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Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing

Titel: Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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ohrenbetäubend und stieß wüste Beschimpfungen gegen die Zivilangestellte an der Rezeption aus. Sie saß wie gelähmt hinter ihrer zerkratzten, vergilbten Plexiglasscheibe, was man ihr angesichts der Situation wirklich nicht verübeln konnte.
    Der Mann war außer sich vor Wut. Entgeistert erkannte ich nun auch, wer es war. Michael Shepherd befand sich offenbar an der äußersten Grenze seiner Selbstbeherrschung und schien völlig unberechenbar. Falls er von meiner Verhaftung wusste – falls ihm bekannt war, dass die Polizei mich verdächtigt hatte, etwas mit dem Tod seiner Tochter zu tun zu haben –, wollte ich mich auf keinen Fall im selben Raum mit ihm befinden, Polizeipräsenz hin oder her.
    » Ich will den Inspektor sprechen, und zwar sofort!«, verlangte er mit erregter, unkontrollierter Stimme.
    » Nun beruhigen Sie sich doch mal einen Moment…«, keuchte Valerie, und ich dachte bei mir, dass diese Worte und vor allem ihre Art, sie auszusprechen, wahrscheinlich eher das Gegenteil bewirkten.
    » Halten Sie das Maul«, kläffte Shepherd. » Sie haben doch von nichts eine Ahnung!«
    Ich hatte Vickers’ Bewegung nicht wahrgenommen, aber plötzlich stand er neben der kleinen Gruppe. Als Shepherd ihn sah, seufzte er lautstark und hörte auf, sich zu wehren.
    » Kein Grund zur Aufregung, Mr. Shepherd. Tut mir leid, dass ich nicht eher zur Verfügung stehen konnte. Ich war dienstlich leider stark eingebunden.«
    » Die sagen in den Nachrichten, dass jemand verhaftet wurde. Ist das wahr?«, wollte Michael Shepherd eilig und gehetzt wissen.
    » Wir gehen einem ganz bestimmten Ermittlungsansatz nach.«
    Ich zuckte zusammen, als Shepherds Faust auf den Empfangstresen vor ihm niederkrachte.
    » Das sagen Sie mir jedes Mal, und ich erfahre überhaupt nichts. Ich habe keine Ahnung, was eigentlich vor sich geht. Ich weiß einfach nicht…«
    Shepherd schüttelte fassungslos den Kopf, seine Wut verwandelte sich in Ratlosigkeit und Verzweiflung. Unterdessen konnte Vickers nicht der Versuchung widerstehen, einen Blick in meine Richtung zu werfen. Er war sichtlich erfreut, dass ich Jennys Vater in diesem Zustand zu sehen bekam. Ihm war klar, dass ihm dieser Zwischenfall mehr als alles andere helfen würde, mich zu überreden, das zu tun, was er sich von mir erhoffte. Ich hasste ihn dafür, aber er hatte Recht.
    Allerdings hatte Vickers nicht bedacht, wie schnell Shepherd sich aufrappeln konnte und wie aufmerksam er alles verfolgte, was sich um ihn herum abspielte. Als er merkte, dass ihm Vickers’ Aufmerksamkeit kurzzeitig abhandenkam, fuhr er herum, um die Blickrichtung des Polizisten zu erkunden. Sein pechschwarzer Blick traf auf mich, seine Brauen zogen sich bedrohlich zusammen, und ich wich unwillkürlich zurück.
    » Sie«, schnaubte er atemlos und kam auf mich zu, » Sie stecken da mit drin, nicht wahr? Sie sind diejenige, die heute verhaftet wurde, oder?«
    Auf Vickers’ panikartigen Befehl hin kamen die beiden uniformierten Beamten herbeigeeilt und brachten ihn wenige Schritte vor mir zum Stehen. Ich wich weder von der Stelle noch Shepherds loderndem Blick aus.
    » Ich wollte Ihnen gerade von Miss Finch erzählen«, erklärte Vickers und stellte sich zwischen uns, was freilich kaum etwas nützen würde, falls Shepherd sich losriss. Trotzdem war ich ihm dankbar für diese ritterliche Geste. » Wir sind überzeugt, dass sie mit dem Mord an Ihrer Tochter nichts zu tun hat, Mr. Shepherd. Im Gegenteil, sie ist uns dabei behilflich, mehr darüber herauszufinden, was vor Jennys Tod geschehen ist, und unterstützt uns auch weiterhin nach Kräften.«
    Shepherds Blick bohrte sich noch immer in meine Augen, und ich hatte das Gefühl, wenn man ihn ließe, würde er mich umbringen, weil er davon überzeugt war, dass ich seiner Tochter etwas angetan hatte.
    » Sind Sie sicher?«, fragte er barsch.
    » Absolut. Sie hat weder mit dem Missbrauch an Ihrer Tochter noch mit ihrem Tod etwas zu tun.« Vickers klang nun zwar wesentlich überzeugter als eben noch im Vernehmungsraum, aber jetzt musste er Shepherd beschwichtigen, und das schnell.
    Sein Worte bewirkten zwar, dass Shepherd sich zu ihm umdrehte, doch sie beruhigten ihn nicht– ganz im Gegenteil. » Mit dem Missbrauch ?«
    Für den Bruchteil einer Sekunde huschte ein Hauch von Unsicherheit über Vickers’ zerfurchtes Gesicht. » Darüber hat man Sie bereits informiert, denke ich. DC Wade hat heute Nachmittag mit Ihnen und Ihrer Frau darüber gesprochen.«
    » Sie hat uns

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