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Die Vermessung des Körpers

Die Vermessung des Körpers

Titel: Die Vermessung des Körpers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Clegg
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vieles, was wir für Geschmack halten, ist in Wahrheit Geruch. Die Geschmacksverbesserung beim Kochen hängt zum Teil mit der Aufspaltung von Kohlenhydraten in einfachere Zuckerarten und der Geschmackskonzentration durch Wasserverdampfung zusammen. Vieles ist jedoch der Freisetzung aromatischer Substanzen geschuldet, welche die Nase stimulieren.
    Es dauerte nicht lange, da zeigte sich ein wichtiger Nebeneffekt des Kochens: Es hat den Vorteil, dass Bakterien und Viren abgetötet werden. Auch einige Toxine wie Phytohämagglutinin (das Gift inKidneybohnen, die ungekocht tödlich sein können) und die Gifte in Nachtschattengewächsen wie der Kartoffel werden zerstört.
    Es muss eine Weile gedauert haben, bis die Menschen feststellten, dass gekochte Nahrung nicht nur besser schmeckte und leichter zu essen war, weil sie nicht so hart war, sondern dass obendrein diejenigen, die sie aßen, nicht so häufig Bauchschmerzen bekamen oder gar an ihrer Nahrung starben. Als wir das erst einmal begriffen hatten, konnten wir unserem Speiseplan Speisen hinzufügen, die in ihrem natürlichen Zustand vollkommen ungenießbar sind.
    Dieser Lernprozess muss insbesondere bei Nahrungsmitteln problematisch gewesen sein, die im Rohzustand giftig sind wie etwa die Kidneybohne. Es ist schwer vorstellbar, dass jemand, der einen Nachbarn nach dem Verzehr von Kidneybohnen hat sterben sehen, ein Gericht aus Kidneybohnen kocht und es selbst noch einmal versucht! Möglicherweise aber trieb die Beobachtung, dass Kochen einige ungenießbare Dinge genießbar macht, irgendwann eine hungrige Familie dazu, das Risiko in Kauf zu nehmen. Vielleicht fanden einige Kidneybohnen auch ganz zufällig den Weg in einen Eintopf, der dann keine schrecklichen Bauchschmerzen verursachte.
    Wie auch immer – als tägliche Zubereitung von Rohstoffen zur Energiegewinnung wurde das Kochen ein fester Bestandteil unseres Lebens.
Eine Tasse am Morgen
    Beim Essen geht es freilich nicht allein um die Erzeugung von Energie. Ihre Sinne (siehe S. 167) sorgen dafür, dass es zu einem möglichen Quell des Genusses wird. Unter den Dingen, die Sie möglicherweise konsumieren, gibt es auch einige, die eine direkte Wirkung auf das Gehirn haben. Nehmen wir zum Beispiel die unverzichtbare Tasse Tee oder Kaffee am Morgen. Das Koffein in Kaffee, Tee und einigen Softdrinks ist eine Droge, die radikal auf das Nervensystem wirkt. Der Gebrauch von Koffein als geistiger Fitmacher hat eine lange Geschichte: In China wird Tee seit Jahrtausenden getrunken, während der Kaffee erst im 16. Jahrhundert von Afrika aus seinen Siegeszug antrat. Dort waren die Bohnen aber bereits lange Zeit als Stimulans bekannt.
    Koffein hat verschiedenerlei Wirkungen auf den menschlichen Körper, aber die interessanteste ist, wie er an Rezeptoren im Gehirn andockt, die normalerweise für eine Substanz namens Adenosin zuständig sind. Stellen Sie sich Schlösser und Schlüssel vor – Rezeptoren sind wie Schlösser, in die nur ganz bestimmte Schlüssel passen. Koffein passt in diejenigen, die eigentlich für Adenosin gedacht sind. Eine der Aufgaben von Adenosin ist es, das Müdigkeitsgefühl auszulösen. Wenn man die Adenosinrezeptoren mit Koffein blockiert und dadurch die Menge an Adenosin reduziert, die von diesen aufgenommen werden kann, lässt sich das Müdigkeitsgefühl erfolgreich bekämpfen.
    Der Nebeneffekt der eingeschränkten Adenosinaktivität ist eine Aktivitätszunahme bei einer anderen natürlichen Chemikalie im Gehirn, dem Dopamin. Dies ist ein Neurotransmitter, eines jener Moleküle, mit deren Hilfe Signale von Neuronen im Gehirn an andere Zellen weitergeleitet werden. Das Resultat ist der vertraute kleine Denkanschub, den wir am Koffein so schätzen.
    Koffein kommt in einer ganzen Reihe von Pflanzen vor – Tee, Kaffee, Cola und auch Kakao sind gängige stimulierende Getränke. Die für uns positiven Eigenschaften des Koffeins sind ein zufälliger Nebeneffekt seines eigentlichen Zwecks: Koffein ist ein natürliches Insektizid, das in Pflanzen auftritt, um räuberische Insekten abzuwehren. Wenn es mit unserem Nervensystem interagiert, stellt sich die von uns so geschätzte Wirkung also rein zufällig ein.
    Es ist etwas beängstigend, wenn man sich vorstellt, dass der Genuss eines Milchkaffees oder einer Dose Cola Veränderungen der grundlegenden Gehirnfunktionen mit sich bringt. Jedoch deutet alles darauf hin, dass dadurch kein Schaden angerichtet wird, lediglich die Konzentrationsfähigkeit erhöht sich

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