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Die Verlorenen von New York

Die Verlorenen von New York

Titel: Die Verlorenen von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Beth Pfeffer
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Alex. »Wenn die Sonne stirbt, dann sterben wir auch. Alle, und zwar sofort.« Vor der Reinigung sah er eine weitere Leiche liegen, und noch eine lag vor dem Blumenladen ein paar Häuser weiter. Die Ratten knabberten schon an ihren Gesichtern. Er hätte Julie gern die Augen zugehalten, aber er wusste, dass er sie sowieso nicht für immer schützen konnte.
    »Meinst du, bei Bri ist es genauso wie hier?«, fragte Julie.
    Alex schüttelte den Kopf. »Bri ist auf dem Land«, sagte er. »Da ist alles schön grün. Warum fragst du? Willst du auch aufs Land?«
    »Ich will bei dir bleiben«, sagte Julie. »Mir ist alles egal, solange wir zusammen sind.«
    »Tja, ich geh jedenfalls nirgendwohin«, sagte Alex.
    »Ich auch nicht«, sagte Julie und hakte sich bei ihm unter. »Solange die Sonne noch lebt, ist alles in Ordnung.«
    Freitag, 15 . Juli
    »Wie findest du das mit den Vulkanen?«, fragte Kevin, während er mit Alex in der Warteschlange stand, auf halber Höhe der Amsterdam Avenue.
    »Was für Vulkane?«, fragte Alex, obwohl er die Antwort gar nicht hören wollte. Er verfluchte sich dafür, dass er Kevin die Gelegenheit gab, ihm von solchen Dingen zu erzählen.
    »Überall brechen Vulkane aus«, sagte Kevin. »Gibt Millionen von Toten.«
    War das alles? Alex bekreuzigte sich und sprach in Gedanken ein kurzes Gebet für die frisch verstorbenen Seelen. »Wie schrecklich«, murmelte er.
    Kevin grinste. »Das mag ich so an dir, Morales«, sagte er. »Dass du nie an dich selber denkst.«
    »Wieso?«, brummte Alex. »Haben sie etwa einen Vulkan im Central Park entdeckt?«
    »Wär durchaus möglich«, sagte Kevin. »Könntest du deinen Blick jetzt mal vom Reich Gottes ab- und der Upper West Side zuwenden? Schau gen Himmel und sieh die Asche.«
    »Der Himmel?«, fragte Alex. »Der ist grau. Na und?«
    »Und das wird er für den Rest unseres Lebens auch bleiben«, erwiderte Kevin. »Das vermutlich vorbei sein wird, bevor ich auch nur ein einziges Mal Sex hatte.«
    »Na, dann sprechen wir doch von Jahrzehnten«, sagte Alex. »Vielleicht bekommst du ja deine Chance, wenn du als letzter Mann auf Erden übrig bleibst.«
    »Bei meinem Glück ist die letzte Frau eine Nonne«, sagte Kevin. »Alt, fett und fromm.«
    Alex lachte. »Die Luft riecht wirklich komisch«, räumte er ein.
    »Das kommt von den Vulkanen«, sagte Kevin.
    »Quatsch«, sagte Alex. »Das kommt von den Krematorien. Die machen bestimmt schon Überstunden, bei den vielen Toten im Moment. Die verpesten hier die Luft.«
    »Na super«, sagte Kevin. »Dann atmen wir also gerade die Asche von Toten ein?«
    Alex überlegte, was ihm lieber wäre: die Asche von Toten oder die von Vulkanen. Er war für die von Toten. Dann wäre wenigstens Bri nicht davon betroffen.
    »Und du meinst wirklich, das ist wegen der Vulkane?«, fragte er und versuchte spöttisch zu klingen.
    »Das sagen jedenfalls alle«, antwortete Kevin. »Jetzt, wo der Mond viel näher an der Erde steht, ist auch seine Anziehungskraft größer und das Magma steigt leichter auf. Deshalb brechen jetzt auf der ganzen Erde die Vulkane aus, sogar solche, die als schlafend galten, und die Asche wird von den Luftströmungen überall hingetragen. Hierher, nach Asien, Europa, vielleicht sogar in die Antarktis.«
    »Okay«, sagte Alex. »Dann ist das also Vulkanasche. Und wann verschwindet die wieder?«
    »Nie«, sagte Kevin.
    In seiner Stimme schwang etwas mit, das Alex bei ihm noch nie gehört hatte. »Das ist nicht dein Ernst, oder?«, fragte er. »Du meinst, dass wir das Zeug jetzt die nächsten paar Wochen am Hals haben, oder? Na super. Dann sind meine Hemden also demnächst alle grau. Pater Mulrooney wird begeistert sein.«
    »Ich erzähl dir nur, was mein Vater gesagt hat«, antwortete Kevin. »Überall auf der Welt brechen die Vulkane aus und die Aschewolken lassen kein Sonnenlicht mehr durch. Wenn es früher einen größeren Vulkanausbruch gab, dann blieb die Asche vielleicht ein paar Monate lang am Himmel. Aber bei so vielen Vulkanen wird es vermutlich Jahre dauern, bis die Sonne wieder durchkommt. Wenn überhaupt.«
    »Jahrelang keine Sonne mehr?«, fragte Alex.
    »Jahrelang«, sagte Kevin. »Aber wenn du mich fragst, sind wir bis dahin sowieso alle schon tot. Mein Vater sagt, dass es schon bald richtig kalt werden wird. Dann wächst nichts mehr auf den Feldern und alle müssen hungern. Vielleicht nicht gleich nächste Woche, aber in absehbarer Zeit.«
    »Das kann nicht sein«, sagte Alex. »Das würde Gott niemals

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