Die Verraeterin
unterwegs«, erwiderte Constantine. Er wich einen Schritt zurück, als ihm Celians Zorn wie heißes Feuer entgegenschlug – als ob jemand die Tür zu einem Schmelzofen aufgemacht hätte.
»Mit Eliana?«, flüsterte er, und seine Augen funkelten entsetzt. »Was zum Teufel tut er mit ihr ?«
»Ich bin mir nicht ganz sicher«, meinte Constantine, ohne Celians wütendem Blick auszuweichen. »Aber ich kann es mir ziemlich gut vorstellen.«
Wieder war das Schreien zu hören. Es war ein hoher, langer Ton, der von schrecklichen Schmerzen erzählte und irgendwo aus der Dunkelheit der Katakomben kam. Die drei erstarrten und lauschten.
Celian sagte: »Ich habe ein ganz ungutes Gefühl. Wir sollten uns auf alles vorbereiten.«
Mit diesen Worten drehte er sich auf dem Absatz um und rannte auf die Fovea und die hohen, schwächer werdenden Schreie zu. Lix und Constantine folgten ihm auf dem Fuß.
Xander rannte so schnell ihn seine Füße trugen. Er sprintete über das ausgetretene Kopfsteinpflaster des Petersplatzes schnurstracks auf den Eingang des Doms und das Meisterwerk aus Bronze zu, das sogenannte Todesportal, auf dem sich Bilder des gekreuzigten Christus und der Jungfrau Maria befanden, die in den Himmel fuhren.
Als zwei Schweizergardisten ihre Posten an den riesigen Marmorsäulen verließen, die das Portal einrahmten, um ihn aufzuhalten, ging er einfach durch die Metalltür hindurch. Er hörte draußen ihre Schreie, die immer schwächer wurden, je weiter er in die Mitte des riesigen, dunkel daliegenden Doms rannte. Er lief am Hauptschiff, der Taufkapelle, den Querschiffen mit ihren riesigen Statuen von Heiligen in Steinnischen vorbei, wobei seine Stiefel laut auf dem wunderbar verzierten Mosaikboden widerhallten.
Schließlich blieb er schlitternd in der Nähe der Kapelle des heiligen Sebastian stehen. Hier zog sich sein Herz schmerzhaft zusammen.
Hier , sang die gespenstische, melodische Stimme des Blutes, die ihn durch die ganze Stadt gejagt hatte.
Keuchend und mit pochendem Herzen näherte er sich langsam der Kapelle. Die ganze Situation erinnerte ihn daran, wie er Tage zuvor mit Morgan ohne Erfolg versucht hatte, den Alpha ausfindig zu machen, nachdem er in Morgans Kopf gewesen war. Ein beleuchteter Sarg mit dem Leichnam eines lange verstorbenen Papstes stand unter einem riesigen Mosaik mit der Darstellung des Martyriums des heiligen Sebastian. Im Gewölbe hingen barocke Gemälde, und ein schwacher Gestank nach Verwesung und Tod hing in der Luft.
Überall spürte er die Ikati, ohne dass Xander klar hätte sagen können, wo sie sich befanden.
Er sah sich in der ganzen Kapelle um und suchte panisch nach einem Hinweis. Doch da war nichts und niemand. Es gab keinen versteckten Eingang, keinen Geheimgang, keine Tür. Es gab nur die magnetische Anziehungskraft ihrer Blutsverbindung.
»Morgan!«
Xander rief so laut, wie er konnte, denn er wusste nicht, was er sonst tun konnte. Das Echo zersplitterte seine Stimme in tausend schrille Schreie ihres Namens, die ein Eigenleben zu führen schienen. Sie quälten seine Ohren und machten sich über ihn lustig, während sie sich in beinahe zweieinhalb Hektar Raum um ihn herum ausbreiteten. Sie hallten am Marmor, am Glas und an den Steinen wider. Er war so nahe dran. Sie war irgendwo hier und hatte schreckliche Angst, und er konnte sie nicht finden. Er wusste nicht, wo er suchen sollte. Es musste eine Lösung geben.
Irgendwo weit unter seinen Füßen drang das schwache Echo eines fernen Schreis an sein Ohr.
Xander sprang zurück, als ob ihn der Boden verbrannt hätte. Er starrte darauf und wagte einen Moment lang nicht, sich zu rühren. Sein Herz schien in seiner Brust gefroren zu sein.
Auf dem Boden in der Mitte der Kapelle war ein buntes Wappen gemalt, das von einem Kreis aus griechischen Buchstaben umgeben war. Es zeigte zwei überkreuzte Schlüssel über einem goldenen Schild, auf dem sich das Bild einer Taube mit einem Olivenzweig im Schnabel und drei bourbonischen Lilien befand. Über dem Schild schwebte eine Krone.
Und darüber wiederum war in Schwarz und Gold das allwissende Auge des Horus gemalt.
Xander sank auf die Knie und presste seine zitternden Hände flach auf den kalten Marmorboden.
Unten. Darunter. Im Untergrund. Doch wie?
Erneut war der Schrei zu hören, und auf einmal war es ihm egal, wie das möglich war. Morgan war alles was zählte, und sie befand sich irgendwo da unten. Unter seinen Füßen.
Gerade als eine Gruppe bewaffneter Gardisten durch
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