachlichen Tonfall an. »Jedenfalls mag er Sie. Das ist wunderbar. Und jetzt – müssen Sie nicht für meine Morgenzeitung Fotos machen gehen?«
    Jimmy salutierte und schlug die Hacken zusammen, was ihr ein Lächeln entlockte, und verabschiedete sich.
    Jimmys Gedanken rasten, als er sich auf den Heimweg machte.
    Dolly hatte sich geirrt. Was auch immer sie herausgefunden hatte, sie hatte es falsch gedeutet. Vivien hatte keine Affäre mit Dr. Tomalin. Der alte Mann war für sie wie ein Großvater. Und Vivien – Jimmy schüttelte den Kopf, entsetzt über seine Mutmaßungen, seine schlechte Meinung von ihr – war überhaupt keine Ehebrecherin, sie war eine anständige Frau, die ihre Zeit opferte, um Waisenkindern, die alles verloren hatten, ein bisschen Glück zu schenken.
    Es war seltsam, dass sich alles, wovon er überzeugt gewesen war, als komplette Lüge entpuppt hatte, aber Jimmy fühlte sich wie beflügelt. Er konnte es kaum erwarten, Dolly davon zu be richten. Jetzt brauchten sie ihren Plan nicht mehr in die Tat um zusetzen. Vivien hatte sich keines Vergehens schuldig gemacht.
    »Außer dass sie gemein zu mir war«, entgegnete Dolly trocken, als er ihr das alles berichtete. »Aber das zählt wahrschein lich ja nicht mehr, wo ihr beiden jetzt doch so gute Freunde geworden seid.«
    »Hör auf, Dolly«, sagte Jimmy. »So ist es nicht. Hör zu …« Er langte über den Tisch hinweg und nahm ihre Hand. In einem leicht amüsierten Ton, der andeuten sollte, dass das Ganze doch eigentlich ein Scherz gewesen war und es jetzt an der Zeit war, damit aufzuhören, fuhr er fort: »Ich weiß, dass sie gemein zu dir war, und das nehme ich ihr sehr übel. Aber dieser Plan … wird nicht funktionieren. Sie ist keine Ehebrecherin – sie würde den Brief lesen und sich totlachen, wenn du ihn abschicken würdest. Sie würde ihn wahrscheinlich sogar ihrem Mann zeigen, und sie würden sich beide totlachen.«
    »Nein, sie wird nicht darüber lachen.« Dolly zog ihre Hände weg und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie stellte sich stur. Vielleicht war sie auch nur verzweifelt, manchmal war es schwer, das eine vom anderen zu unterscheiden. »Keine Frau will, dass ihr Mann sie verdächtigt, eine Affäre zu haben. Sie wird uns das Geld trotzdem geben.«
    Jimmy nahm eine Zigarette aus der Schachtel und musterte Dolly, während er sie anzündete. Früher hätte er versucht, sie zu besänftigen, früher hätte seine Bewunderung ihn blind gemacht für ihre Fehler. Aber jetzt sah alles anders aus. Ein Riss zog sich durch Jimmys Herz, ein haarfeiner Riss, der an dem Abend entstanden war, als Dolly ihn abgewiesen hatte und aus dem Restaurant gestürmt war. Der Riss war verheilt und vernarbt, aber als Narbe war er doch immer noch zu spüren. Jimmy liebte Dolly, das würde sich nie ändern, aber als er sie über den Tisch hinweg anschaute, musste er sich eingestehen, dass sie ihm in diesem Moment alles andere als liebenswert erschien.
    Vivien kam zurück. Sie war fast eine Woche krank gewesen, und als Jimmy die Tür öffnete und sie inmitten der plappernden Kinderschar erblickte, geschah etwas Unerwartetes. Er freute sich, sie zu sehen. Nicht nur das; die Welt erschien ihm plötzlich strahlender als noch vor wenigen Augenblicken.
    Er blieb wie angewurzelt stehen. »Vivien Jenkins«, sagte er.
    Sie hob den Kopf, und ihre Blicke begegneten sich.
    Sie lächelte, und Jimmy erwiderte das Lächeln, und da wusste er, dass er in Schwierigkeiten steckte.

26
    New College Library, Oxford, 2011
    D ie Zwangspause, die man ihr auferlegt hatte, verbrachte Laurel damit, nervös im Garten des New College auf und ab zu gehen. Als die Türen der Bibliothek sich endlich wieder öffneten, rannte sie förmlich zurück ins Gebäude, als gälte es, ein Schnäppchen beim Schlussverkauf zu ergattern. Als Ben schließlich ebenfalls eintraf, saß sie bereits wieder an ihrem Platz und hatte sich das Tagebuch von 1941 vorgenommen.
    In den ersten zwei Monaten wurde Vivien kaum erwähnt, außer in kurzen Notizen über den Erhalt oder das Versenden eines Briefes oder in beiläufigen Anmerkungen wie

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