Die Vernetzung der Welt: Ein Blick in unsere Zukunft (German Edition)
zweier intelligenter und glaubwürdiger Mitglieder des Netzwerks dem sehr nahekommen mag), denn die Stärke der offenen, nicht regulierten Informationsportale ist ihre Geschwindigkeit, nicht ihre Tiefgründigkeit.
Traditionelle Nachrichtenmedien müssen Wege finden, die vielen neuen Stimmen in aller Welt einzubinden. Idealerweise wird der Journalismus zu einem Gemeinschaftsprojekt: Wenn eine Zeitung über die steigenden Pegelstände in Bangkok berichtet, würde sie beispielsweise nicht einfach ein Interview mit dem Betreiber einer Bootstour führen, sondern sie würde in ihrem Artikel auf dessen Homepage oder persönlichen Live-Stream verlinken. Finden neue, nicht professionell ausgebildete Nachrichtenproduzenten Gehör, nimmt die Fehlerwahrscheinlichkeit natürlich zu; viele angesehene Journalisten sind daher aus gutem Grund der Ansicht, dass eine umfassende Einbindung von Amateuren dem Journalismus mehr schaden als nutzen würde.
Mit der weltweiten Vernetzung betreten völlig neue Spezialisten das Parkett, dazu gehören unter anderem Verschlüsselungsexperten. Für den Journalismus sind sie nicht nur als Informanten oder Autoren interessant, sondern als Dienstleister, die die erforderliche Vertraulichkeit zwischen allen Beteiligten sicherstellen. Dissidenten in Diktaturen wie dem heutigen Weißrussland oder Simbabwe werden eher bereit sein, ihre Geschichten zu erzählen, wenn sie wissen, dass sie dabei anonym bleiben. Die erforderliche Technologie können zwar viele Spezialisten bereitstellen, doch die Verschlüsselungsexperten vor Ort werden einen besonderen Stellenwert erhalten, da das Vertrauen entscheidend ist. Eine ähnliche Entwicklung können wir bereits heute im Nahen Osten beobachten, wo Anbieter von virtuellen privaten Netzwerken neben Schwarzhändlern über Marktplätze streifen und Dissidenten und rebellischen Jugendlichen Zugang zu sicheren Netzwerken anbieten. Die Nachrichtenmedien werden diese Dienstleistungen für ihre Zusammenarbeit mit freien Mitarbeitern im Ausland nutzen.
Daneben wird sich auch die Arbeit der freien Mitarbeiter verändern. Heute sind Freelancer oft nicht akkreditierte Journalisten, die für die Berichterstattung aus dem Ausland oder Konfliktgebieten bezahlt werden. Sie setzen ihr Leben aufs Spiel, um Zugang zu bestimmten Quellen zu bekommen oder gefährliche Orte zu besuchen, und gehen dabei Risiken ein, die festangestellte Journalisten nie auf sich nehmen würden. Daneben könnte sich eine neue Art von freien Mitarbeitern etablieren, die ausschließlich digitale Inhalte anbieten und mit digitalen Quellen arbeiten. Statt sich einer Gefahr auszusetzen, nutzen sie die zunehmende globale Vernetzung, um Nachrichten von Informanten zu beziehen, die sie nur online kennen. Wie heute würden sie damit die Nachrichtenmedien mit Information versorgen. Angesichts dieser zusätzlichen Distanz müssten Medien bei der Bewertung ihrer Quellen mit noch größerer Vorsicht vorgehen.
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Stellen Sie sich eine prominente Persönlichkeit vor, die ein Online-Nachrichtenportal einrichtet, um über einen bestimmten ethnischen Konflikt zu berichten, der ihr am Herzen liegt. Vielleicht ist sie der Ansicht, dass die etablierten Medien die Geschichte falsch oder nicht ausreichend darstellen. Sie beschließt daher, die Medien zu umgehen und sich direkt an die Öffentlichkeit zu wenden. Sie stellt Berichterstatter im Konfliktgebiet an, die den Mitarbeitern zu Hause Material liefern, das diese wiederum zu Nachrichten verarbeiten. Ihr Budget ist klein, vermutlich deutlich kleiner als das von herkömmlichen Medien. Möglicherweise muss sie ihre Freelancer vor Ort nicht einmal bezahlen, da diese umsonst arbeiten, um von diesem prominenten Anbieter veröffentlicht zu werden. Aufgrund ihrer öffentlichen Präsenz und Zuverlässigkeit, die sie sich erarbeitet, wird sie innerhalb kürzester Zeit zur wichtigsten Quelle für Nachrichten aus dem Krisengebiet.
Die traditionellen Medien müssen zunehmend mit dieser Art von Konkurrenz rechnen, also nicht nur mit Tweets und Amateurberichterstattern, was die Medienbranche noch komplizierter machen wird. Wie wir gesehen haben, werden viele Nutzer den etablierten Medien aus Loyalität und Vertrauen treu bleiben, und die ernsthafte journalistische Arbeit – Investigation, wichtige Interviews und die Analyse von komplexen Ereignissen – wird nach wie vor ihre Domäne bleiben. Doch die anderen Leser können nun aufgrund der Diversifizierung der Quellen zwischen
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