Die Vernetzung der Welt: Ein Blick in unsere Zukunft (German Edition)
hin zu einer Identität, die in der virtuellen Welt geschaffen und in der physischen Welt erlebt wird. Dies hat erhebliche Auswirkungen für Bürger, Staaten und Unternehmen, die sich in der neuen digitalen Welt bewegen. Mit den Entscheidungen, die wir in dieser Zeit des Umbruchs hinsichtlich der Privatsphäre und des Datenschutzes treffen, stellen wir die Weichen für Bürger in aller Welt. In diesem Kapitel wollen wir der Frage nachgehen, was die vollständige Vernetzung für die Bürger der Zukunft bedeutet und welche Folgen sie sowohl für Diktaturen als auch für Demokratien hat.
Die Krise des Journalismus
Unsere Identität wird künftig auch dadurch beeinflusst werden, woher wir unsere Informationen beziehen und welchen Quellen wir vertrauen. Die Zukunft des Journalismus im Internetzeitalter wird kontrovers und breit diskutiert, und die Auseinandersetzungen um inhaltliche und Finanzierungsstrategien werden auch im kommenden Jahrzehnt fortgeführt werden. Doch wie wird sich die Medienlandschaft unter dem Eindruck der Technologien verändern?
Längst zeichnet sich ab, dass die etablierten Medien in der internationalen Berichterstattung zunehmend hinterherhinken. Im Internetzeitalter sind diese Unternehmen einfach nicht schnell genug, egal wie gut ihre festangestellten und freien Korrespondenten sein mögen und von wie vielen Quellen sie informiert werden. Aktuelle Meldungen werden vielmehr verstärkt von Portalen wie Twitter kommen – offenen Plattformen, auf denen Informationen in Echtzeit und in handlichen Formaten weitergegeben werden können. Wenn jeder Mensch ein internetfähiges Mobiltelefon hat – und dieser Zeitpunkt ist nicht mehr weit entfernt –, dann wird die Fähigkeit, als Erster eine aktuelle Meldung abzusetzen, eine Frage des Zufalls. Dies erlebte zum Beispiel ein nichtsahnender Einwohner von Abbottabad, der, ohne es zu wissen, auf Twitter live über den geheimen Kommandoeinsatz zur Ermordung von Osama bin Laden berichtete. [6] [60] Aufgrund dieser Zeitdifferenz werden sich irgendwann auch treue Leser und Zuschauer direktere Informationskanäle suchen. Jede künftige Generation wird mehr Information produzieren und konsumieren als die vorhergehende, und die Menschen werden nichts mit Kanälen anfangen können, die nicht schnell genug sind. Wenn sie den traditionellen Medien treu bleiben, dann vor allem aufgrund ihrer Qualität, also der Glaubwürdigkeit der Information, der Schärfe der Analyse, des Standpunkts und der Gewichtung der Nachrichten. Das heißt, dass viele Rezipienten die aktuellen Meldungen in Nachrichtenportalen suchen werden und den Rest der Geschichte in den etablierten Medien.
Nachrichtenmedien werden zwar noch eine wichtige Rolle spielen, doch viele werden nicht überleben, zumindest nicht in ihrer bisherigen Form. Wer erfolgreich bleiben will, muss seine Ziele, Arbeitsweisen und Strukturen auf die sich verändernden Erwartungen des globalen Publikums abstimmen. Mit dem Abbau von Sprachbarrieren und dem Ausbau von Mobilfunknetzen werden zahllose neue Stimmen, Quellen, Bürgerjournalisten und Amateurfotografen auf den Plan treten, um ihren Beitrag zu leisten. Das ist zu begrüßen: Wenn immer mehr Medien ihr Angebot und vor allem ihre Auslandsberichterstattung reduzieren, werden diese Produzenten dringend gebraucht. Davon profitiert auch die globale Öffentlichkeit, denn sie erhält eine größere Auswahl an Themen und Perspektiven. Mit der zunehmenden Zahl der Akteure, die durch die verschiedenen Portale zu einem riesigen, diffusen Mediensystem vernetzt sind, werden die traditionellen Medien dazu übergehen, weniger zu berichten und mehr zu gewichten.
Die Berichterstattung wird sich auf mehr Schultern verteilen als heute. Damit wird sie zwar breiter, aber nicht unbedingt besser. Die Rolle der traditionellen Medien wird vor allem darin bestehen, Nachrichten zusammenzustellen und zu verifizieren. Sie werden zu einem Filter, der die Information auf ihre Glaubwürdigkeit überprüft und das besonders Lesenswerte hervorhebt. Vor allem die Elite – Wirtschaftsführer, Politiker und Intellektuelle, die sich auf die traditionellen Medien verlassen – werden großen Wert auf die Überprüfung der Meldungen und die stichhaltige Analyse legen. Angesichts der Flut qualitativ fragwürdiger Informationen wird die Elite vermutlich sogar noch stärker auf die etablierten Kanäle zurückgreifen. Twitter wird nie in der Lage sein, Analysen zu bieten (auch wenn eine Diskussion
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