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Die Vermessung der Frau

Die Vermessung der Frau

Titel: Die Vermessung der Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regula Stämpfli
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skoptische Ökonomie bedeutet für sie wiederum eine Zuweisung zur Passivität: sie wird das schöne Objekt zum Anschauen sein. Wenn ihr Körper sich auf diese Weise erotisiert findet und solliziert zu einer doppelten Bewegung der Zur-Schau-Stellung und des keuschen Rückzuges (...) so repräsentiert ihr Geschlecht den Schrecken davor, nichts zu sehen.« Irigaray, S. 25. Die Philosophin Lisa Schmuckli schließt daraus, dass Mädchen sich nur noch durchs Sehen erregen lassen, wenn sie ihre Selbsterforschung aufgeben müssen. Mädchen und Frauen können sich nicht selber sehen, sondern müssen ihr Begehren durch das Gesehen-werden wecken.
12) »fragt den Spiegel«: Die Königin stellt die falsche Frage. Sie ist der weibliche Descartes, der alles in Zweifel zieht und nur noch in Vergleichen lebt. Die kartesianische Wende hat ein absurdes Spiel mit Lüge und Wahrheit gebracht. Wahr ist die Lüge und die Wahrheit wird als Lüge deklariert. Ist Iris Berben 60 Jahre alt? Was bedeutet das? Iris Berben ist in der Gegenwart. Nicht die Zahlen, sondern ihre Erfahrungen prägen Iris Berben.
13) »Jäger«: Die Königin beauftragt einen Jäger, ihre imaginierte Widersacherin zu ermorden. Sie unterwirft sich dem Diktum des Spiegels so wie Frauen einer Religion. So werden Frauen zu Verräterinnen ihres eigenen Geschlechts. Sie werden Mörderinnen ihres eigenen Geschlechts. Phyllis Chesler erzählt in ihrem Werk »Women’s Inhumanity to Women« furchtbare und eindrückliche Geschichten. Wer behauptet, Frauen seien das bessere Geschlecht, zielt auf Legitimation innerhalb einer falschen Ideologie.

14) »Schneewittchen ist tausendmal schöner als Ihr«: Hat mal Eine gefragt, ob Schneewittchen überhaupt die Schönste sein wollte? Ich glaube nicht. Ihr war das völlig egal.
15) »Vergifteter Apfel«: Frauenmorde gibt es seit es patriarchale Herrschaftssysteme gibt. Männer verlieren vielleicht ihren Stolz, ihren Ruf, aber nur selten ihr Leben. Frauen sind im 21. Jahrhundert systematischer Vernichtung freigegeben. Mara Hvistendahl beschreibt in »Unnatural Selection« die ökonomische, politische und religionsbedingte, millionenfache Abtreibung von Mädchen. Die Ausrottung weiblicher Föten weltweit ist jedoch medial weniger ein Thema als die Suche nach der neusten Miss Universe. In keinem Land dieser Welt gibt es für männliche Föten vergleichbare Vernichtungsstrategien. Doch in solche Fragen werden keine Forschungsmilliarden gesteckt.
16) »Spiegel-Bild«: Der Kulturphilosoph Hans Belting meint dazu: »Es ist also heute die Frage, ob sich der Körper jeder Analogie im Bild entzieht oder ob er gegen Bilder eingetauscht wird, in denen er sich verleugnen kann. Beides läuft darauf hinaus, dass zwischen Körper und Bild eine Krise eingetreten ist, eine Krise der Referenz. Die Krise kann sich darin zeigen, dass es keine akzeptierten Bilder mehr gibt, oder darin, dass da nur noch Bilder sind, welche die Realität der Körper unserem Blick entziehen und sie im Bild auflösen.« Hans Belting, Bild-Anthropologie, S. 108.
17) »Frauen sind Körper, Männer Experten«: 2011 habe ich im Auftrag der schweizerischen Frauenverbände die Situation der Frauen in der Schweizer Politik untersucht. Folgende Befunde sind hier relevant: Es gibt drei strukturelle Hürden, die Frauen auf dem Weg zur Macht behindern: Zunächst wäre die Mobilisierung zu nennen, d.h. Frauen werden bei politischen Themen ständig marginalisiert. Dann die Nomination durch die Parteien – auch hier werden Frauen kaum berücksichtigt und schließlich die letzte, wichtigste Hürde, die eigentliche Wahl, die vom Spiegel, d.h. von den gesellschaftlichen Vorannahmen erschwert wird. Bezüglich Mediendemokratie hält die Studie fest: »Die Medien stellen Politik zunehmend nach den Regeln von Unterhaltung und Show dar. Statt politischer Argumente dominiert das körperliche Erscheinungsbild von Politikerinnen. So treten Fakten und sachliche Diskussionen hinter private Meinungen und Emotionen zurück. Auch die wissenschaftlichen Befunde aus den Politik- und Sozialwissenschaften gehorchen den Gesetzen der Massenmedien (Schlagzeilen, Einschaltquoten). Damit verfälscht und verkürzt sich die mediale Berichterstattung zur Wahl von Frauen, indem Klischees in den Vordergrund treten. So wird der unwissenschaftliche Befund, dass Frauen sich nicht für Politik interessieren würden als gängige Lehre der
forschenden Politikwissenschaftler etabliert. Die Medien verstärken diese Tendenz, indem

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