Die Verraeterin
Schwerter, die in Lederscheiden steckten. An seinem Gürtel und in seinen Stiefeln waren weitere Waffen angebracht, unheimlich funkelnd und blitzend.
Doch all das wirkte harmlos in Vergleich zu der Bedrohung, die in seinen unheimlichen, bernsteinfarbenen Augen mitschwang.
Diese Augen richteten sich auf Morgan. Sie blinzelten nicht und wirkten völlig gefühllos, und mit einem weiteren erschreckten Erstaunen wurde ihr klar, dass dieser Mann mit seinem schönen Gesicht und den durchbohrenden, lodernden Augen, die sie in absoluter Konzentration betrachteten, ganz anders war als alle anderen, die sie jemals gesehen hatte. Er lebte. Sein Körper lebte, doch hinter der perfekten Maske verbarg sich nicht ein Anflug von Menschlichkeit, Gnade, Mitgefühl oder Emotion. Da war nichts. Er war tot.
Seine Seele war tot.
Abgesehen vom Furiant war er das Erschreckendste, was sie jemals erblickt hatte.
»Xander«, sagte eine Stimme zu ihrer Rechten. Es musste Leanders sein, auch wenn ihr wild pochendes Herz, ihre erstarrten Muskeln und der Blick des Fremden, der sich auf den heftigen Pulsschlag in der Kuhle zwischen ihren Schlüsselbeinen richtete, es für sie beinahe unmöglich machten, irgendetwas anderes zu registrieren. Die Nasenflügel des Mannes zitterten, und für einen kurzen, entsetzlichen Moment befürchtete sie, er könnte sich vorbeugen und mit seinen Zähnen in ihren Hals beißen.
Doch das tat er nicht. Er hob nur diesen durchdringenden Blick und sah sie an, ehe er sie mit einer fließenden, raubtierartigen Anmut auf die Beine zog. Dann ließ er sie los und trat einen Schritt zurück. Keine Sekunde lang blinzelte er, keine Sekunde lang ließ seine Aufmerksamkeit nach. Diese durchdringenden, toten Augen waren noch immer auf ihr Gesicht fixiert.
»Xander«, sagte Leander erneut. »Das ist Morgan. Euer Flug nach Rom geht um dreizehn Uhr.«
5
Morgan war sich ziemlich sicher, dass der Auftragskiller in diesem Moment bereits die Einzelheiten ihres Todes plante, obwohl er ihr nicht die geringste Aufmerksamkeit schenkte und den ganzen Flug über kein einziges Wort mit ihr gewechselt hatte.
Verstohlen warf sie ihm Blicke von der Seite zu. Er saß regungslos wie ein Toter in dem Sitz ihr gegenüber am vorderen Ende der Luxuskabine, so wie er das die letzten zweieinhalb Stunden über getan hatte. Seine großen Hände lagen auf seinen muskulösen Oberschenkeln, den Kopf hatte er zurückgelehnt, die Augen geschlossen. Seine Brust hob und senkte sich in einem ruhigen, gleichmäßigen Rhythmus, doch sie wusste, dass er nicht schlief. Mit dem Zeigefinger klopfte er auf sein Bein, und immer wieder zuckte ein Muskel an seinem Kiefer. Sie hatte den Eindruck, dass er es kaum schaffte, ruhig auf dem Stuhl sitzen zu bleiben und nicht aufzuspringen.
Er plante ihren Tod. So viel war sicher.
Als Leander seinen Namen ausgesprochen hatte, war ihr sofort klar gewesen, wer er war. Was er tat. Er war in allen vier Kolonien der Ikati berühmt-berüchtigt, hieß mit vollem Namen Alexander Luna und wurde abwechselnd der Schatten oder der Hammer genannt, oder auch in seiner portugiesischen Muttersprach Ira de Deus – der Zorn Gottes. Er war ein Killer und ein ausgezeichneter dazu, den die Alphas auf Sondermissionen in der ganzen Welt schickten, um Deserteure einzufangen oder Gefahren zu eliminieren.
Oder um verurteilte Verbrecher auf der Suche nach der Nadel im Heuhaufen zu begleiten.
Killer oder nicht – er war wunderschön. Seine Muskeln und Sehnen strahlten eine seltene, harte Anmut aus, und er bewegte sich auf eine Weise, wie sie das noch nie erlebt hatte: mühelos geschmeidig und mit einer instinktiven Sicherheit. Er strahlte eine bedrohliche Kraft aus, die sein Gegenüber in Bann schlug und in einer seltsamen Widersprüchlichkeit zu seinen sinnlichen Lippen und der weichen, seidenglatten Haut stand, die sie so gerne berührt hätte. Dann waren da noch seine kalten, brennenden Augen in dieser eigenartigen Farbe von Bernstein. Ihn umgab eine elegante, einschüchternde Aura der Autorität, die so stark war, dass selbst die Luft um ihn herum innezuhalten schien, wenn er vorbeiging.
Die Kabine wurde durch Turbulenzen erschüttert und Morgan aus ihrer Betrachtung gerissen. Sie setzte sich aufrechter hin.
So gut gepolstert und bequem die buttercremefarbenen Ledersitze in Leanders Privatflugzeug auch sein mochten – wenn die Turbulenzen anhielten, würde nichts sie abhalten können, sie zu zerfetzen. Morgan hasste das Fliegen. Sie war
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