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Die Verlorenen von New York

Die Verlorenen von New York

Titel: Die Verlorenen von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Beth Pfeffer
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Das war mehr als einen Monat her.
    »Zeig mal«, sagte Julie, und er gab ihr die Karte. »Ob er inzwischen angekommen ist? Ist die andere auch von ihm?«
    Aber die andere Karte war vom Kloster und der Text lautete: »Angehörige von Briana Morales haben die Möglichkeit, sie am Donnerstag, dem 14 . Juli, um 16 Uhr telefonisch zu erreichen.«
    »Na toll«, sagte Alex. »Wir hätten Bri letzten Donnerstag anrufen sollen.«
    »Aber die Karte ist doch erst heute gekommen«, sagte Julie.
    »Was du nicht sagst«, blaffte er. »Komm, wir gehen rein und versuchen es einfach.«
    Sie stiegen die Stufen hinunter und traten in die Wohnung. Drinnen war es kalt; nicht klirrend kalt, aber feucht und ungemütlich. Seit mehr als einer Woche schien die Sonne nicht mehr, und Julie machte sich Sorgen um ihr Gemüse.
    Alex ging zum Telefon und stellte erfreut fest, dass ein Freizeichen zu hören war. Heute war zwar nicht Donnerstag, der 14 . Juli, aber immerhin war es kurz vor 16 Uhr. Er wählte die Nummer.
    »Notburga Farm.«
    »Hier ist Alex Morales«, sagte er. »Meine Schwester Briana wohnt bei Ihnen. Ich habe gerade eben eine Postkarte erhalten, auf der steht, dass ich Briana letzten Donnerstag hätte anrufen können. Könnte ich wohl jetzt mit ihr sprechen?«
    »Tut mir leid«, sagte die Frau am anderen Ende. »Wenn dein Termin letzten Donnerstag war, hättest du eben letzten Donnerstag anrufen müssen. Du bekommst jetzt einen neuen Termin zugeschickt, an dem du mit deiner Schwester sprechen kannst.«
    »Nein«, entgegnete Alex scharf. »Das mach ich nicht mit. Sie haben uns diese Karte geschickt, obwohl Sie wussten, wie unzuverlässig die Zustellung ist. Ich bestehe darauf, mit meiner Schwester zu sprechen.«
    »Um diese Uhrzeit sind die Mädchen alle mit der Farmarbeit beschäftigt«, sagte die Frau. »Briana ist sicher gerade beim Stallausmisten. Deshalb haben wir ja diese Termine verschickt.«
    »Das ist mir vollkommen egal – und wenn Briana gerade den Stall für Jesu Geburt vorbereitet«, sagte Alex. »Holen Sie sie her.«
    Zu seiner Überraschung hörte er, wie die Frau tatsächlich sagte: »Guck mal, ob du Briana Morales findest, und bring sie her. Ihr Bruder ist am Telefon.«
    »Danke«, sagte Alex. »Ich bleib dran.«
    Julie starrte ihn an und hielt die Karte von Carlos immer noch fest umklammert. »Kommt sie ans Telefon?«, fragte sie.
    Alex nickte.
    Julie umarmte ihn. »Kann ich auch mit ihr sprechen?«, fragte sie. »Bitte.«
    »Na klar«, sagte Alex. »Aber wir haben bestimmt nicht viel Zeit, also mach’s kurz.«
    »Ich möchte ihr so gern von meinem Garten erzählen«, sagte Julie.
    »Ist gut, aber nicht in allen Einzelheiten«, sagte Alex.
    Es dauerte fast fünf Minuten, bis sich schließlich jemand meldete, aber das Warten hatte sich gelohnt. »Hallo?«
    »Bri? Hier ist Alex.«
    »Alex? Ist was passiert? Ist Mamá wieder zu Hause? Oder Papá?«
    »Nein«, sagte Alex. »Nur Julie und ich. Wir haben so lange nichts von dir gehört, und wir wollten dir zum Geburtstag gratulieren und hören, wie’s dir geht.«
    »Mir geht’s gut«, sagte sie. »Ich dachte nur … Schwester Marie hat sich so angehört, als wäre es furchtbar dringend, und ich bete doch immer darum, dass Mamá und Papá bald zurückkommen und ich dann auch wieder nach Hause kann; da ist mir das wohl so rausgerutscht.«
    »Aber warum?«, fragte Alex. »Fühlst du dich dort nicht wohl? Werdet ihr nicht gut behandelt?«
    »Doch, doch, Alex, sie sind alle sehr nett zu uns«, sagte Bri. »Und die Farm ist auch toll. Ich muss mich um die Schafe und Ziegen kümmern, das macht mir viel Spaß. Es gibt dreimal am Tag was zu essen. Und ich habe sogar einen Spitznamen bekommen. Alle nennen mich ›Bürsti‹, weil ich so viele Zahnbürsten dabeihatte. Aber ich hab trotzdem Heimweh. Die ganze Zeit. Wie geht’s Julie?«
    »Frag sie doch selbst«, sagte Alex. »Sie steht gleich neben mir.«
    »Bri!«, kreischte Julie. »Bist du das wirklich? Du fehlst mir so sehr. Ich muss ständig an dich denken. Alex sagt, ich soll’s kurz machen, aber ich wollte dir erzählen, dass ich jetzt im Central Park in einem großen Gemüsegarten arbeite. Alle Mädchen von unserer Schule machen das, und es wäre so schön, wenn du auch da wärst … Genau … Echt? Ziegen? Treten die nicht immer? Und Schafe auch? Und Frühstück? Wir frühstücken schon lange nicht mehr, aber Alex holt jede Woche Lebensmittel für uns und in der Schule gibt es ein Mittagessen, von daher geht’s noch.

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