Die Vermessung der Frau
in einer auf »Jungfleisch« getrimmten Gesellschaft, die sowohl kulturell, ökonomisch, politisch und in punkto Macht streng entlang der Geschlechtergrenze verläuft, schmerzhaft sind, ist leicht erkennbar. Charisma, Ausstrahlung, Würde sowie ein schönes Alter sind in einem Wertesystem, das nur den banalen Lookism belohnt, nicht so einfach zu leben. So ist die Somatisierung der Wechseljahre wohl kein Zufall.
Der menschliche Körper ist immer mehr, als uns die Hormontheologen einflüstern. Wenn jemand käme und behaupten würde, das Klavier spiele die Musik und nur es allein, würden wir laut lachen. Sind wir indessen im Alterungsprozess und leiden darunter, bleibt uns das Lachen im Hals stecken.
Nehmen wir das Bild des Klaviers und übersetzen es auf die DNA, so, wie dies der Professor Joachim Bauer in seinem Buch »Das Gedächtnis des Körpers« tut. Die DNA ist wie das Klavier. Zum Klingen bringen die DNA die Beziehungen und die Lebensstile. Joachim Bauer zeigt eine Welt, die viel komplexer ist, als die reduktionistischen Biotheologen sie wahrhaben wollen. Es ist bekannt, dass Beziehungen und Umweltbedingungen die DNA verändern. Schon 20 Minuten Joggen täglich verändert die Genstruktur. Also: Der Mensch ist eben auch ein Beziehungswesen. Der Hirnchirurg Antonio Damasio schließt aus seinen jahrzehntelangen Untersuchungen sogar: Ich fühle, also bin ich.
Die medienpräsente Menopause-Diskussion fällt mit Machtzuwachs der Frauen in den westlichen Industriestaaten zusammen. Sie korrespondiert »zufälligerweise« mit der Neu-Altdefinition des Menschen als vorwiegend biologischem Apparat. Ich denke, dass die Diskriminierung älterer Menschen, insbesondere älterer Frauen, System hat. Doch hier könnten Psychologinnen mehr Auskunft geben als ich, deshalb lasse ich den Befund so stehen.
Wenn Medien, Wissenschaft und Kultur Frauen ausschließlich via Geschlechtsfunktionen – und nicht als Lebewesen – betrachten, wird die Menopause zur einzig gültigen Referenz. Älteren Frauen wird zudem mit »unfruchtbar« gerne auch die Sexualität abgesprochen ... weil die weibliche Sexualität reifer Frauen Männer eventuell überfordert. Vor allem die älteren Männer.
Auffällig ist auch, wie Evolutionsbiologen gerne in die Tierwelt schauen, um Weibchen zu diskriminieren, respektive die Männchen
zu überhöhen. Nur in einem Fall bleiben sie erstaunlich ruhig ... Richtig – bei der fehlenden Menopause von Schimpansinnen. Normalerweise werden die Menschenaffen eins zu eins auf den Menschen übertragen, doch nicht so bei der Menopause. Schimpansinnen kennen keine. Punkt. Fertig. Schluss. Schimpansinnen sind, je älter, desto heißer begehrt unter jungen Schimpansenmännchen. Schimpansinnen haben bis zu ihrem Tod im hohen Alter regelmäßig Verkehr mit jungen Schimpansenmännchen. Schimpansinnen bleiben fruchtbar bis zum Tod.
Die Welt ist das, was die Wissenschaft beschreibt. Am Beispiel der Schimpansinnen sehen wir, dass die Wissenschaft eine Welt beschreibt, wie sie der Wissenschaft passen soll. Hier gilt es immer wieder, vorsichtig zu sein, denn hätten Sie gedacht, dass selbst Chromosomen ideologisch motiviert sind?
Tatsächlich: Der Naturwissenschaftler Matt Ridley beschreibt in seinem Buch »Alphabet des Lebens« die Entdeckung der 23 Chromosomenpaare einer menschlichen Zelle. Diese machen ja bekanntlich das humane Genom aus. Nun werden 22 dieser Chromosomenpaare von der Wissenschaft einfach und logisch mit Zahlen gekennzeichnet.
Dabei entscheidet die Größe über die Nummer.
Das größte Chromosom bekommt die kleinste Zahl, das kleinste die größte Zahl.
Nun wären die beiden geschlechtsbestimmenden Chromosomen irgendwo zwischen Nr. 8 und Nr. 9 (weiblich) und an die letzte Stelle 23 (männlich) zu stehen gekommen. Das männliche Chromosom ist nämlich ein Winzling. Und jetzt halten Sie sich. »Size matters« (Auf die Größe kommt es an!) Da offenbar Männer – entgegen jeglicher menschlichen Vernunft – auf Quantität fixiert sind, versteckten sie das kümmerliche Chromosom sofort mit Buchstaben statt mit Zahl.
Zur Erinnerung: Es ging um Chromosomen! Um kleinste materielle Teile des Menschen! Doch die Naturwissenschaftler brachten es selbst in dieser lächerlichen Angelegenheit nicht
über sich, den Frauen Größe zuzugestehen. Die kleine Nummer XY sieht deshalb als Buchstabe genau gleich groß wie das beeindruckende Riesenpaar XX aus.
Dieses Beispiel ist der schlagender Beweis dafür, dass sich
Weitere Kostenlose Bücher