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Die Verlorenen von New York

Die Verlorenen von New York

Titel: Die Verlorenen von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Beth Pfeffer
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er.
    »Hab für Lebensmittel angestanden«, sagte Alex.
    »Stimmt, davon hab ich gehört«, sagte Kevin. »Eine Tüte pro Person, stimmt’s?«
    »Stimmt«, sagte Alex und ließ sich den Reis mit Bohnen schmecken.
    »Wie wär’s, wenn ich nächste Woche mal mitkomme?«, fragte Kevin. »Dann könntet ihr meine Tüte haben. Wir brauchen sie nicht.«
    »Bist du sicher?«, fragte Alex. »Man muss schon um kurz nach sechs dort sein und dann bestimmt vier Stunden in der Schlange stehen. Und gefährlich werden kann es auch. Krawalle. Schießereien. Das ist wirklich kein Spaß.«
    »Spaß wird doch vollkommen überbewertet«, meinte Kevin. »Hast du das noch nicht gemerkt?«
    Alex grinste. »Ich weiß nicht mal mehr, wie Spaß sich anfühlt«, antwortete er. »Von daher kann ich nicht viel dazu sagen. Aber für eine zusätzliche Tüte wären wir dir natürlich sehr dankbar.«
    »Dankbarkeit wird auch vollkommen überbewertet«, sagte Kevin. »Erinnerst du dich noch an gegrillte Käsesandwiches?«
    Alex nickte.
    »Gegrillte Käsesandwiches wurden noch nie überbewertet«, sagte Kevin. »Genauso wenig wie die Posterdoppelseite im Playboy . Aber das ist dann auch schon alles, und die Poster hab ich noch.«
    »Du musst ein glücklicher Mensch sein«, sagte Alex.
    »Ich bin, was ich bin«, sagte Kevin. »Immer noch der Alte, nur mit sehr viel mehr Zeit als früher.«
    »Ich danke dir«, sagte Alex, und wo er schon mal dabei war, bedankte er sich auch gleich noch bei Gott und Chris Flynn für das Geschenk dieser seltsamen Freundschaft.
    Samstag, 9 . Juli
    »Hand!«, sagte Alex und zeigte Julie seine Karten. »Damit schuldest du mir 3870 Dollar und 12 Cent.«
    »Ich hab keine Lust mehr«, sagte Julie. »Was passiert denn sonst so auf der Welt?«
    »Keine Ahnung«, sagte Alex. »Spielt doch eh keine Rolle.«
    »Von mir aus kannst du ruhig Radio hören«, sagte sie. »Wenn du die Kopfhörer aufsetzt, kann ich nichts verstehen.«
    Seit der Evakuierung von Queens hatte Alex das Radio nicht mehr eingeschaltet. Es interessierte ihn nicht mehr, was die Astronomen, der Präsident oder sonst wer zu sagen hatte. Ihn interessierte nur noch, wie er genügend Lebensmittel auftreiben konnte, um sich und Julie eine weitere Woche am Leben zu erhalten. »Ich höre kein Radio mehr«, sagte er. »Vielleicht brauchen wir die Batterien mal für irgendwas Wichtigeres.«
    »Zum Beispiel?«, fragte Julie.
    Darauf wusste Alex keine Antwort. »Wie wär’s mit einer Partie Schach?«, fragte er stattdessen. »Mit Bri habe ich das auch schon mal gespielt. Wenn du willst, bring ich es dir bei.«
    »Aber dann gewinnst du doch ständig«, sagte Julie.
    »Ich opfere einen Turm«, sagte Alex. »Einen Turm, einen Läufer und ein paar Bauern, bis du den Bogen raushast.«
    »Und du wirst auch nicht sauer, wenn ich gewinne?«, fragte Julie.
    »Nein, natürlich nicht«, sagte Alex. Er wusste, dass er Julie hin und wieder gewinnen lassen musste, sonst würde sie die Lust verlieren. Aber Schach war eine gute Möglichkeit, die Zeit zwischen einer halben Dose Bohnen und einer halben Dose Mais totzuschlagen.

 
    ACHT
    Sonntag, 10 . Juli
    Sie entdeckten beide gleichzeitig den Mann, der zusammengekrümmt an der Ecke Columbus Avenue und 88 th Street lag.
    »Schläft der da?«, fragte Julie. »Sollen wir ihn wecken?«
    »Der ist bestimmt tot«, sagte Alex, bevor seine Schwester hinlaufen und nachsehen konnte. »Geh da nicht hin.«
    »Ist der hier auf der Straße gestorben?«, fragte Julie. »Aber woran? Und warum bringt ihn keiner weg?«
    »Keine Ahnung«, sagte Alex. »Und jetzt beeil dich, sonst kommen wir zu spät zur Messe.«
    Dienstag, 12 . Juli
    »Die Luft riecht heute so komisch«, sagte Julie, als sie an diesem Morgen zum Central Park liefen. »Und es sieht auch irgendwie anders aus.«
    »Ist doch nur bewölkt«, sagte Alex. Der Himmel hatte einen merkwürdigen Grauton angenommen. »Vielleicht gibt’s ein Gewitter. Was macht ihr eigentlich, wenn es regnet, während ihr im Garten seid?«
    »Keine Ahnung«, antwortete Julie. »Bisher hat es noch nie geregnet.«
    »Stell dich bloß nicht unter einen Baum«, sagte Alex und versuchte, sich an die Gewitter-Regeln aus seinen Sommerferienlagern zu erinnern.
    »Meinst du wirklich, es gibt Regen?«, fragte Julie. »Der Himmel ist zwar grau, aber bewölkt sieht er irgendwie nicht aus. Eher …« Sie suchte nach einem passenden Wort. »Eher tot«, sagte sie dann. »Als wäre die Sonne gestorben.«
    »Das kann nicht sein«, sagte

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