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Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing

Titel: Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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abschütteln, egal was Blake sagte.
    » Aber was den Mord an Jenny angeht, da können wir ihm nichts nachweisen. Er beißt einfach nicht an, warum auch immer. Über alles andere gibt er bereitwillig– fast mit einem gewissen Stolz– Auskunft. Jedes Mal wenn er ins Schwärmen gerät, wie clever er mit der ganzen Sache Geld verdient hat, ist er kaum zu bremsen. Aber sobald wir auf ihren Tod zu sprechen kommen, macht er dicht und streitet alles ab. Da sind wir noch nicht viel weiter gekommen. Aber das wird schon noch.«
    » Gut«, antwortete ich mit Nachdruck. Ich wünschte mir so sehr, dass er alles zugab und alle seinen Verbrechen gestand. Er hatte seinem Vater dabei helfen müssen, Charlies Leichnam fortzuschaffen, und ich konnte nachvollziehen, weshalb er Geoff überfallen hatte– auch wenn ich es verurteilte. Aber wie er Jenny behandelt hatte, das war in meinen Augen nichts als niederträchtig. Sie derart zu benutzen und dann einfach zu beseitigen, als sie ihm nichts mehr nützte… Ich wandte meinen Kopf ab und musste tief durchatmen, um die Fassung zu wahren.
    Der Wagen bog jetzt in einen schmalen Fahrweg ein, der von Sommerfliederbüschen gesäumt war, die auf verwahrlosten Grundstücken wucherten. Ihre ledrigen Blätter streiften das Auto, als Blake im Schritttempo die rechterhand parkenden Fahrzeuge passierte.
    » Sind wir da?«, fragte ich und spürte, wie meine Hände feucht wurden. » Ich hätte nicht gewusst, dass es hier ist.« Die von Vickers beschriebene Stelle hatte ich mir nicht richtig vorstellen können und war nun überrascht, sie zu sehen und zu erfahren, wie nahe sie bei unserem Haus lag.
    » Solche Stellen kennt man nur, wenn man aus der Gegend stammt oder bei der Bahn arbeitet. Normalerweise stehen hier auch keine parkenden Autos, die sind allesamt von uns.«
    Also war das hier eine große Aktion, schloss ich daraus und spürte ein seltsames Kribbeln, das ich als Verlegenheit identifizierte. So lange hatte ich nun meinen persönlichen Kummer mit mir herumgeschleppt, dass es mir fast egoistisch vorkam, jetzt damit so viele Leute– schätzungsweise dreißig– in diesen trostlosen, abgelegenen Winkel zu holen. » Vielen Dank dafür«, sagte ich schließlich.
    Blake knurrte nur: » Nichts zu danken. Das ist unser Job.«
    » Hmm. Aber danke auch für alles andere.«
    Das bescherte mir einen langen Seitenblick, ehe er sich wieder abwandte und sich auf den schmalen Pfad konzentrierte, der vor uns lag. Ein junger Beamter hob die Absperrkegel beiseite, damit Blake durchfahren und am Ende des Weges parken konnte. Ich erkannte das Auto von Vickers, hinter dem Blake einschwenkte. Er stellte den Motor ab, und wir blieben noch einen Moment lang sitzen. Es war nichts weiter zu hören als der Regen, der aufs Wagendach trommelte.
    » Wenn das hier vorbei ist…«, fing er an.
    » Ich hab darüber nachgedacht…«, begann ich im selben Moment und musste lachen. » Du zuerst.«
    » Ich glaube, das ist alles falsch herum gelaufen, oder? Wenn das alles vorbei ist, dann würde ich dich gern richtig kennen lernen, Sarah. Ich will wissen, wie du wirklich bist.«
    Der Regen lief in kleinen Bächen an der Windschutzscheibe hinunter. Ich sah den Schatten zu, die über sein Gesicht huschten und war so glücklich, dass es schon fast wehtat. » Das wäre schön«, erwiderte ich schließlich.
    Blake beugte sich zu mir und zog mich an sich. Hingebungsvoll und dankbar küsste ich ihn und vergaß für einen atemlosen Moment beinahe, warum wir hier waren. Ich spürte nichts anderes als ihn und fühlte mich zur Abwechslung einmal sicher und geborgen. Seine Mundwinkel verzogen sich auf meinen Lippen, und als ich mich von ihm löste, sah ich, dass er lächelte.
    » Na dann. Gut, dass wir das geklärt haben. Und jetzt solltest du mal deine Stiefel anziehen.«
    Als er aus dem Auto stieg und den Regen verfluchte, schob ich meine Füße in die Gummistiefel, und bei der feuchten Kälte, die von den Fußsohlen her in mir aufstieg, schüttelte es mich. Meine Beine fühlten sich ganz fremd an beim Aussteigen. Mit der Kapuze auf dem Kopf wartete ich, bis Blake so weit war. Die Luft war erfüllt vom Geruch nach nassem Gras und Laub. Von der Stelle aus, wo ich stand, konnte ich eine Treppe sehen, die hinunter zu einem hohen Metalltor führte. Dahinter standen Bäume.
    » Hier geht’s lang«, sagte Blake und zeigte in Richtung Tor. Ein Teil von mir wäre am liebsten davongelaufen. Doch der andere Teil wollte auf der Stelle los, ohne auf

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