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Die Vermessung des Körpers

Die Vermessung des Körpers

Titel: Die Vermessung des Körpers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Clegg
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sagt. Sie kommt von überall her. Könnten Ihre Sinne Mikrowellen wahrnehmen, würden Sie ständig den Widerschein des frühen Universums sehen, der den Himmel erfüllt – und als solchen kann man ihn mit den richtigen Detektoren auch empfangen.
    Wir können nicht ganz bis zum Urknall zurücksehen, weil ganz am Anfang alles so kompakt und energiegeladen war, dass Licht nicht hindurchdringen konnte. Es war, als versuchte man, durch die Sonne selbst auf die andere Seite zu blicken, nur noch viel extremer. Nach etwa 300 000 Jahren jedoch hatte sich alles so weit abgekühlt, dass das Universum durchsichtig wurde und immens starke Gammastrahlen, also Licht auf höchstem Energieniveau, kreuz und quer durch die Gegend schossen.
    Die ganze Zeit dehnte sich das Universum immer weiter aus, sodass das Licht (das von überall herkam) immer größere Räume durchqueren musste. Eine Auswirkung des expandierenden Universums ist, dass das Licht Energie verliert. Stellen Sie sich vor, jemand wirft einen schweren Ball auf Sie, dann einen zweiten, während er mit Höchstgeschwindigkeit davonrennt. Der zweite Ball würde weniger schmerzen, weil er weniger energetisch wäre. Die Überbrückung der zusätzlichen Distanz hätte ihn einiges an Energie gekostet. Ebenso besitzt das Licht aus dem expandierenden Universum wenigerEnergie, als es bei seiner Emittierung ursprünglich hatte. Und wenn Photonen weniger Energie besitzen, bewegen sie sich im Spektrum abwärts.
    Sichtbares Licht bewegt sich gegen Rot (man nennt das eine Rotverschiebung). Jene ersten Gammastrahlen wurden also zunächst zu Röntgenstrahlen, dann zu ultraviolettem, sichtbarem und infrarotem Licht und endeten schließlich als Mikrowellen. Diese Mikrowellen erzeugten die Bilder der Nachwirkungen des Urknalls, die von den Satelliten COBE und WMAP empfangen werden und die zum Teil für das Schneetreiben auf dem Bildschirm verantwortlich sind.
Der wahrscheinliche Urknall
    Ich muss hier eine Einschränkung machen. Die Urknalltheorie ist unsere derzeit am besten gestützte wissenschaftliche Theorie über den Ursprung des Universums, aber sie ist weder abschließend noch die einzige Theorie, die von ernstzunehmenden Wissenschaftlern in Betracht gezogen wird. Es gibt in diesem Forschungsbereich nur sehr indirekte »Beweise«, und das nicht nur, weil wir über die 300 000-Jahre-Grenze nicht hinausblicken können. Alles, was uns bekannt ist, stützt die Theorie vom Urknall, doch ist diese nicht ganz unproblematisch.
    Zum Beispiel besagt die Urknalltheorie, dass alles aus dem Nichts und Niemals heraus in einer Singularität entstand, an einem Punkt in Raum und Zeit von unendlicher Dichte und unendlich hoher Temperatur. Wenn etwas endlos wird, versagen alle Gleichungen, mit denen sich bestimmen lässt, was geschehen wird. Die Theorie, auf welcher die Vorstellung eines Urknalls gründet, funktioniert an diesem Punkt schlicht nicht mehr. Wir können daher nicht absolut sicher sein, dass der Urknall der Anfang von allem war, da die Mathematik, mit der die weiteren Abläufe errechnet wurden, genau da versagt, wo sie am wichtigsten wäre.
    Es gibt andere Theorien, welche die Schwierigkeiten der Urknall-Singularität umgehen, doch auch sie werfen Probleme auf. Im Augenblick ist der Urknall unsere beste Theorie, und aus diesem Grundebehandelt man sie, als wäre sie eine Tatsache. Es handelt sich jedoch nicht um ein Experiment, das sich im Labor oder durch direkte Beobachtungen im Weltall überprüfen ließe; es ist eine Schlussfolgerung aus zahlreichen Messungen, aber zum größten Teil ein bloßes Modell.
Mit Modellen spielen
    Solche Modelle sind keine »echten«, also physischen Modelle. In der Wissenschaft baut man zwar bisweilen »echte« Modelle – als Crick und Watson erstmals die Struktur der DNS definierten, bauten sie sofort ihr berühmtes Teilmodell aus Stäbchen und Kugeln. Doch wenn Wissenschaftler sagen, sie erstellen ein Modell, ist damit jedoch in aller Regel ein mathematisches Modell gemeint: eine Reihe von Regeln und Zahlen, aus denen dasselbe hervorgehen sollte wie aus den Beobachtungen in der realen Welt. Solange sich die Vorhersagen des Modells und die Realität decken, liegt eine mögliche Erklärung dafür vor, was im Universum geschieht. Wenn sich die Ergebnisse des Modells und die Realität hingegen voneinander entfernen, wird es Zeit für eine neue Theorie.
    Ein gutes Beispiel hierfür ist die Feststellung, dass sich Galaxien anders verhalten, als zu erwarten wäre.

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