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Die Verraeterin

Die Verraeterin

Titel: Die Verraeterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. Geissinger
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Fortschritt. Gut.
    Er wies mit der Hand auf die Kapelle. Sie ging voran und zögerte erst, als sie sich dem Altar näherte.
    Dort befanden sich acht spitz zulaufende Kerzen in Bronzeständern vor einem riesigen Mosaik, auf dem das Martyrium des heiligen Sebastian dargestellt war. Zu beiden Seiten waren rosafarbene Marmorsäulen und Konsolen mit Putten zu sehen, die größtenteils mit Blattgold überzogen waren.
    »Und?«, murmelte Xander, der direkt hinter Morgan stand. Sie hielt sich vollkommen still. Den Kopf hatte sie zur Seite geneigt, als ob sie lauschen würde. Dann blickte sie nach links und nach rechts, runzelte ein wenig die Stirn und hob das Kinn. Ihr Blick wanderte die hohen Marmorsäulen bis zu der Kuppeldecke hinauf, und sie hielt inne und überlegte. Dann sah sie auf den Boden unter ihren Füßen.
    »Es ist … Es ist seltsam«, sagte sie schließlich. »Da ist ein schwaches Echo von irgendetwas. Beinahe wie ein Déjà-vu. Aber ich kann meinen Finger nicht darauf legen. Ich weiß nicht genau, woher es kommt. Es scheint so, als ob er überall wäre. Und nirgendwo zugleich.«
    Xander war enttäuscht – vor allem, weil er bei seiner Suche in der Nacht zuvor das Gleiche entdeckt hatte. Er war im Grunde enttäuschter, als er es hätte sein müssen. Es wäre ihm so recht gewesen, diesen Bastard endlich in die Finger zu kriegen.
    »Das ist sehr hilfreich. Vielleicht ist es ja Gott, den du spürst.«
    Sie presste die Lippen aufeinander und wandte sich ihm voll zu. »Du«, sagte sie, »bist wirklich ein vollendetes Arschloch.«
    Er starrte sie an und unterdrückte das Bedürfnis, sie wieder zu küssen. Diese verdammten Lippen …
    »Und du gibst dir nicht genügend Mühe«, gab er mit gepresster Stimme zurück. »Wenn er in der Nähe ist, solltest du in der Lage sein, ihn zu finden. Gestern ist dir das doch auch gelungen. Also konzentrier dich.«
    »Wenn es so einfach wäre, hätte ich ihn schon lange gefunden«, erwiderte sie genervt. »Vielleicht liegt es an diesem Gebäude.« Sie wies mit gerümpfter Nase auf die beleuchtete Vitrine vor ihnen. »Hier sind viel zu viele seltsame Schwingungen im Raum.«
    Xander musste zugeben, dass der tote Papst tatsächlich trotz des versiegelten Sarkophags ein merkwürdiges Aroma verströmte. Außerdem war da noch etwas anderes, das er nicht genau identifizieren konnte. Etwas Beunruhigendes, ein Hauch von uralter Erde, toter Luft und kalten, dunklen Korridoren. Er musste an eine Krypta denken. Hinzu kam eine seltsame Einschränkung seiner üblichen Fähigkeiten, die Umgebung so scharf wahrzunehmen, wie er das sonst tat. Alles schien merkwürdig gedämpft zu sein.
    So war das auch schon in der Nacht zuvor gewesen. Er hatte gewartet, bis die Sonne unterging, ehe er an der Stelle durch die Kuppel eingedrungen war, wo sich der Mann in Weiß zuvor aufgelöst hatte. Der Geruch des Alpha war an den Steinen und den Fensterscheiben ebenso wie in der Luft über dem Altar wahrzunehmen gewesen. Doch dann hatte er sich aufgelöst und war völlig verschwunden. Aber die Mauern des Doms hatten eine ungreifbare Energie ausgeströmt, die das ganze Gebäude zu erfassen schien …
    Nichts von alldem ergab irgendeinen Sinn.
    Der einzige Grund, den er sich vorstellen konnte, warum ein Ikati auch nur in die Nähe der Kirche gehen würde, die viele für die heiligste des Christentums hielten, war völlige Ignoranz. Seitdem die Ikati-Königin Kleopatra den Zorn von Caesar Augustus im Jahr 30 v . Chr. auf sich gezogen hatte, waren die Ikati gejagt und verfolgt worden und hatten sich seitdem in ihre kleinen, gut gesicherten Kolonien zurückgezogen, um so zu überleben. Die Situation verschlechterte sich im 13. Jahrhundert, als Papst Gregor  IX . die Inquisition ins Leben rief. Die Katzen wurden zu Symbolen des Teufels erklärt, was zu gewaltigen, von der Kirche genehmigten Hinrichtungen führte. Katzen galten als Begleiter der Hexen und Vertraute des Satans – schmutzige Tiere, denen man nicht trauen konnte.
    Eine schlechte Entscheidung der Menschen. Als nämlich die Pest ein Jahrhundert später Europa heimsuchte, gab es kaum mehr Katzen, um die mit Krankheitserregern verseuchten Ratten zu fressen. Innerhalb weniger Jahre wurde die Bevölkerung um die Hälfte dezimiert.
    »Vielleicht sollten wir zur Spanischen Treppe zurückkehren und es dort noch mal versuchen.« Morgan warf einen hoffnungsvollen Blick auf die riesigen Türen hinter ihnen, durch die man wieder an die frische Luft und ins

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