Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing
muss.«
» Fühlen Sie sich gesundheitlich in der Lage zu dieser Vernehmung?«
Obwohl ich nervös, müde und durstig war und leichte Übelkeit verspürte, hatte ich auf keinen Fall vor, alles noch weiter in die Länge zu ziehen. » Ja.«
» Ich möchte nur noch einmal kurz die Umstände Ihrer Verhaftung festhalten. Sie wurden heute, am 10. Mai, in der Curzon Close 7 unter dem Verdacht des Mordes an Jennifer Shepherd festgenommen.«
» Ja.«
» Sie wurden vor Ort über Ihre Rechte belehrt, haben sich jedoch bislang nicht dazu geäußert.«
» Das ist richtig.« Ich versuchte, ruhig zu wirken, hob den Kopf und schaute dem Detective in die Augen, während ich antwortete.
Cooper kritzelte etwas in ein Formular, und Grange beugte sich nach vorn.
» Wissen Sie, weshalb Sie verhaftet wurden, Sarah?«, fragte er leise und bedächtig, was mich aus unerfindlichen Gründen einschüchterte.
» Ich glaube, dass hier ein Irrtum vorliegt. Ich habe nichts mit Jennys Tod zu tun. Ebenso hatte ich keine Ahnung, was in diesem Haus vor sich ging. Ich bin nur ein einziges Mal da drinnen gewesen, und das war vor zwei Tagen.«
Obwohl Grange nickte, hatte ich nicht das Gefühl, dass er mir zustimmte. Vielmehr kam es mir so vor, als hätte er erwartet, dass ich das sagen würde. » Sie können sich also nicht erklären, warum wir mit Ihnen reden wollen?«
» Eigentlich nicht. Ich kannte Jenny– ich habe sie ja unterrichtet. Und ich habe ihre Leiche gefunden. Aber das habe ich der Polizei doch alles schon gesagt. Ich habe mit Chief Inspector Vickers gesprochen und ihm alles erklärt. Ich weiß, dass Sachen von mir im Haus entdeckt wurden, aber ich habe keine Ahnung, wie sie da hingeraten sind. Ganz bestimmt habe ich sie nicht dort liegen lassen.« Meine Stimme wurde immer höher und schneller. Ich ärgerte mich, dass ich so nervös klang, und verstummte erst einmal.
Grange hob die Hand. » Dazu werden wir hoffentlich gleich kommen, Sarah. Zunächst möchte ich ein paar Ausführungen dazu machen, wie wir Ihre Rolle in dem Fall sehen. Sie können mir dann sagen, wie Sie darüber denken.«
» Ich denke, Ihr allererster Fehler liegt darin, anzunehmen, dass ich überhaupt etwas damit zu tun habe«, sagte ich beharrlich.
Ohne meine Worte zur Kenntnis zu nehmen, blätterte Grange eine Seite in seinem Notizbuch um und las darin. Ich nahm an, dass er sich noch einmal die gegen mich erhobenen Anschuldigungen ins Gedächtnis rief. Hochrot vor Zorn funkelte ich ihn an und konnte es nicht erwarten, dass er mir endlich sagte, wie sie eigentlich auf die Idee kamen, dass ich in den Fall verstrickt sein könnte. Aber da Grange keine Reaktion zeigte, wandte ich mich dem anderen Beamten zu. Cooper fixierte mich mit seinen runden, leicht vorspringenden Augen, und sein Stift schwebte über dem Notizbuch– jederzeit bereit, meine Reaktionen auf ihre Darstellung unverzüglich festzuhalten. Ich lehnte mich zurück und verschränkte die Arme. Ich hasste sie und wollte ihnen das deutlich zeigen.
» Sie befanden sich von Anfang an im Visier des Ermittlerteams«, begann Grange schließlich, und mein Entsetzen über das Gesagte spürte ich geradezu körperlich. Zum Ermittlerteam gehörten Vickers, Valerie Wade und Andy Blake. Sie konnten mich unmöglich verdächtigt haben. Er zumindest ganz bestimmt nicht.
» Die Person, die in einem Mordfall die Leiche findet, ist meistens mit einem Fragezeichen versehen, insbesondere dann, wenn eine Verbindung zwischen ihr und dem Opfer besteht. Das deutet darauf hin, dass der Betreffende im Vorfeld möglicherweise Kenntnis davon hatte, wo die Leiche zu finden ist. Häufig ist das vor allem dann der Fall, wenn die Suche bereits eingeleitet wurde. Damit hat die Person eine perfekte Erklärung parat, wenn forensische Beweise wie Spurenmaterial, Finger- oder Fußabdrücke am Tatort gefunden werden. Das erschwert uns natürlich die Arbeit ganz enorm. Ihre Anwesenheit am Fundort im Wald hat uns dort alles verdorben. Wir können dadurch nicht nachweisen, dass Sie bereits zu einem anderen Zeitpunkt dort waren– beispielsweise, als Sie die Leiche dort abgelegt haben.«
Ich fiel ihm ins Wort. » Ich bin 1,53 Meter groß und vielleicht sieben Kilo schwerer als Jenny. Ich hätte sie gar nicht bis zu der Stelle schleppen können, wo sie gefunden wurde. Es ist ein abgelegener Fleck und unwegsames Gelände. Das hätte ich schon rein körperlich gar nicht schaffen können.«
» Nicht allein, in der Tat. Wir glauben, dass Ihnen
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