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Die Vermessung des Körpers

Die Vermessung des Körpers

Titel: Die Vermessung des Körpers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Clegg
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ist, aussprechen möchte. Versuchen Sie, fünfmal hintereinander ganz schnell nachstehenden Begriff zu sagen: Der fünfte Aggregatzustand ist das Bose-Einstein-Kondensat.
    Vom Plasma aus gesehen, liegt dieser Aggregatzustand am anderen Ende der Temperaturskala. Bevor wir uns dem Kondensat zuwenden, sollten wir uns ohnehin rasch ein paar Gedanken über die Temperatur machen. Was ist Temperatur? Sie bezeichnet, wie warm etwas ist – ja, stimmt. Um etwas zu erwärmen, muss man Energie zuführen. Doch was geschieht, wenn wir das tun? Die Atome oder Moleküle in der betreffenden Materie beschleunigen sich. Selbst in einem festen Stoff zittern die Atome vor Energie. In einer Flüssigkeit bewegen sie sich, und in einem Gas schießen sie buchstäblich durch die Gegend.
    Wenn Sie mit einem Thermometer Ihre Körpertemperatur messen (um die 37 Grad Celsius), messen Sie dabei die durchschnittliche Bewegungsenergie der Teilchen, aus denen Sie bestehen. Wenn es Ihnen nicht recht einleuchten will, dass sich die Energie ändert, nur weil sich etwas schneller bewegt, dann stellen Sie sich vor, erst von einem Tennisball mit fünf Stundenkilometern getroffen zu werden – und danach von einem Ball mit 500 Stundenkilometern. Dank seiner höheren Energie tut der zweite wesentlich mehr weh.
    Wüssten Sie nicht darüber Bescheid, dass die Temperatur mit der Bewegung der Atome in einer Materie zusammenhängt, könnten Sie auf den Gedanken kommen, alles ließe sich einfach endlos weiter herunterkühlen, so weit Sie wollten – vorausgesetzt, Ihre Kühltruhe machte das mit. In der Realität kann man die Atome und Moleküle nur bis zu einem bestimmten Wert abkühlen. Irgendwann ist Schluss. Diese Temperatur, die in der Praxis aber unerreichbar ist, weil Quantenteilchen nicht vollständig zum Stillstand gelangen können, ist der absolute Nullpunkt.
    Diese ultimativ niedrige Temperatur liegt bei einem Wert von etwa − 273,16 Grad Celsius. Wissenschaftler verwenden jedoch häufig eine Temperaturskala mit denselben Größeneinheiten wie Grad Celsius, die aber sinnigerweise beim absoluten Nullpunkt mit null beginnt. Das ist die Kelvin-Skala, auf der 0 Grad Celsius etwa 273 Kelvin beträgt. (Für alle detailverliebten Pedanten: Die Einheiten auf der Kelvin-Skala sind Kelvins, daher das Symbol »K«. Im Gegensatz zu Fahrenheit und Celsius gibt es keine »Grade« – der Gefrierpunkt von Wasser ist also 273,16 K, nicht 273,16 °K.)
    Wenn sich Materie dem absoluten Nullpunkt nähert, beginnt sie sich sehr seltsam zu verhalten. Manche Substanzen werden zu Kondensaten (technisch gesehen gibt es zwei Varianten, die Bose-Einstein- und die Fermionen-Kondensate, aber verlieren wir uns hier nicht in Einzelheiten). Ein Kondensat ist ein Aggregatzustand, in dem die Partikel, aus denen die Materie besteht, ihre Individualität verlieren. Dies führt zu außergewöhnlichem Verhalten wie der Superfluidität, wo eine Substanz absolut keinen Bewegungswiderstand mehr hat. Superflüssigkeiten verlassen ganz von selbst ihre Behältnisse, weil der zufälligen Bewegung ihrer Moleküle keinerlei Widerstand mehr geboten wird. Wenn man eine Superflüssigkeit in eine kreisförmige Rotation versetzt, behält sie diese Bewegung endlos bei. Daneben gibt es die Superleiter, die keinerlei elektrischen Widerstand besitzen.
    Das Glanzstück der Kondensat-Welt ist, wie sich ein Bose-Einstein-Kondensat bei Lichteinfall verhält. Da ein Kondensat selbst ein Zwischending zwischen normaler Materie und Licht ist, kann es auf seltsame Weise mit dem Licht interagieren, es bis zur Kriechgeschwindigkeit verlangsamen oder es sogar so gut wie ganz zum Stillstand bringen. Diese bizarre Mischung aus Licht und Materie wird als »Dunkelzustand« bezeichnet – ein romantischer Name, der gut zu einem derart sonderbaren Phänomen passt.
Alle möglichen Stoffe
    Das sind also die fünf Aggregatzustände. Ganz oben das Plasma, eine Ansammlung hochenergetischer Ionen. Als Nächstes das Gas, dann die Flüssigkeit, dann der Feststoff. Schließlich, an der extremen Kältegrenze, das Kondensat. Man könnte die Materieforschung – die Lehre von den Stoffen – nun für eine ziemlich zähe und langweilige Wissenschaft halten. Doch bereits in unserem einzelnen Haar ist eine ganze Menge los.
    Sehen Sie genau hin: Es besteht aus Molekülen, die wiederum aus Atomen aufgebaut sind. Wie wir gesehen haben, besitzt jedes Atom einen Kern aus Protonen und Neutronen (außer dem Wasserstoffatom, welches so klein ist,

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