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Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing

Titel: Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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angelogen«, zischte Michael Shepherd. » Es ist nicht wahr. Nichts davon ist wahr. Und wenn Sie das noch irgendwem erzählen, gehe ich vor Gericht.«
    Vickers streckte die Hand aus und klopfte unbestimmt ins Leere, als ob das den vor ihm stehenden Mann besänftigen konnte. » Ich weiß, dass das nicht einfach zu verkraften ist, aber Sie müssen Bescheid wissen über das, was geschehen ist. Wir müssen davon ausgehen, dass die– äh, Belästigung– direkt zu Jennys Tod geführt hat, Mr. Shepherd. Es ist leider wahr, und es existiert auch ausreichend Beweismaterial, das wir heranziehen werden, um die Verantwortlichen zu überführen. Das bedeutet auch, dass ein Teil davon frei zugänglich sein wird, und wir haben keine Chance, die Medien da herauszuhalten. Selbstverständlich haben wir nicht vor, Fotos oder Videos zu veröffentlichen, so viel kann ich Ihnen versichern. Aber einige davon werden vor Gericht zum Einsatz kommen, und es wird darüber berichtet werden, selbstverständlich ohne Einzelheiten preiszugeben.«
    » Fotos«, wiederholte Michael Shepherd und hatte offensichtlich nicht ganz verstanden, was Vickers gerade gesagt hatte. Er drehte sich wieder zu mir um. » Haben Sie die Bilder gesehen? Haben Sie meine Jenny gesehen?«
    Auch ohne dass ich etwas sagte oder auch nur nickte, wusste er, dass ich sie gesehen hatte. Ich hätte ihm gern gesagt, dass ich eigentlich nicht hatte hinsehen wollen und mein Bestes tat, um das Gesehene zu vergessen, falls das überhaupt möglich war. Aber noch bevor ich den Mund öffnen konnte, fuhr er wieder zu Vickers herum.
    » Sie haben es ihr also erzählt? Sie hat es gesehen? Wer noch? Wie viele andere Leute haben diese Bilder gesehen? Jeder wahrscheinlich. Und jetzt lachen sich alle kaputt und reißen Witze darüber. Alle machen sich über meine Tochter lustig. Meine kleine Tochter. Für Sie ist sie doch nichts weiter als eine Schlampe, hab ich Recht? Eine kleine Nutte, die es nicht besser verdient hat.« Sein Gesicht war außer Kontrolle, und sein Kinn bebte. Valerie versuchte ein » Beruhigen Sie sich doch« beizutragen, das allerdings gänzlich ungehört verhallte.
    » Alle werden es wissen. Alle werden davon erfahren, und es gibt nichts, was ich dagegen tun kann.« Er fiel auf die Knie, schlug die Hände vor das Gesicht, und raue, ungelenke Schluchzer brachen aus ihm heraus. Alle anderen standen in stummem Entsetzen daneben, gebannt von dem totalen Zusammenbruch dieses kräftigen Mannes.
    » Val, nehmen Sie sich doch bitte seiner an, und holen Sie ihm einen Tee oder so, Herrgott noch mal«, sagte Vickers, dem die Anspannung deutlich anzumerken war. » In meinem Schreibtisch steht eine Flasche Whiskey. Schenken Sie ihm einen Doppelten ein, und bringen Sie ihn dann nach Hause. Und sorgen Sie bitte dafür, dass die Presse ihn so nicht zu Gesicht bekommt.«
    Er fasste mich am Arm und schob mich an der kleinen Gruppe vorbei zum Ausgang. » Hier gibt es momentan nichts zu tun, aber im Krankenhaus wartet jede Menge Arbeit auf Sie«, sagte er und zog ungeduldig an meinem Ärmel, als ich zögerte. » Verstehen Sie jetzt, warum es so wichtig ist? Der Mann richtet sich selbst zugrunde, wenn wir das nicht bald zu Ende bringen.«
    Eigentlich mochte ich Vickers ja und verstand auch, was ihn antrieb. Aber mir ging auch durch den Kopf, dass es wahrscheinlich nicht ausreichen würde, Jennys Mörder zu finden, um ihren Vater zu retten. Doch das sagte ich ihm nicht.
    Wir verließen das Polizeirevier durch eine Nebentür, die direkt auf den Parkplatz führte. Im Gefängnis hatte ich jegliches Zeitgefühl verloren und war überrascht, dass die Sonne bereits unterging. Ich blieb einen Moment lang in der Tür stehen und holte tief Luft. Es war die herrlichste Luft, die ich je eingeatmet hatte. Ich ließ Vickers absichtlich ein paar Meter Vorsprung, um wenigstens einen Augenblick für mich allein zu gewinnen. Als ich ihm dann zum Auto nachfolgte, blitzte es plötzlich. Verwirrt sah ich mich um und erblickte rechts von mir einen Fotografen, der etwas vornübergebeugt stand und eine riesige Kamera in der Hand hielt. In dem Moment, als ich mich umgedreht hatte und ihm die gewünschte Position lieferte, schoss er sechs oder sieben Fotos direkt hintereinander, wobei das Blitzlicht grell und unbarmherzig flackerte wie ein Stroboskop. Instinktiv riss ich den Arm nach oben, um mein Gesicht vor der Kamera zu schützen. Aus dem Augenwinkel nahm ich wahr, wie Vickers auf dem Absatz kehrtmachte und auf uns

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