Die Vermessung des Körpers
leicht. Wie bei vielen Drogen kann aber auch der Genuss von Koffein zu einer Abhängigkeit führen, und ist jemand erst einmal süchtig, stellen sich Entzugserscheinungen ein, wenn kein Koffein zugeführt wird. Deshalbbehaupten viele Menschen, die keinen Kaffee mehr trinken, es gehe ihnen besser. Unbewusst vergleichen sie ihr Befinden ohne Koffein im Blutkreislauf mit den unangenehmen Entzugserscheinungen. Wenn Sie gerne Kaffee oder Tee in maßvollen Mengen trinken, gibt es jedoch keinen Grund, das nicht mehr zu tun.
Die Speise der Götter
Bisweilen wird angenommen, auch ein anderes Lieblingsprodukt, die Schokolade, enthielte Koffein – das stimmt aber nicht. Die Zutat in der Schokolade, die am ehesten eine Wirkung auf das Gehirn hat, ist eine bitter schmeckende Substanz aus derselben Familie wie das Koffein. Ihr Name lautet Theobromin, was im Griechischen so viel wie »Speise der Götter« bedeutet. Theobromin hat eine ähnliche Wirkung wie Koffein, ist aber etwas schwächer. Zusammen mit dem Zucker scheint das, bei einem Schmelzpunkt ähnlich unserer Mundtemperatur, einer der Hauptgründe dafür zu sein, warum wir Schokolade so mögen.
Es ist allseits bekannt, dass man Hunden keine Schokolade zu fressen geben soll. Das hat seinen Grund, denn Theobromin ist giftig für sie. Ein kleiner Hund kann bereits an 50 Gramm kräftiger dunkler Schokolade sterben (welche einen höheren Theobromingehalt aufweist als Milchschokolade). Und das ist kein Problem, das nur auf Hunde beschränkt ist. Bis zu einem gewissen Maße sind alle Säugetiere betroffen, wenngleich die Geschwindigkeit, mit der das Theobromin ausgeschieden wird, von Spezies zu Spezies unterschiedlich ist. Katzen sind besonders empfindlich dagegen, allerdings kaum gefährdet, weil sie keine Rezeptoren für süßen Geschmack besitzen und Schokolade daher nicht so appetitlich finden wie wir.
Theobromin ist auch für Menschen giftig, doch sollte dies kein Anlass zur Sorge sein. Praktisch alles ist giftig, wenn nur die Dosis hoch genug ist (ja, sogar Wasser). Die Theobrominresistenz pro Kilogramm Körpergewicht liegt beim Menschen etwa dreimal so hoch wie beim Hund. Außerdem wiegen wir viel mehr, sodass uns unser Gelüst nicht schädlich werden kann. Um eine gefährliche Dosis zuerwischen, müsste ein Erwachsener etwa fünf Kilogramm Milchschokolade vertilgen.
Dass die Dosierung der zentrale Faktor dafür ist, ob etwas toxisch wirkt, das sollte man im Hinterkopf behalten, wenn man Bio-Nahrungsmittel kauft, weil man sich um die Auswirkungen von Pestiziden im Körper Sorgen macht. Praktisch jede Substanz birgt irgendein Risiko, doch konsumieren wir Pestizide in relativ geringen Mengen, sodass das Risiko im Vergleich zu vielen anderen Dingen, die wir essen, verschwindend gering ist. Tatsächlich enthalten viele Pflanzen natürliche Pestizide, die für uns ebenso gefährlich sind wie die künstliche Variante.
Freilich ist es auf jeden Fall sinnvoll, Obst und Gemüse vor dem Verzehr zu waschen (nicht zuletzt wegen der Bakterien aus dem Boden), doch wenn man beispielsweise das Krebsrisiko einer typischen Ernährung betrachtet, rührt dieses zu 93 Prozent vom Alkohol und zu 2,6 Prozent vom Kaffeegenuss her. Wenn wir die noch relativ gefährlichen natürlichen Risikofaktoren aus Salat, Pfeffer, Karotten, Zimt und Orangensaft überspringen, gelangen wir zu einer chemischen Substanz namens ETU, die einen Anteil von 0,05 Prozent am Krebsrisiko ausmacht. Nimmt man sämtliche gängigen Gifte und Pestizide in ihren zulässigen Höchstmengen zusammen, ergibt sich ein Risiko, wie es etwa auch durch den Verzehr von Sellerie entsteht.
Das soll nicht heißen, dass Sie von nun an Sellerie und Orangensaft meiden sollen – es ist nur wichtig, dass man das Risiko ins richtige Verhältnis setzt.
Die Droge der Gewinner
Ein weiteres Beispiel für etwas, das für uns selbstverständlich ist und signifikante Auswirkungen auf unser Gehirn und unseren Körper hat, begann als pflanzliche Behandlungsform mit Weidenrinde und Mädesüß-Auszügen (auch Weißer Spierstrauch oder spiraea ). Diese Therapie wurde bereits 2000 v. Chr. bei Kopfschmerzen, Fieber und Entzündungen angewandt. Die Zutaten tauchen auf einer medizinischen Einkaufsliste aus der dritten sumerischen Dynastie von Ur auf. Seitdem sind sie als Schmerzmittel sehr beliebt.
Im 18. Jahrhundert führte ein Missverständnis dazu, dass Weidenrinde noch gefragter wurde. Peruanische Rinde oder Chinarinde, aus der sich Chinin gewinnen
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