Die Vermessung des Körpers
Plasma im physikalischen Sinne ist der vierte Aggregatzustand, der nach dem Gas kommt. (Tatsächlich wird der Begriff ohnehin falsch verwendet, da »Plasma« ursprünglich etwas Geformtes oder Modelliertes bezeichnete und beide Plasmentypen formlos sind.)
Wie schlecht es um das Verständnis von Plasma steht, zeigt mein Lexikon, in dem es als »Gas aus Ionen statt aus Atomen oder Molekülen« erklärt wird. Vergessen wir diese Ionen für den Moment und stellen wir fest, dass der Verfasser des Lexikonartikels recht unscharf gedacht hat. Plasma so zu definieren ist, als bezeichnete man eine Flüssigkeit als »sehr dichtes Gas mit fließenden Eigenschaften«. Ein Plasma ist auf jeden Fall mehr wie ein Gas denn wie eine Flüssigkeit, so wie ein Gas mehr einer Flüssigkeit denn einem festen Stoff ähnelt. Dennoch ist es noch mehr – ein anderer Aggregatzustand. Ich sagte, dass Plasmen klarer erkennbar als Gase seien, weil sie in der Regel gut sichtbar sind. Die Sonne ist ein riesiger Feuerball aus Plasma. Jede Flamme enthält etwas Plasma, wenngleich die Flammen, mit denen wir es normalerweise zu tun haben, in Plasma-Begriffen ziemlich kühl sind, da sie in der Regel aus einer Plasma-Gas-Mischung bestehen. So wie eine Flüssigkeit zu Gas wird, wenn man sie über einen bestimmten Punkt hinaus erhitzt, so wird ein Gas zu Plasma, wenn man es nur heiß genug macht.
Wenn das Gas immer heißer wird, erhalten die Elektronen um die Atome im Gas mehr und mehr Energie. Schließlich haben sie genug Energie, um davonzufliegen, und lassen das Atom zurück. Die meisten Atome neigen von Natur aus dazu, entweder Elektronen zu verlieren oder sich welche einzuverleiben. Atome, die leicht Elektronen verlieren, enden als positiv geladene Ionen. Atome, die leicht Elektronen aufnehmen, saugen die von den positiven Ionen übriggebliebenen auf und werden schließlich zu negativ geladenen Ionen. Ionen sind nichts weiter als geladene Atome, die entweder zu viele oder zu wenige Elektronen besitzen. Eine Substanz, die so weit erhitzt wird, dass ihre Atome zu Ionen werden, ist ein Plasma.
Wenn man das Universum als Ganzes betrachtet, sind Plasmen nichts Besonderes. Schließlich sind Sterne ziemlich große Objekte. Es wird angenommen, dass bis zu 99 Prozent aller feststellbaren Materie im Universum Plasma ist. Das liegt zum Teil daran, dass Plasmen glühen, also leichter zu erkennen sind. Obgleich Plasmen gasähnlich sind, weil sie keine besondere Dichte aufweisen, unterscheiden sie sich doch stark von Gasen. Zum Beispiel sind Gase recht gute Isolatoren, wohingegen Plasmen ausgezeichnete Leiter sind.
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Experiment – Der Aggregatzustand von Vanillesoße
Wenn wir uns vorstellen, wie Materie ihren Zustand wechselt, dann meist als Ergebnis einer Temperaturänderung. Man kühle Wasser herunter, und es wird zu Eis. Man erhitze ein Stück Metall, und es schmilzt, verflüssigt sich. Doch auch der Druck kann sich auf bestimmte Materialien dramatisch auswirken. Thixotrope tropffreie Farben etwa werden durch Umrühren von einer gallertartigen Masse zur Flüssigkeit (ein Gel etwa ist ein verformbarer fester Stoff). Die effektvollste und lustigste Demonstration der Wirkung, die Druck auf den Aggregatzustand haben kann, liefert uns die Vanillesoße (vorausgesetzt, sie ist auf Speisestärke-Basis hergestellt).
Mischt man das Pulver mit Wasser, erhält man eine dicke gelbe Flüssigkeit. Tauchen Sie nun Ihren Daumen und Ihren Zeigefinger mit einigen Zentimetern Abstand in diese Flüssigkeit und pressen Sie sie fest zusammen. Unter dem Druck Ihrer Finger wird die Flüssigkeit zu trockenem Pulver. Solange man den Druck aufrechterhält, bleibt die Soße fest. Man kann sie leicht aus der Schüssel nehmen. Doch sobald man nachgibt, verflüssigt sie sich wieder und tropft einem von den Fingern.
Diese Eigenschaft macht es möglich, dass man über die Oberfläche eines Swimmingpools voller Vanillesoße gehen kann. Wenn Sie sich das einmal in Aktion ansehen möchten, besuchen Sie www.universeinsideyou.com , wählen Sie im Menü Experiments und klicken Sie dann auf Walking on Custard .
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Auftritt: das Kondensat
Der fünfte Aggregatzustand heißt zwar nicht Vanillesoße, klingt aber ebenso seltsam. Wenn die Wissenschaftler einen guten Tag haben, fallen ihnen beeindruckend griffige Bezeichnungen ein. »Plasma« ist ziemlich gut, auch »Photon« und »Quark« sind nicht schlecht. Leider kommen sie jedoch viel zu oft mit Namen daher, die niemand, der bei Verstand
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