Die Verraeterin
dich. Und er ist wahrscheinlich eifersüchtig. Diese Frau, die du da hast, ist ja auch wirklich verdammt …«
Xander begann warnend zu knurren, woraufhin Tomás sogleich beide Hände hob. »Schon verstanden! Ich sage ja gar nichts mehr.«
»Du kannst nicht hierbleiben, ohne …«, gab Julian zögernd zu bedenken, »… ohne … Du weißt schon, es ist körperlich unmöglich.«
»Ich kann mich beherrschen«, erklärte Xander steif.
Julian warf einen Blick auf die Beule in Xanders Hose. »Natürlich kannst du das.«
»X«, sagte Tomás mit leiser Stimme. Xander sah ihn an und bemerkte etwas in den Augen seines Kumpels, was er noch nie zuvor dort gesehen hatte: Mitgefühl. »Mach das nicht zu einer weiteren Esperanza-Sache, Mann. Du konntest sie nicht retten, und diese Morgan kannst du auch nicht retten. Das Leben ist kein verdammtes Theaterstück.«
Xander ging zu Tomás hinüber und presste seine Brust gegen die seines Freundes. So stand er eine Weile da und sah ihm in die Augen, während sich die Nasen der beiden Männer fast berührten. Er zitterte vor Zorn. Als er sprach, klang seine Stimme leise, kontrolliert und eiskalt.
»Lass das, Tomás. Du betrittst hier ein Minenfeld. Und wir wissen alle, was mit den Idioten passiert, die durch ein Minenfeld wandern.«
Die beiden standen eine Weile so da und starrten sich in die Augen, bis sich Julian schließlich einmischte. »Verdammt noch mal«, fauchte er und stieß sie auseinander. »Was zum Teufel ist los mit euch? Wir sind im selben Team. Schon vergessen?«
»Erklär das mal deinem Freund Romeo«, schnappte Tomás, drehte sich auf dem Absatz um und ging ebenfalls zur Treppe. Er war bereits ein paar Stufen hinaufgegangen, als er innehielt, sich noch einmal umwandte und Xander mit einem finsteren Blick fixierte. »Nutze die nächsten drei Tage, um wieder klar denken zu können, Bruder. Treib’s mit ihr, treib’s nicht mit ihr – ist mir völlig egal. Aber wenn du sie nicht tötest, wenn du es sollst, dann weißt du, was passiert. Der Rat wird sich an uns wenden. Dann müssen wir sie beseitigen – und dich ebenfalls, du Volltrottel. Ansonsten sind wir alle dran. Bring uns also nicht in diese Lage. Wir haben zu viel miteinander durchgemacht, um wegen einer Tussi draufzugehen.«
Dann ging er die Treppe hinauf und ließ Xander alleine mit einem nachdenklichen Julian zurück.
»Tut mir leid, X«, sagte er und klang so, als ob er es ehrlich meinte. »Aber er hat recht. Du weißt, dass er recht hat.« Er legte eine Hand auf Xanders Schulter, um sich zu verabschieden, und wandte sich dann wie seine zwei Kollegen zuvor der Treppe zu.
»Irgendwo im Umkreis des Vatikans gibt es eine wild lebende Kolonie«, erklärte Xander leise, als Julian die Stufen hinaufstieg. Der große Mann wirbelte herum und sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Xander fuhr mit tonloser Stimme fort. Er hatte das Gefühl, als ob sich sein Herz zusammenkrampfte. »Die zwei Männer im Hotelzimmer waren keine Deserteure. Sie waren Teil einer Gruppe, die zu keiner der uns bekannten Kolonien gehört. Als ich sie zum ersten Mal sah, waren noch vier andere dabei. Und außerdem gibt es noch einen weiteren, einen älteren Mann, der vermutlich ihr Anführer ist. Wenn da also so viele Männer sind, dann sind da auch Frauen. Irgendwo in Rom muss eine Kolonie sein.«
»Wie?«, fragte Julian schockiert.
Xander blickte auf die weißen Bodenfliesen, schüttelte den Kopf, holte tief Luft und atmete dann aus. »Ich weiß es nicht. Aber sie wollen Morgan.« Er blickte in Julians weit aufgerissene Augen, und seine Stimme nahm einen drohenden Tonfall an. »Und ich werde sie ihnen nicht überlassen, so viel ist klar.«
»Oh, Mann«, sagte Julian und schüttelte nun seinerseits den Kopf. »Diese Situation ist echt total TIA .«
Xander gestattete sich ein kleines, freudloses Lächeln. TIA gehörte zu den vielen Slang-Begriffen, welche die Ausdrucksweise der drei Syndikatsmitglieder ausmachte, die beim amerikanischen Militär ausgebildet worden waren. Die Buchstaben standen für total im Arsch .
»Vergiss nicht«, meinte Xander ohne den Hauch von Sarkasmus in der Stimme. »Es kann immer noch schlimmer kommen.« Die Erfahrung hatte ihn gelehrt, wie recht er damit hatte. Er durchquerte die Küche, ging die Treppe hinauf und legte, als er an Julian vorbeikam, kurz eine Hand auf dessen Schulter. Dann machte er sich auf den Weg in den Fitnessraum.
21
D träumte.
Ein Teil seines Bewusstseins – jener Teil, der
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