Die Vermessung des Universums: Wie die Physik von morgen den letzten Geheimnissen auf der Spur ist (German Edition)
Vorgänger den LHC intensiv. Durch die Gewinnung finanzieller Förderung seitens der Schweiz und Frankreichs, den beiden Gastgeberstaaten, die die größte Aussicht auf einen möglichen Nutzen des Baus und Betriebs des LHC auf ihrem Staatsgebiet hatten, verringerte Llewellyn Smith zum Teil die gravierenden Budgetprobleme.
Der CERN-Rat war entsprechend beeindruckt – sowohl von der Technik als auch von der Lösung des Budgetproblems – und bewilligte den LHC schon bald danach am 16. Dezember 1994. Außerdem überzeugten Llewellyn Smith und das CERN Nichtmitgliedsstaaten zur Zusammenarbeit und Beteiligung. Japan schloss sich 1995 an, Indien 1996 und bald darauf Russland und Kanada, während die Vereinigten Staaten 1997 folgten.
Mit all der Mitwirkung von Europa und anderen Nationen konnte der LHC eine Klausel in der ursprünglichen Satzung umgehen, die einen zweiphasigen Bau und Betrieb verlangte. In der ersten Phase waren nur zwei Drittel der Magneten vorgesehen. Sowohl in wissenschaftlicher Hinsicht als auch mit Bezug auf die Gesamtkosten wäre das schwächere Magnetfeld eine schlechte Wahl gewesen. Aber die ursprüngliche Absicht war, die Budgets jedes Jahr abzugleichen. Als Deutschland seinen Beitrag 1996 wegen der Kosten der Wiedervereinigung noch einmal reduzierte, sah die Haushaltslage erneut finster aus. 1997 wurde dem CERN jedoch gestattet, den Verlust erstmals durch die Finanzierung des Baus anhand von Anleihen auszugleichen.
Nach den Fakten über die Haushaltsgeschichte wandte sich Lyns Vortrag erfreulicheren Neuigkeiten zu. Er beschrieb den ersten Testlauf der Dipole – ein Test der Magnete, die in einer funktionsfähigen Anordnung miteinander verbunden waren –, der im Dezember 1998 stattfand. Der erfolgreiche Abschluss dieses Tests demonstrierte die Leistungsfähigkeit und Koordinierung einiger der endgültigen LHC-Bestandteile und war ein entscheidender Meilenstein bei seiner Entwicklung.
Im Jahr 2000, als der LEP, der Elektronen-Positronen-Beschleuniger seine Schuldigkeit getan hatte, wurde er abgebaut, um den Weg für den Aufbau des LHC zu bereiten. Doch obwohl der LHC letztendlich in einem schon vorhandenen Tunnel gebaut wurde und einen Teil des Personals, der Anlagen und Infrastruktur beanspruchte, die bereits zur Verfügung standen, sollten viele Arbeitsstunden und Ressourcen notwendig sein, bevor die Umwandlung vom LEP in den LHC stattfinden konnte.
Die fünf Phasen der Entwicklung des LHC umfassten den Hoch- und Tiefbau, um Höhlen und Bauwerke für Experimente zu bauen, die Bereitstellung allgemeiner Dienstleistungen, damit alles am Laufen gehalten werden konnte, den Einsatz einer Tieftemperaturanlage zur Kühlung des Beschleunigers, den Aufbau aller Maschinenbestandteile, einschließlich der Dipole und aller damit verbundenen Anschlüsse und Kabel, und schließlich die Inbetriebnahme aller Apparaturen, um sicherzustellen, dass alles nach Plan lief.
Die Planer des CERN erstellten ein sorgfältig ausgearbeitetes Programm, um diese Bauphasen zu koordinieren. Aber wie jedermann weiß, »[gehen] die besten Pläne von Mäusen und Menschen […] oft schief«. Natürlich traf das nur allzu gut zu.
Budgetprobleme waren ein ständiges Ärgernis. Ich erinnere mich an die Frustration und Besorgtheit der Teilchenphysik-Gemeinschaft im Jahr 2001, als wir darauf warteten, wie schnell ein damals gravierendes Budgetproblem gelöst werden konnte, damit der Bau weiterging. Das Management des CERN nahm sich zwar der Mehrkosten an, aber zu einem Preis, der auf Kosten des Umfangs und der Infrastruktur des CERN ging.
Selbst nachdem diese Finanzierungs- und Haushaltsprobleme gelöst worden waren, verlief die Entwicklung des LHC immer noch nicht in ruhigen Bahnen. In seinem Vortrag beschrieb Lyn, wie eine Reihe unvorhergesehener Ereignisse den Bau zeitweise verlangsamten.
Gewiss hätte niemand, der an der Ausschachtung der Höhle für das CMS-(Compact Muon Solenoid)-Experiment beteiligt war, vorhersehen können, dass man beim Graben auf eine gallisch-römische Villa aus dem vierten Jahrhundert stoßen würde. Die Begrenzungen des Anwesens verliefen parallel zu den Grenzen des Ackerfelds, die bis heute existieren. Die Ausschachtung wurde unterbrochen, während Archäologen vergrabene Schätze untersuchten, u.a. Münzen aus Ostia, Lyon und London (Ostium, Lugdunum und Londinium zu der Zeit, als die Villa bewohnt war). Anscheinend waren die Römer geschickter bei der Einführung einer gemeinsamen Währung
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