Die Vermessung des Universums: Wie die Physik von morgen den letzten Geheimnissen auf der Spur ist (German Edition)
2006 der letzte der 1232 Dipolmagnete geliefert. 2007 war die große Nachricht die Absenkung des letzten Dipols und die erste erfolgreiche Abkühlung eines 3,3 Kilometer langen Abschnitts auf die geplante Temperatur von –271 Grad Celsius – was ermöglichte, dass die Anlage in diesem Abschnitt zum ersten Mal hochgefahren werden konnte, wobei mehrere Tausend Ampère in den supraleitenden Magneten auf diesem Tunnelabschnitt zirkulierten. Wie so oft am CERN wurde dieses Ereignis mit Champagner gefeiert.
Ein ununterbrochener, kältegeregelter Abschnitt wurde im November 2007 geschlossen, und alles sah schon ziemlich gut aus, bis sich eine weitere Beinahekatastrophe ereignete, die dieses Mal mit den sogenannten Plug-In-Modulen, den PIMs , zu tun hatte. In den Vereinigten Staaten verfolgten wir nicht immer alle Berichte über den LHC. Aber in diesem Fall verbreiteten sich die Nachrichten. Ein Kollege vom CERNerzählte mir von der Sorge, dass dieses Teil nicht nur ausgefallen war, sondern auch ein allgegenwärtiges Problem rund um den ganzen Ring sein könnte.
Das Problem liegt in dem fast 300 Grad großen Unterschied zwischen dem LHC bei Zimmertemperatur und bei abgekühltem Betriebszustand. Dieser Temperaturunterschied hat gewaltige Auswirkungen auf die Materialien, aus denen der LHC besteht. Metallteile ziehen sich zusammen, wenn sie abgekühlt werden, und dehnen sich bei Erwärmung aus. Die Dipole selbst schrumpfen einige Zentimeter während der Abkühlungsphase. Das mag zwar für ein Objekt von 15 Metern nach nicht viel klingen, aber die Spulen müssen auf einen Zehntelmillimeter genau positioniert werden, um das gewaltige gleichförmige Magnetfeld aufrechtzuerhalten, das notwendig ist, um die Protonenstrahlen ordnungsgemäß zu leiten.
Um diese Veränderung auszugleichen, werden Dipole mit speziellen Fingern entworfen, die sich ausstrecken, wenn die Maschine abgekühlt wird, und die bei Erwärmung eingefahren werden, um einen elektrischen Stromdurchgang zu gewährleisten. Aufgrund fehlerhafter Nieten brachen die Finger jedoch, anstatt sich zurückzubewegen. Schlimmer noch, jede Verbindung konnte an diesem Fehler leiden, und es war unklar, welche die problematischen waren. Die Herausforderung bestand darin, jede fehlerhafte Niete zu identifizieren und zu reparieren, ohne eine enorme Verzögerung zu verursachen.
In Anerkennung des Einfallsreichtums der CERN-Ingenieure fand man eine einfache Methode, wie man die bestehenden Stromabnehmer ausnutzen konnte, die sich alle 53 Meter entlang des Strahls befinden und die ursprünglich eingerichtet wurden, so dass die Elektronik beim Vorbeilaufen des Strahls ein Signal erhält. Die Ingenieure installierten einen Oszillator in einem Objekt von der ungefähren Größe eines Tischtennisballs, das sie auf der Bahn, die der Strahl nehmen würde, um den Tunnel herum schicken konnten. Jeder Sektor war drei Kilometer lang und der Ball konnte sich hindurchbewegen und jedes Mal die Elektronik auslösen, wenn er an einem Stromabnehmer vorbeikam. Wenn die Elektronik keinen Durchgang aufzeichnete, hatte der Ball einen fehlerhaften Finger gefunden. Die Ingenieure konnten dann hineingehen und das Problem beheben, ohne jede einzelne Zwischenverbindung entlang des Strahls öffnen zu müssen. Wie ein LHC-Physiker scherzhaft bemerkte, fanden die ersten LHC-Kollisionen nicht zwischen Protonen, sondern zwischen einem Tischtennisball und einem abgebrochenem Finger statt.
Nach dieser letzten Problembehebung schien der LHC bereit zu sein. Sobald alle Apparaturen in ihrem Platz waren, konnte er seinen Betrieb aufnehmen. 2008 wurden viele Daumen gedrückt, als endlich der erste Test stattfand.
September 2008 : die ersten Tests
Der LHC bildet Protonenstrahlen und schießt sie nach einer Reihe von Energieschüben in den letzten Ringbeschleuniger. Er schickt diese Strahlen dann um den Tunnel herum, damit sie zu ihrer genauen Ausgangsposition zurückkehren, so dass die Protonen viele Male um den Ring laufen können, bevor sie in regelmäßigen Zeitabständen abgelenkt werden, um mit großem Wirkungsgrad miteinander zu kollidieren. Jeder dieser Schritte muss wiederum überprüft werden.
Der erste Meilenstein bestand in der Prüfung, ob die Strahlen tatsächlich um den Ring zirkulierten. Und das konnten sie. Erstaunlicherweise brachte das CERN im September 2008 seine zwei Protonenstrahlen mit so wenigen Schwierigkeiten auf Hochtouren, dass die Ergebnisse die Erwartungen übertrafen. An diesem
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