Die verratene Nacht
Mädchens, dass ihr Sohn eine falsche Wahl getroffen hatte. Obwohl sie wirklich nicht glaubte, dass sie irgendwann in nächster Zeit in der Lage wäre, die kleine Schlampe anzuschauen, ohne sie erwürgen zu wollen. Sie hatte ihn definitiv an der Nase herumgeführt.
„Liebe sie...“, sagte Sam und winkte Richtung Tasse für einen weiteren Schluck von dem Tee. Selena half ihm und arbeitete schwer daran, eine gelassene und ruhige Miene aufzusetzen. „Wo ist Jennifer? ... Ich will sie sehen“, sagte er. „Sag ihr...“
Selena schluckte und nickte. „Ich weiß, Sammy.“ Sie würde ihn nicht anlügen. Sie würde ihm keine falschen Hoffnungen machen.
„Bevor ich sterbe“, fuhr er fort. „Ich sterbe, Mom ... ich weiß es. Sie warten schon ... auf mich.“
„Sammy“, sagte sie und blinzelte heftig gegen die Tränen an.
„Es ist ok ... Mom“, sagte er. „Weißt du ... es ist ok.“
Es ist ok für dich, aber es ist nicht ok für mich!
Aber das sagte sie nicht; sie nickte nur.
Dann fielen seine Augen auf etwas hinter ihr und sie leuchteten auf. „Jennifer.“ Er versuchte mit allen Kräften sich aufzusetzen, sein Mund verzog sich zu einem Lächeln.
„Sam“, sagte die junge Frau, während sie schnell an die anderen Seite seines Bettes ging. „Oh, Sam, was hast du getan?“
Wie unter Schock starrte Selena, wie das Gesicht ihres Sohnes jetzt strahlte und seine volle Aufmerksamkeit von ihr auf Selena überging. Selbst die grausilberne Wolke zitterte etwas und wurde für einen Moment etwas dünner. Es war erst, als eine zärtliche Hand sich auf ihre Schulter legte, dass sie sich umdrehte und Theo dort stehen sah. Er blickte ihr kurz in die Augen und dann wanderte sein Blick weiter, um die jungen Leute zu betrachten.
Verstehen überkam sie da – wie eine Flut, gefolgt von einem weiteren Jucken der Tränen. Dankbarkeit und noch etwas anderes, etwas, das stärker als Zuneigung war, trieben sie vorwärts, hinein in seine Arme – das Bedürfnis nach Trost, nach etwas Beständigem, an dem sie sich festhalten konnte ... aber sie rührte sich nicht. Da waren zu viele andere Emotionen, die in ihr tobten: Schock, Wut, Ungläubigkeit und etwas Dunkleres. Hass.
Sie glaubte nicht, dass sie hier weich werden konnte.
Aber als er näher kam, wanderte seine Hand an ihrem Arm entlang und er umfasste mit seinen Fingern sanft ihren Oberarm, um sie zum Aufstehen zu überreden. Sie stand dann auch auf und als Nächstes hatte er schon seinen Arm um sie gelegt und führte sie weg.
„Danke“, war das Erste, was sie schaffte zu sagen, als sie erst einmal außer Hör- und Sichtweite von Sam und Jennifer waren. „Theo ... danke dir.“
„Es musste getan werden“, erwiderte er. Seine Hand war jetzt zärtlich, strich ihr über das Haar. Aber da war noch etwas anderes in seinem Gesicht. Anspannung, eine Härte, die ihr darin zuvor nicht aufgefallen war. „Es war das Mindeste, was sie tun konnte.“
Er richtete unverwandt seine braunen Augen auf sie. Sie waren besorgt, aber da war noch etwas drin versteckt. „Wie geht es dir jetzt?“
„Ein bisschen besser. Danke auch dafür, dass du mich heute Nachmittag von hier weg gebracht hast“, sagte sie. „Ich habe das wirklich gebraucht. Ich fange an, das Unabänderliche zu akzeptieren“, gestand sie ein. Ihr Mund zitterte und sie sagte zu sich selbst, dass jetzt nicht der Zeitpunkt war zu weinen. „Ich werde das hier überstehen. Ich bin dankbar, dass mir noch Zeit mit ihm bleibt, aber ich bete, dass er nicht mehr allzu lange solche Schmerzen ertragen muss.“
„Du musst das hier nicht alleine durchstehen“, sagte er zu ihr. „Ich werde hier sein.“
„Danke“, sagte sie und meinte es auch, wollte sich an jemanden klammern – an ihn – in dieser Zeit. Er nahm sie in die Arme, presste sie an seine Brust und sie ließ sich einfach von diesem Gefühl seiner Umarmung beruhigen. Es war schwer zu glauben, dass sie ihn vor weniger als einem Monat nicht einmal gekannt hatte. Und jetzt klammerte sie sich an ihn, um sich den Verstand zu bewahren in dieser schrecklichen Zeit.
„Die Snoopies kamen, als ich heute in Yellow Mountain war“, sagte er nach einer Weile. Neben ihrem Ohr grollte seine Stimme tief in seiner Brust.
Selena löste sich und schaute ihn wieder an, war plötzlich froh darüber, über etwas anderes nachdenken zu können als über ihren sterbenden Sohn. „Wie schlimm war es?“
Er machte eine kurze, abrupte Handbewegung. „Ich weiß es nicht. Wie
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