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Die Vermessung des Körpers

Die Vermessung des Körpers

Titel: Die Vermessung des Körpers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Clegg
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geladenen Teilchen namens Protonen, die etwa 99,9 Prozent der Masse eines Atoms ausmachten. Für jedes Proton umkreiste ein Elektron die Außenseite, um die elektrische Ladung auszugleichen. Dadurch blieb das Atom neutral.
    Doch selbst dieses neue, detaillierte Bild war noch nicht genug. Im Jahr 1932 wurde im Atomkern ein weiteres Teilchen entdeckt – das Neutron. Es besaß eine ähnliche Masse wie das Proton, aber keine Ladung, und es half bei der Lösung eines Rätsels. Es existieren nämlich verschiedene Varianten desselben Elements, genannt Isotope. Sie weisen dasselbe chemische Verhalten auf, doch die Atome haben ein unterschiedliches Gewicht. Das Neutron bietet eine Erklärung hierfür. Die Anzahl geladener Teilchen entscheidet darüber, welches Element man vor sich hat und wie es chemisch reagiert. Verschiedene Atome desselben Elements können jedoch unterschiedliche Anzahlen von Neutronen im Kern besitzen, was zu Gewichtsunterschieden führt.
Kein Miniatursonnensystem
    Das gerade beschriebene Bild ist noch immer die am weitesten verbreitete Vorstellung davon, was eines dieser Atome, aus denen unser Körper besteht, »tatsächlich« ist. Doch die Wissenschaft hat seit 1932 Fortschritte gemacht. Heute weiß man, dass Elektronen den Atomkern nicht umkreisen wie in einem Sonnensystem – das Sonnensystemmodell funktioniert einfach nicht. Wenn es zuträfe, hätten wir Probleme: Wenn ein geladenes Teilchen beschleunigt wird, gibt es Energie ab, und zwar in Form von Licht. Und das Umkreisen des Atomkerns wäre eine Form der Beschleunigung, denn im physikalischen Sinne ist Beschleunigung im Gegensatz zum allgemeinen Sprachgebrauch nicht als Geschwindigkeitssteigerung definiert, sondern vielmehr als Änderung des Geschwindigkeitsvektors.
    Geschwindigkeit ist nur eine Zahl, etwa »50 Kilometer in der Stunde«. Der Geschwindigkeitsvektor aber ist mehr, nämlich Geschwindigkeit und Richtung, zum Beispiel: »50 Stundenkilometer,Richtung Norden«. Alles, was sich bewegt, beschleunigt im physikalischen Sinne, wenn sich ein Teil des Geschwindigkeitsvektors ändert. Wenn sich ein Teilchen also konstant mit 50 Stundenkilometern weiterbewegt, seine Richtung jedoch von Nord nach Ost ändert, dann beschleunigt es. Wenn man sich die Elektronen als winzige Planeten vorstellt, die wie in einem Sonnensystem um den Atomkern sausen, dann ändern sie dabei andauernd ihre Richtung, beschleunigen also konstant. Das aber würde bedeuten, dass sie innerhalb von Sekundenbruchteilen aufleuchteten, dadurch ihre Energie verlören und in den Atomkern abstürzten. Jedes Atom im gesamten Universum würde sich auf der Stelle selbst zerstören.
Wir machen einen Quantensprung
    Den Grund dafür, dass nicht alles in einem großen Lichtblitz verschwindet, liefert die Quantentheorie, die Wissenschaft des ganz Kleinen. Sie besagt, dass die vertraute Vorstellung von Elektronen als kleine Teilchen, die in einem Orbit herumschwirren, falsch ist. Ein Elektron ist zu keinem Zeitpunkt an einem bestimmten Ort. Vielmehr befindet es sich gleichzeitig an vielen Stellen im Atom, und zwar mit jeweils unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit. Nur wenn man es beobachtet, scheint es an einem einzigen Ort zu verharren. Man stellt sich die Elektronen also besser als unscharfe Wahrscheinlichkeitswölkchen auf der Außenseite des Atoms vor. Das ist nicht nur schwer zu verstehen, sondern noch viel schwerer grafisch umzusetzen, sodass das alte Sonnensystembild immer noch in vielen Lehrbüchern zu finden ist.
    Die Elektronen, die dieses »Gewirr« auf der Außenseite der Atome verursachen, können nur mit spezifischen Energieleveln existieren. Es ist, als liefen sie auf Schienen. Wenn man ihnen einen bestimmten Energieschub verpasst, springen sie auf die nächste Schiene. Man kann ihnen jedoch keine mittlere Energiemenge zuführen; sie können nicht zwischen den Schienen landen. Diese »fixen Energiepakete« nennt man Quanten, von denen sich auch der Begriff der »Quantentheorie« ableitet.
    Der Begriff »Quantensprung« indes wird in der Umgangssprache äußerst inakkurat verwendet. Ein Quantensprung ist der eben beschriebene Sprung von einer Schiene zur anderen, also die kleinstmögliche energetische Veränderung eines Elektrons. Daher ist es ziemlich skurril, dass man im allgemeinen Sprachgebrauch darunter eine bedeutende Veränderung versteht.
    Die Energie, um ein Elektron auf eine höhere Ebene zu befördern (die Schienen-Analogie stammt von mir selbst und ist nicht

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