Die Vermessung des Körpers
Ladung, umgekehrt sind. Alle zwölf Materieteilchen besitzen ein Antimaterie-Äquivalent. So gibt es etwa für das Elektron das Antielektron, besser bekannt als Positron, welches statt einer negativen eine positive Ladung besitzt.
Wenn Materie und Antimaterie zusammengebracht werden, zerstören sie sich gegenseitig, und ihre Masse wird in Energie umgewandelt. Da die in Materie enthaltene Energie durch Einsteins berühmte Gleichung E = mc 2 quantifiziert wird und c – die Lichtgeschwindigkeit – eine sehr große Zahl ist, entsteht eine ganze Menge Energie, wenn Materie und Antimaterie aufeinandertreffen. Ein Kilogramm Antimaterie und ein Kilogramm Materie können auf diese Weise so viel Energie erzeugen wie ein durchschnittliches Kraftwerk innerhalb von zwölf Jahren Laufzeit. Antimaterie ist die kompakteste Art der Energiespeicherung, die es gibt. Sie kann 1000-mal mehr Energie speichern als nukleare Brennelemente.
Mit diesem Zoo verschiedener Teilchen lässt sich alles, was mit der Materie Ihrer Haare zu tun hat, ziemlich gut erklären (aber auch alles andere mit einer Masseenergie). Trotzdem ist es doch eine recht chaotische Sichtweise. Die meisten Wissenschaftler hätten lieber ein einfacheres Schema, um die Grundlagen der Realität zu beschreiben. Seit vielen Jahren entwickeln Physiker deshalb laufend neue Theorien, doch hat sich keine davon bisher als zufriedenstellend erwiesen.
Fest, flüssig oder gasförmig?
Abgesehen vielleicht von solch theoretischen Betrachtungen ist es eine interessante Frage, aus welchem Stoff das menschliche Haar eigentlich besteht. In der Schule hat man Ihnen vermutlich beigebracht, dass Materie entweder fest, flüssig oder gasförmig ist. Da ein Haar weder flüssig noch gasförmig ist, muss es also fest sein, doch etwas derart Biegsames und Flexibles passt nicht recht zu unserer Vorstellung eines Feststoffs. Feste Stoffe stellen wir uns in der Regel starr vor, nicht biegsam. Sand ist ein anderes gutes Beispiel für eine Substanz, die nicht so recht in unsere simplen Denkmuster passen will. Denken Sie an eine Handvoll Sand – zweifellos besteht Sand aus festen Teilchen, und doch rinnt er durch unsere Finger wie eine Flüssigkeit.
Ein besseres Verständnis für diese »Aggregatzustände« bekommen wir, wenn wir eine der wenigen Substanzen betrachten, die wirgleichermaßen als fest, flüssig und gasförmig erfahren – Wasser. Vom Wasser lernen wir, dass die Unterscheidung zwischen den drei Aggregatzuständen zweifacher Natur ist: Vom festen Stoff über die Flüssigkeiten bis zu den Gasen sind die Atome in aller Regel immer weiter voneinander entfernt und bewegen sich schneller. Zwar sind alle Atome und Moleküle immer in Bewegung, aber in fester Materie wackeln sie in einem stabilen Gerüst herum – einem Gerüst elektromagnetischer Bindungen zwischen den Molekülen. In einer Flüssigkeit gibt es solche Bindungen auch, aber sie sind nicht so fest und besitzen keine stabile Struktur. In einem Gas schließlich verhalten sich die Moleküle ziemlich unabhängig voneinander.
Das klingt nun so, als gäbe es ein Kontinuum zwischen den Zuständen, doch sind diese klar begrenzt. Es stimmt zwar, dass sich beispielsweise die Wassermoleküle in einer Flüssigkeit ständig gasförmig verflüchtigen, also verdunsten. Will man aber eine größere Menge Wasser in Gas umwandeln, muss man es zunächst auf die richtige Temperatur, den Siedepunkt, erhitzen. Dann muss man noch etwas mehr Hitze zuführen (die sogenannte latente Wärme des Kochens), um die letzten Bindungen zu beseitigen und auch diese Moleküle freizusetzen.
Der vierte Aggregatzustand
Das Wissen, das man Ihnen in der Schule vermittelt hat, begnügte sich vermutlich mit der viktorianischen Vorstellung von drei Aggregatzuständen. Tatsächlich aber gibt es insgesamt fünf. Der vierte ist Ihnen wahrscheinlich schon viele Male begegnet, denn er ist viel deutlicher sichtbar als Gas. Da unsere Schulwissenschaft aber so stark in der Weltsicht des 19. Jahrhunderts verhaftet ist, wissen selbst viele Erwachsene nicht, dass er überhaupt existiert – außer vielleicht als Kennzeichnung im Zusammenhang mit großen Fernsehbildschirmen. Es ist das Plasma.
Hier muss mit einem möglichen Missverständnis aufgeräumt werden, insbesondere da der Ausgangspunkt in diesem Buch der menschliche Körper ist. Das Plasma, von dem wir hier sprechen, hat nichtsmit Blutplasma zu tun. Blutplasma ist die farblose Flüssigkeit, in der die Blutzellen schwimmen.
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